
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte am 16. März 2022 auf ihrem Krankenhausgipfel in Berlin zwei zentrale Themen auf der Agenda: die Zukunft der Krankenhausfinanzierung und die Lösung des Pflegepersonalmangels.
Um die flächendeckende Krankenhaus- und Gesundheitsversorgung auch in Zukunft zu sichern, fordert die DKG ein Umdenken, sowohl in der Finanzierung als auch in der sektorenübergreifenden Organisation. Die Pandemie habe gezeigt, dass das Fallpauschalensystem deutlich reformiert werden müsse, um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Auch die anhaltende Problematik ausbleibender Investitionskostenfinanzierung müsse die Politik dringend angehen. In der Versorgung müssen die Krankenhäuser ihre ambulanten Potentiale den Patientinnen und Patienten zur Verfügung stellen können und dürfen. Hier müssten Hürden abgebaut werden, denn gerade in Regionen, in denen die ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich immer schwieriger werde, könnten Krankenhäuser die Lücken füllen.
Kliniken und Niedergelassene sollen zusammenarbeiten können
„Doch die ambulanten Potentiale sind keine Lückenfüller. Die Krankenhäuser brauchen die Möglichkeit, im Interesse der Patienten bislang stationär erbrachte Leistungen zukünftig auch ambulant zu erbringen (= ambulant-klinische Leistungen). Dazu gehören aus unserer Sicht Krankenhausleistungen, die die Ausstattung und den multiprofessionellen Hintergrund des Krankenhauses benötigen. Die Vergütung dieser ambulant-klinischen Leistungen kann, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, über Hybrid-DRGs erfolgen, die sich an der bisherigen stationären Vergütung orientieren. Dies ist auch zugleich Chance, den sektorenübergreifenden Versorgungsansatz zu fördern, denn Kliniken sollen mit niedergelassenen Ärzten kooperativ zusammenarbeiten können. Das zeigt, wir sind offen und bereit für Veränderungen.
Wir fordern aber von der Politik auch Respekt und Anerkennung für herausragende Leistungen in der Spitzenmedizin ebenso wie für die enormen Anstrengungen bei der wohnortnahen Versorgung und dem Aufrechterhalten von Notfallstrukturen auch im ländlichen Raum. Die großen krankenhauspolitischen Reformen sollen in einer Regierungskommission vorbereitet und dann in einer Bund-Länder Arbeitsgruppe abgestimmt werden, so heißt es im Koalitionsvertrag. Eine solche Regierungskommission muss vor allem den Konsens zwischen Politik, den betroffenen Akteuren und der Gesellschaft organisieren. Denn wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Konsensproblem. Wir stehen bereit für Reformen, erwarten aber auch, dass wir an dieser geplanten Regierungskommission beteiligt werden“, sagte DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß in seiner einleitenden Rede.
Ambulant vor stationär
Auch die ambulante Notfallversorgung bedürfe einer Reform. Für die Krankenhäuser stehe fest, dass die Sicherstellung im niedergelassenen Bereich verbleiben soll. Der Grundsatz ambulant vor stationär müsse und solle gelten. Um aber die ambulante Notfallversorgung dauerhaft gewährleisten zu können, brauche es eine enge Zusammenarbeit zwischen dem niedergelassenen Bereich und den Krankenhäusern. „Unser Reformvorschlag setzt auf den bereits existierenden Versorgungsstrukturen auf und entwickelt diese weiter. Wir haben vier Zielsetzungen, im Sinne der Patienten:
- Nachvollziehbare und eindeutige Strukturen, klare Verantwortlichkeiten
- Qualitativ hochwertige medizinische Behandlungen
- Flächendeckende, interdisziplinäre und patientenorientierte Versorgung
- Effizienter und effektiver Einsatz der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel
Grundsätzlich sollen Integrierte Notfallzentren (INZ) zukünftig der Behandlungsbereich für die ambulanten Notfälle sein. INZ soll es dann an den Krankenhäusern geben, die eine stationäre Notfallstufe nach G-BA-Beschluss haben. Patienten durchlaufen eine standardisierte Ersteinschätzung am gemeinsamen Tresen durch qualifizierte Mitarbeiter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder des Krankenhauses. Klarheit und Definition von Zuständigkeiten, aber auch Abgrenzung sind wesentliche Voraussetzungen für eine gute Kooperation. Dazu haben wir ein Konzept erstellt, das klare Definitionen beispielsweise der Zeiten, wann Portalpraxen oder Kliniken die Versorgung übernehmen, enthält. Zudem muss die Vergütung der ambulanten Notfälle auskömmlich sein“, so Dr. Gerald Gaß.
Pflegepersonalmangel und Bürokratielast
Dass nach der Pandemie Reformen in der Krankenhauspolitik nötig werden, bestätigten die Vertreterinnen und Vertreter aller beteiligten Parteien und Fraktionen. Insbesondere der anhaltende Personalmangel wird die Gesundheitspolitik der kommenden Jahre begleiten. „Wir werden den Wettbewerb um die jungen Menschen für die sozialen Berufe in den Krankenhäusern und damit auch unsere Zukunftsfähigkeit verlieren, wenn die Politik in dieser Legislaturperiode nicht handelt“, sagte DKG-Vorstandsvorsitzender Gaß.
Besonders ächzen die Krankenhäuser unter der nach wie vor hohen Bürokratielast. Nicht nur in Zeiten des Pflegepersonalmangels und gesteigerter Ausfälle durch Krankheit und Quarantäne ist es nicht akzeptabel, dass Krankenhausbeschäftigte mehrere Stunden täglich für medizinisch und pflegerisch oft nicht notwendige Dokumentationsarbeiten verbringen. Übermäßige Bürokratie und Regulierung behindert auch die sektorenübergreifende Zusammenarbeit; gerade auch, wenn es um die ambulanten Potentiale der Krankenhäuser geht. „Es muss aufhören, dass Pflegekräfte ihre wertvolle Arbeitskraft stundenlang für bürokratische Arbeiten verschwenden müssen, statt die Patientinnen und Patienten zu betreuen.“, so Gerald Gaß.
Auf der Webseite der DKG stehen die Aufzeichnungen der Veranstaltung zur Verfügung.





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