
Bis zu 20 Prozent der Klinikstandorte in Deutschland könnten wegfallen – das erwartet zumindest die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Prognose für die nächsten zehn Jahre sei eine realistische Größenordnung – auch im Balanceakt zwischen wohnortnaher Versorgung und Spezialisierung – wie DKG-Chef Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am 19. Juni mitteilte.
Wir haben längst akzeptiert, dass wir Standorte zusammenlegen, umgestalten oder schließen müssen.
„Wir als Krankenhäuser haben längst akzeptiert, dass wir Standorte zusammenlegen, umgestalten oder schließen müssen“, so Gaß. „Wir werden auf absehbare Zeit gar nicht mehr das Personal haben, die bisherigen Strukturen unverändert aufrecht zu erhalten.“ Daher sei es besonders für komplexe Eingriffe nötig größere Einheiten vorzuhalten, während für kleinere ambulante Eingriffe eine Versorgungsstruktur aus beispielsweise Gesundheitszentren aufgebaut werden müsse.
Hessen bestätigt Prognose
Auch Hessens Krankenhausgesellschaft (HKG) warnt, dass bis zu 86 Prozent der öffentlichen Häuser in Hessen negative Bilanzen für die kommenden beiden Jahre drohen. „Das bedeutet, dass eine große Mehrheit der Krankenhäuser momentan für jeden stationär behandelten Patienten im Mittel rund 465 Euro drauflegt. Das kann kein Krankenhaus auf Dauer durchhalten“, sagte Reinhard Schaffert, HKG-Geschäftsführer.
Das kann kein Krankenhaus auf Dauer durchhalten.
Diesen Transformationsprozess gelte es aktuell entsprechend zu gestalten, so die DKG. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach plant, über den Sommer einen Gesetzentwurf zu erstellen, damit die Krankenhausreform Anfang 2024 in Kraft treten kann. Im Blick stehen unter anderem einheitliche Qualitätskriterien und Einstufungen des Kliniknetzes. Außerdem soll das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden, um Kliniken von wirtschaftlichem Druck zu immer mehr Fällen auf Kosten der Qualität zu lösen. Künftig sollen sie eine gesicherte Finanzierung allein für das Vorhalten bestimmter Leistungen bekommen. Bis diese Reform greift, sehen sich die Kliniken jedoch weiterhin mit einer lückenhaften Finanzierung konfrontiert.
Deutschlandweiter Aktionstag
Daher engagieren sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Landeskrankenhausgesellschaften sowie die Kliniken bereits seit 2022 unter der Überschrift „Alarmstufe Rot“ mit gezielten öffentlichkeitswirksamen Aktionen für eine faire und nachhaltige Finanzierung. Der am 20. Juni stattfindende, deutschlandweite Aktionstag des Bündnisses und insbesondere die Kundgebung in Berlin werden von der kma Redaktion begleitet.

Im Vorfeld des Aktionstages haben sich schon zahlreiche Krankenhäuser zu Wort gemeldet und teilweise auch eigene Initiativen angekündigt. An einer spontanen Protestaktion des DGD Diakonie-Krankenhauses Wehrda in Hessen zum Beispiel beteiligten sich gut 100 Beschäftigte. Und die drei Karlsruher Kliniken treten mit einer gemeinsamen Social-Media-Kampagne samt kreativen Fotomotiven an die Öffentlichkeit. So wollen sie auf die aus ihrer Sicht gefährdete regionale Gesundheitsversorgung aufmerksam machen, „sollte nicht schnell und unbürokratisch Hilfe von Bund und Land zugesichert werden“.
„Wir unterstreichen den Appell der Deutschen Krankenhausgesellschaft und sehen uns wiederholt veranlasst, auch im Sinne unserer Mitarbeitenden und den drohenden Einschnitten in der Patientenversorgung, auf die gravierende Situation hinzuweisen. Die Krankenhäuser brauchen jetzt Hilfe der Politik“, fordert Caroline Schubert, Vorständin der ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe, und Jörg Schwarzer, Geschäftsführer am SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach, ergänzt: „Die Politik muss aktuell entscheiden, welche Priorität für sie die Gesundheit unserer Mitmenschen hat.“







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