
Die Finanzhaushalte zahlreicher Kliniken sind durch die Energiepreise aber auch die reale Kostenentwicklung für Verpflegung und Personal stark belastet. Das ist eine alarmierende, aber keine neue Tatsache. Linderung versprach der von der Bundesregierung gemäß §26f des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) eingerichtete sechs Milliarden Euro starke Hilfsfonds. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) macht jedoch deutlich: Durch die Veränderung des Referenzzeitpunktes im Gesetzgebungsprozess könnten zahlreiche Kliniken ihren Förderanspruch verlieren. Dies geht aus einem Schreiben an das Bundesgesundheitsministerium hervor, das der Redaktion vorliegt.
Maßgeblich für die Unterstützung durch den Bund sind die Preissteigerungen zwischen dem neuen Referenzzeitpunkt im März 2022 und dem darauf folgenden Herbst. Zahlreiche Krankenhäuser hatten jedoch bereits vor Beginn des Angriffskrieges Russlands massive Energiepreissteigerungen zu verzeichnen, wie die DKG bekannt gab. Hintergrund wären vor allem die verringerten Gaslieferungen über Nord-Stream 2 sowie die damit verbundenen Versorgungsunsicherheiten gewesen, so die DKG in ihrem Brief.
Das Bundesministerium für Gesundheit verweist stattdessen auf den Landesbasisfallwert, der marktübliche bereinigte Preissteigerungen abdecken soll. Das Hilfspaket des Bundes könne keinen allgemeinen Ausgleich steigender Kosten liefern. Um den Kostensteigerungen zu entgegnen versuchen die Kliniken schon jetzt an vielen Stellen Ressourcen einzusparen, wie eine stichprobenartige Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben hat.
Reale Kostensteigerungen sind nicht gedeckt
„Unser Problem ist, dass wir ein Auseinanderklaffen haben zwischen den realen Kostenentwicklungen und den gedeckelten Preissteigerungen, die wir den gesetzlichen Krankenversicherungen in Rechnung stellen dürfen“, sagte Claudia Brase, Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. So hätten die Kliniken in Hamburg im vergangenen Jahr beispielsweise Preissteigerungen von 2,32 Prozent weitergeben können. Doch dem stehe eine Inflation von fast acht Prozent gegenüber. Und in diesem Jahr stünden Kostensteigerungen von 4,32 Prozent einer Inflation von wohl ebenfalls rund acht Prozent gegenüber.
Auch in anderen Kliniken spielen sich diese Szenarien ab, wie die Stichprobe der dpa zeigt. Zusätzlich sehe es bei den Sachkosten ebenfalls nicht gut aus, so Brase. Lebensmittel, Dienstleistungen, Medikamente, Medizinprodukte – alles sei teurer geworden. Da bleibe einfach eine Lücke, die erst geschlossen werden müsse. Brase verwies zudem darauf, dass auch noch voraussichtlich hohe Tarifabschlüsse hinzukämen, und warnte, dass Kliniken das nicht überstehen könnten, sollte kein zusätzliches Geld ins System kommen.
Kliniken auf Energiesparkurs
Die Einsparmöglichkeiten in Krankenhäusern sind jedoch eingeschränkt. Sowohl an den Energiekosten medizinischer Geräte als auch am Energieverbrauch der Belüftungs- oder Befeuchtungsanlagen sowie der Heizung kann nur beschränkt gespart werden. Wie Patrick Reimund, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein, betonte, dürfe die Patientenversorgung in medizinischer Hinsicht und mit Blick auf den Unterbringungskomfort nicht verschlechtert werden. Die Universitätsmedizin Greifswald veranschlagt für das laufende Jahr Mehrkosten von etwa 23 Millionen Euro. Davon entfielen etwa 17 Millionen Euro auf gestiegene Energiekosten und etwa 6 Millionen Euro auf inflationsbedingte Mehrkosten. Man habe Energiesparmaßnahmen ergriffen, aber vor allem in patientenfernen Bereichen, etwa der Verwaltung.
Die Medizinischen Hochschule Hannover begegnet dem Problem daher mit der Nutzung erneuerbaren Stroms. Außerdem hat sie bereits viele technische Systeme auf energiesparende Modelle umgerüstet. In einigen Bereichen werde auch weniger geheizt und beleuchtet. Auch in Osnabrück soll nicht am Patienten gespart werden, sondern in patientenfernen Bereichen, sagte eine Sprecherin des katholischen Niels-Stensen-Klinikverbundes. So würden in den Büros die Temperaturen gesenkt, aber nicht in den Patientenzimmern. Das Unternehmen Helios verfolgt laut Umfrage das Ziel, 2023 den Energieverbrauch gegenüber 2021 über alle Kliniken hinweg um 20 Prozent zu senken.
Nachhaltige Effekte durch Energieeffizienz und Prozessoptimierung
Neben den akuten Anstrengungen mit der vorhandenen Infrastruktur Energie einzusparen, liegen weitere Potenziale in der Optimierung vorhandener Prozesse sowie der Verbesserung der Energieeffizienz. Dazu gehören beispielsweise die Nutzung smarter Heizungsanlagen oder auch die Anschaffung sparsamere Geräte und energieeffizienter Gebäude. Hierfür benötigten die Krankenhäuser allerdings Fördermittel, für die die Länder zuständig sind. Bei den Asklepios-Kliniken im Harz werde beispielsweise die Heizungsanlage erneuert und so der Verbrauch gesenkt.
Ein Sprecher der Hamburger Immanuel Albertinen Diakonie sagte dpa: Bei der Lebensmittelbeschaffung seien die Kosten im vergangenen Jahr teilweise um bis zu 20 Prozent gestiegen – ohne dass es eine angemessene Gegenfinanzierung gegeben hätte. „Wir haben deshalb versucht, Kosten vor allem durch die Optimierung von Prozessen zu reduzieren.“ Das betreffe unter anderem die Analyse und Reduzierung von Lebensmittelabfällen, die Bedarfsplanung und den optimierten Einkauf von Lebensmitteln. Auch sei der Anteil an fleischlosen Gerichten erhöht worden.
Neben der Nutzung von Ersatzprodukten habe es an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) Anpassungen bei Rezepten und Portionsgrößen gegeben, wie ein Sprecher gegenüber der dpa kommentierte. Es werde mehr auf regionale Produkte und Lebensmittel aus der eigenen Herstellung gesetzt. Ähnlich ist die Lage in Braunschweig. Dort werden derzeit weniger Fleischgerichte serviert und es werde mehr darauf geachtet, wenn Patienten ihre Speisen nicht aufessen. Einsparungen würden dadurch aber nicht erreicht. „Mit unseren Maßnahmen konnten wir lediglich die Preis- und Lohnsteigerungen abfedern“, so eine Sprecherin.
Gemeinsam Ideen sammeln
Die Universitätsmedizin Rostock versucht nach eigenen Angaben durch gemeinsame Ausschreibungen mit den Greifswalder Kollegen bessere Preise zu erhalten. Um die gestiegenen Energiekosten abzufedern, habe man einen Ideen-Wettbewerb initiiert. Die Mitarbeiter hätten viele Ideen etwa zu Strom-, Lüftungs-, Heizeinsparungen und auch zu Entsorgungsprozessen eingereicht. Die Installation von Trinkwasserspendern etwa spare den Transport und die Entsorgung von jährlich über 750 000 Trinkflaschen ein.





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