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Kinder- und JugendmedizinWer trägt die Verantwortung?

Zum Brandthema Kindermedizin hat sich nun auch Bundessprecher Jakob Maske vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte geäußert. Die Senatsverwaltung Berlin verteidigt sich, beide schieben die Schuld auf das Bundesgesundheitsministerium.

Kinderarzt
Лилия Дудник/stock.adobe.com
Symbolfoto

Der aktuelle Notstand in der Kindermedizin infolge einer Welle an Atemwegsinfektionen hat nach Ansicht des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte gravierende Risiken für die jungen Patienten. „Es ist tatsächlich so, dass im Moment die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und auch das Leben ordentlich gefährdet sind“, sagte Bundessprecher Jakob Maske am Montag dem Deutschlandfunk.

Maske übte massive Kritik an der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre, auch unter Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das Gesundheitssystem werde seit Jahren „gegen die Wand gefahren“. Bei der Kinder- und Jugendmedizin sei extra stark gespart worden. Es seien sehr viele Betten abgebaut worden, weil sich Kinder- und Jugendmedizin nicht lohne. Seit der Übernahme des Ressorts durch Lauterbach werde die Versorgung weiterhin immer schlechter. Das drücke sich genau in diesen Krisenzeiten aus, sagte Maske.

Systeme stehen vor dem Zusammenbruch

Die grundsätzliche Krise des Systems sei durch Corona kaschiert worden. Das sei nun aber vorbei. „Wir haben jetzt einen ganz normalen Anstieg, wie wir ihn jeden Winter sehen von Infektkrankheiten – und die Systeme brechen zusammen“, sagte Maske. Schwerstkranke Kinder müssten über Hunderte Kilometer aus Berlin verlegt werden, weil es keine Betten gebe. Die Behauptung, dass derartige Aussagen Panikmache seien, wollte er nicht gelten lassen. „Das ist nicht Panikmache, das ist unser tägliches Leben.“

Lauterbach hat bereits Hilfsmaßnahmen angekündigt. So soll Pflegepersonal aus Erwachsenen- in Kinderstationen verlegt werden. Er forderte die Krankenkassen auf, Vorgaben zur Personalbesetzung vorerst nicht zu prüfen und Sanktionen auszusetzen. Zudem appellierte er an Eltern und Kinderärzte, nicht unmittelbar nötige Vorsorgeuntersuchungen zu verschieben.

Senatsverwaltung verteidigt sich

Auch die Senatsverwaltung für Gesundheit hat sich aufgrund der angespannten Lage bei der medizinischen Versorgung von Kindern erneut verteidigt. „Kurzum, das was wir als Land machen können, das tun wir bereits – und wir gehen dieser wirklich dramatischen Situation nach“, sagte Armaghan Naghipour, Staatssekretärin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (parteilos), am 5. Dezember im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses. Sie verwies auf mehrere erfolgte Schritte nach einem ersten offenen Brief von Ärzten zu dem Thema aus dem Vorjahr: „Der Senat hat seitdem einiges unternommen, um diese wirklich prekäre Situation anzugehen.“

Als Ursachen für die aktuelle Situation nannte die Staatssekretärin die „strukturelle Unterfinanzierung der Kinder- und Jugendmedizin in Verantwortung des Bundesministeriums für Gesundheit“, einen Mangel an Pflegekräften und „aktuell verschärfend“ eine Vielzahl an Atemwegsinfektionen. Naghipour zufolge sollte es am Montagnachmittag ein weiteres Treffen von Staatssekretär Thomas Götz mit Berufsverbänden geben. Sie sprach zudem von weiterer Gesprächsbereitschaft von Senatorin Ulrike Gote (Die Grünen).

Charité errichtet zentrale Koordinierungsstelle

Ende November habe es zudem ein Treffen mit Chefärzten von Kinderkliniken und Feuerwehr gegeben, um kurzfristig durchführbare Maßnahmen zu besprechen. Demnach sollen unter anderem planbare Eingriffe nach Möglichkeit verschoben werden, um die Versorgung einer zunehmenden Anzahl kritisch kranker Kinder zu ermöglichen. Eine Inbetriebnahme weiterer Betten durch gemischte Teams aus Kinder- und Erwachsenenpflegekräften und ein Aussetzen von Personaluntergrenzen werde durch die Häuser geprüft, sagte die Politikerin. Für eine bessere Verteilung erkrankter Kinder werde wie bereits angekündigt die Charité eine zentrale Koordinierungsstelle einrichten.

Berlin habe sich darüber hinaus gemeinsam mit anderen Bundesländern dafür eingesetzt, dass der Bund ein zukunftsfähiges Vergütungssystem für die auskömmliche Finanzierung der Kinderkliniken vorlege. Verbesserungen sollen Naghipour zufolge ab 2023 umgesetzt werden, es gehe um insgesamt etwa 300 Millionen Euro.

Mehrere Verbände hatten Ende vergangener Woche in einem offenen Brief an Senatorin Gote geschrieben, dass sie die Sicherheit der kleinen Patienten ernsthaft in Gefahr sähen. Nicht nur in den zentralen Notaufnahmen, sondern auch in der ambulanten und der stationären Pädiatrie herrschten zunehmend unverantwortbare Zustände.

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