
Dass er dank seines Sieges im Wahlkreis Leverkusen – Köln IV erneut in den Bundestag einziehen darf, weiß Karl Lauterbach (SPD) sicher. Wie seine weitere politische Zukunft genau aussehen wird und was insbesondere aus „seiner“ Krankenhausreform werden wird, ist derzeit noch völlig offen. Nach der Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 mehren sich allerdings die Stimmen, die nun eine schnelle Regierungsbildung und dann anschließend eine Kurskorrektur in der Gesundheitspolitik fordern.
Die Krankenhausreform benötigt ohne Zweifel eine zügige Reform.
Für Dr. Gerald Gaß etwa benötigt die Reform „ohne Zweifel eine zügige Reform, damit die Krankenhäuser wieder verlässlich planen und ihrem Auftrag nachkommen können“. Nicht zuletzt, so der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), brauche „die Gesundheitspolitik auch einen anderen politischen Stil, der durch den Willen geprägt sein muss, gemeinsam mit den Akteuren des Gesundheitswesens die Lösungen zu finden und umzusetzen, die angesichts der gewaltigen Herausforderungen jetzt gebraucht werden“.
Mit Blick auf den Wahlsieger Friedrich Merz (CDU) erklärt Gaß, die Parteien CDU und CSU seien in den Wochen und Monaten vor der Wahl „mit deutlicher, aber auch konstruktiver Kritik an der Reform aufgefallen“. Die neue Bundesregierung müsse „schnell tragfähige Kompromisse zwischen den noch gegensätzlichen Positionen der beiden wahrscheinlichen Koalitionspartner finden“, so Gaß.
Aus Sicht der DKG hätten die Unionsfraktion und die unionsregierten Länder „eine Vielzahl an sinnvollen Vorschlägen in den Bundestag eingebracht, die dem Ziel dienen, die Reform zu verbessern und die Versorgungssicherheit der Patienten auch während des Transformationsprozesses zu gewährleisten“, sagt Gaß – und nennt neben einem angemessenen Inflationsausgleich, „mehr Gestaltungsspielraum der Länder bei der Leistungsgruppenplanung, Aussetzen der völlig dysfunktionalen Vorhaltefinanzierung und echten Bürokratieabbau durch konsequenten Abbau kleinteiliger Regulierungen“.
Die vergangenen Jahre waren gesundheitspolitisch verlorene Jahre.
Auch bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sieht man viele Probleme, „die einer Lösung harren“, so die Vorstände Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner. Patientensteuerung, Notfallreform, Entbürokratisierung, Digitalisierung und nicht zuletzt eine angemessene Finanzierung lauteten „die leider wohlbekannten und alles andere als neuen Schlagworte“.
Die vergangenen Jahre seien „insgesamt gesundheitspolitisch verlorene Jahre“ gewesen. „Wir wollen und können unseren Teil zu sachgerechten Lösungen beitragen und haben ein Portfolio an Vorschlägen“, so das KBV-Spitzentrio: „Jederzeit stehen wir für Gespräche bereit.“
Bei der Finanzierung der Klinik-Infrastruktur muss der Bund Finanzverantwortung übernehmen.
Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, mahnt, „die Stabilisierung der Finanzen von Kranken- und Pflegeversicherung duldet keinen weiteren Aufschub“. Zum einen müsse die Ausgabenentwicklung deutlich abgebremst werden, so Reimann. Zum anderen müsse der Bund bei der Finanzierung der Klinik-Infrastruktur und der Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Beziehenden Finanzverantwortung übernehmen. Zusätzliche Handlungsspielräume für notwendige Investitionen könne sich der Staat durch eine Modernisierung der Schuldenbremse verschaffen.
Ein ‚Weiter-so‘ darf es nicht mehr geben.
Ähnlich wie Reimann fordert Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK, „dass die politischen Kräfte auf einen raschen Neustart im Gesundheitswesen setzen“. Ein ‚Weiter-so‘ dürfe es nicht mehr geben. „Wir benötigen eine klare politische Agenda, die sich zu den Prinzipien der Selbstverwaltung bekennt und als wesentliche Kernthemen die Versorgungssteuerung sowie die Prävention in den Fokus nimmt“, erklärt Hohnl. Besonders wichtig sei jedoch, dass die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) „umgehend grundlegend reformiert wird“.
Wir brauchen einen gesundheitspolitischen Reset.
Für Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI), geht es nicht ohne einen deutlichen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik: „Wir brauchen einen gesundheitspolitischen Reset“, sagt er. Für die Pharmaunternehmen in Deutschland würden Forschung, Entwicklung und Produktion am Standort immer schwieriger – „weil es einerseits an Planungssicherheit mangelt und sie andererseits durch die überbordende Bürokratie schlicht ausgebremst werden“.
Aus BPI-Sicht seien etwa der Abbau von Bürokratie und Überregulierung, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie steuerliche Anreize für Unternehmen, die hierzulande forschen und produzieren, nötig. Wünschenswert sei zudem ein besserer Zugang zu Gesundheitsdaten, so Joachimsen, „um die Erforschung auch von seltenen Erkrankungen oder personalisierten Therapien schneller voranzubringen“.
Wir brauchen eine vorausschauende Gesundheitsstrategie.
Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) fordert die künftige Bundesregierung auf, das Prinzip „Health in All Policies“ konsequent in die Koalitionsverhandlungen zu integrieren. Eine ganzheitliche Gesundheitspolitik, die soziale, ökologische und wirtschaftliche Faktoren mitdenke, sei „entscheidend, um die sinkende Lebenserwartung in Deutschland zu stoppen und die Gesundheitsversorgung zukunftsfähig zu gestalten“.
„Wir brauchen eine vorausschauende Gesundheitsstrategie, die alle politischen Ressorts mit einbezieht“, erklärt die BVÖGD-Vorsitzende Dr. Kristina Böhm: „Insbesondere Prävention und Gesundheitsförderung müssen stärker mit Bereichen wie Sozialpolitik, Arbeit, Jugendhilfe, Umwelt, Verkehr und Landwirtschaft verzahnt werden.“
Der BVÖGD fordert, den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) als zentralen Akteur in der strategischen Gesundheitsplanung zu stärken. Dazu gehörten die verbindliche Einrichtung kommunaler Gesundheitskonferenzen in allen Kreisen sowie eine verbesserte finanzielle Ausstattung für Präventionsmaßnahmen. Zudem müssten die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Sozialgesetzbuch und in den ÖGD-Landesgesetzen angepasst werden, um eine koordinierte und datenbasierte Steuerung des Gesundheitswesens zu ermöglichen.






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