
Sie ist ein persönlicher, digitaler Speicher für Befunde und Laborwerte von Patienten und soll bald zum Alltag für Millionen Versicherte werden: Die Elektronische Patientenakte (ePA). Am 2. Februar machte der Bundesrat den Weg dafür frei und ließ das vom Bundestag beschlossene Digital-Gesetz (DigiG) der Ampel-Koalition passieren. Demnach sollen Anfang 2025 alle gesetzlich Versichten eine E-Akte bekommen – außer man lehnt es für sich ab. Vorankommen soll auch die Forschung mithilfe von Daten. Das „Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“ (Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)) regelt außerdem den schon anziehenden Masseneinsatz der E-Rezepte.
Die ePA wird nur ein Erfolg und selbstverständlich zum Arztbesuch dazugehören, wenn alle wichtigen Daten dort abgelegt werden.
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sagte, die Regelungen stellen die Weichen dafür, dass digitale Lösungen wirklich bei den Menschen ankommen und ihnen auch einen spürbaren Nutzen bieten. „Die elektronische Patientenakte wird nur ein Erfolg und selbstverständlich zum Arztbesuch dazugehören, wenn alle wichtigen Daten dort abgelegt werden.“
Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) betonten, dass noch viel Information der Versicherten nötig sei. Der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen (GKV-Spitzenverband) warnte, die Frist bis Anfang 2025 sei „mehr als ambitioniert“. Auch die Praxissoftware müsse angepasst werden.
In den beschlossenen Gesetzen sieht die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) ein wichtiges Signal für das Voranschreiten der Digitalisierung. „Die ePA im Opt-out-Verfahren, die allen Versicherten zunächst bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt wird, behebt eine zentrale Digitalisierungs-Baustelle im Gesundheitswesen“, sagt Prof. Claus Vogelmeier, Vorsitzender der DGIM-Kommission Digitale Transformation in der Inneren Medizin.
Aufholjagd in der Digitalisierung
Lauterbach hat deutlich gemacht, dass es um eine Aufholjagd geht, damit das deutsche Gesundheitswesen nach vielen Verzögerungen Anschluss an die Digitalisierung findet. Der Kernpunkt ist, bisher verstreute Behandlungsdaten zusammenzuführen. Das soll Ärztinnen und Ärzten bessere Behandlungen ermöglichen und Mehrfachuntersuchungen sowie unerwünschte Wechselwirkungen von Medikamenten vermeiden. Patientinnen und Patienten sollen so auch selbst einen leichten Einblick bekommen, welche Daten es zu ihnen gibt.
80 Prozent bis 2025
Als wählbares Angebot wurden E-Akten schon 2021 eingeführt, bisher hat aber nur etwa ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten überhaupt eine. Erklärtes Ziel sind 80 Prozent bis 2025, und die Regierung schwenkt dafür auf das Prinzip „Opt-out“ um: Die Kassen sollen breit informieren und bis zum 15. Januar 2025 für alle automatisch eine ePA einrichten – es sei denn, man widerspricht. Private Krankenversicherungen können demnach auch E-Akten anbieten.
Abrufbar sein soll die ePA mit bestimmten Identifikationsregeln über Apps der Kassen. Was Ärzte und Ärztinnen einstellen und wer worauf zugreifen kann, soll man selbst festlegen können. Zuerst soll eine Medikamentenübersicht nutzbar sein, folgen sollen unter anderem Laborbefunde. Bei Kassenwechsel kann man die Daten mitnehmen. Ohne Smartphone soll man die ePA laut Ministerium in ausgewählten Apotheken einsehen können. Ombudsstellen der Kassen sollen Versicherte unterstützen, die die ePA nicht per App verwalten.
Auch Kinder und Jugendliche sollen eine ePA bekommen. Einen möglichen Widerspruch erklären würden dann die gesetzlichen Vertreter – also in der Regel Eltern, die die Akte ihrer Kinder zunächst auch verwalten. Spätestens mit 15 Jahren sollten Minderjährige die ePA dann selbstständig nutzen können, erläuterte das Ministerium grundsätzlich.
Datenspende für die Forschung
Vorankommen soll die Forschung auf der Basis von Gesundheitsdaten. Dafür soll ein weiteres Gesetz ermöglichen, an einer zentralen Zugangstelle Daten verschiedener Quellen zu verknüpfen - etwa aus Krebsregistern und von Kassen. Dabei sollen Daten verschlüsselt (pseudonymisiert) werden. Für Daten in ePAs ist wieder ein „Opt-out“ geplant: Sie sollen zunächst eine Einstellung für „Datenspenden“ bekommen, die man aber ablehnen kann.
Die vereinfachte Nutzung von Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung forderten Fachgesellschaften wie die DGIM schon seit Längerem. „Oftmals nehmen Forschende datenschutzrechtliche Bestimmungen als hinderlich wahr, vor allem bei Kooperationen mehrerer Forschungseinrichtungen“, erklärt Prof. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM.
Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz schaffe nun in Teilen weitere Sicherheit, da es zum Beispiel die Möglichkeit einräumt, pseudonymisierte unter bestimmten Voraussetzungen mit anderen Forschungseinrichtungen zu teilen. Jedoch sieht die Fachgesellschaft weiter hohe bürokratische Hürden für Forschende – so sei etwa der Bedarf vorhanden, den Datenzugriff für Forschungsvorhaben zum Patientenwohl weiter zu vereinfachen. „Hier planen wir, gemeinsam mit dem hessischen Datenschutzbeauftragten, einen Leitfaden für wissenschaftliche Vorhaben und Anträge zu entwickeln“, so Ertl.
Gesundheits-Apps und Telemedizin
Ausgebaut werden sollen Angebote der Telemedizin wie Videosprechstunden – das kann auch in ländlichen Regionen Lücken schließen. Dafür sollen Regelungen wegfallen, die den Praxen bisher nur für ein begrenztes Angebot eine Vergütung durch die Kassen sicherten. Ausgeweitet werden soll das Angebot bestimmter Gesundheits-Apps, die Patienten auf Rezept bekommen können. Dieses Angebot begrüßt auch die TK: „Die Entscheidung, ob ein Arzttermin in der Praxis oder per Videokonferenz stattfindet, sollte immer individuell getroffen werden können und nicht danach, ob die Grenze an verfügbaren Terminen via Video bereits erreicht ist“, so TK-Chef Baas.








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