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Finanzierungslücke„Lange werden die Kliniken nicht mehr standhalten können“

Das Defizit der niedersächsischen Krankenhäuser wird sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln. Krankenhausgesellschaft und Minister Philippi haben über die Zukunft der Kliniken gesprochen. Die Zeit drängt.

Niedersächsische Krankenhausgesellschaft Aktionstag Hannover
NKG/Pucknat
Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft warnt in Hannover mit einer öffentlichen Aktion vor einem unkontrollierten Kliniksterben, noch bevor die angekündigte Bundes-Krankenhausreform überhaupt Wirkung entfaltet. Auf dem Bild (v.li): Helge Engelke, Dr. Andreas Philippi, Dr. Hans-Heinrich Aldag.

In Hannover drohen überdimensionierte Dominosteine  auf ein symbolisches Krankenhaus zu kippen. Gegen diese großen Brocken stemmen sich als Pflegekräfte verkleidete Schaufensterpuppen: Investitionsstau, Personalmangel und Bürokratie, Inflation, Insolvenz. Mit diesem drastischen Bild warnte die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) jetzt vor einem unkontrollierten Kliniksterben, noch bevor die angekündigte Krankenhausreform überhaupt ihre Wirkung zeigt. 

Defizit wird sich mehr als verdoppeln

Wie prekär die Lage ist, zeigt beispielsweise die Defizit-Uhr auf der Seite der NKG, die unaufhörlich tickt. Umfragen der NKG zufolge erwarten die 164 Krankenhäuser in Niedersachsen im Jahr 2023 ein Defizit von landesweit 532 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies mehr als einer Verdoppelung (2022: 217 Millionen Euro). Die Defizite der Krankenhäuser durch mangelhafte Betriebskostenfinanzierung summieren sich in Niedersachsen bis Ende 2023 somit auf rund 750 Millionen Euro. 93 Prozent der Krankenhäuser geben an, 2023 kein positives Jahresergebnis zu erwarten. 

Bundesweit ist die Lage ähnlich pessimistisch. Laut einer Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sehen rund 70 Prozent der Kliniken ihre Existenz kurz- oder mittelfristig gefährdet. Fast kein Krankenhaus kann seine Ausgaben noch aus den laufenden Einnahmen decken. 

Die Politik hat es in der Hand

„Die Krankenhäuser in Niedersachsen stehen massiv unter Druck. Ohne die maximale Kraftanstrengung, die den Krankenhausbeschäftigten seit Jahren abverlangt wird, wäre der Kipp-Punkt schon längst erreicht und die vor der Tür stehende Insolvenzwelle bereits über die Krankenhäuser hinweggegangen. Lange werden die Kliniken dieser enormen Belastung nicht mehr standhalten können“, mahnte Dr. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der NKG.

Eine drohende Kettenreaktion, die die umfassende und wohnortnahe Patientenversorgung gefährdet, könne nur durch schnelle und konkrete Hilfe verhindert werden. „Aufgabe der Politik ist es, die Krankenhäuser und ihre Mitarbeitenden jetzt mit aller Kraft zu stützen. Sie hat es in der Hand, ein Kippen der Kliniken zu verhindern“, so Aldag weiter. 

Die wirtschaftliche Not der Kliniken hat ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht.

„Krankenhäuser sind keine Almosenempfänger, sondern haben einen Anspruch auf die Refinanzierung ihrer Betriebskosten. Die bestehende Finanzierungslücke muss schnellstmöglich durch den Bund geschlossen werden. Notwendig sind ein Inflationsausgleich sowie die vollständige Finanzierung von tariflichen Lohnkostensteigerungen“, stellte NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke klar. „Die wirtschaftliche Not der Kliniken hat ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, werden wir zeitnah ein Krankenhaussterben erleben“, warnte Engelke. 

Unterstützung erhielt der Zusammenschluss der Kliniken von Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi: „Unsere Krankenhäuser sind die entscheidenden Eckpfeiler für die stationäre Patientenversorgung. Die geplante Krankenhausreform ist wichtig, um die Qualität der Gesundheitsversorgung langfristig zu sichern. Wir in Niedersachsen sind bereit dafür.“

Appell an die Bundespolitik

In Niedersachsen wurde gerade die „drei-Milliarden-Krankenhaus-Investitionsoffensive“ gestartet, um Kliniken beim Umbau zu unterstützen. Die Gelder werden gestreckt über zehn Jahre gemeinsam mit den Kommunen zur Verfügung gestellt. „Kurzfristige Akuthilfen des Bundes sind jetzt nötig, um gut aufgestellte Kliniken auf dem Reformweg zu stärken“, so der Minister. 

Während das Land und die Kommunen bereits mehr Geld für die Investitionen der Krankenhäuser in Aussicht gestellt hätten, sei der Bund für deren Betriebskosten zuständig. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dürfe die Kliniken nicht in einer Schieflage verharren lassen, forderte der SPD-Politiker.

Die NKG richtete ihren Appell dagegen in erster Linie an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). In Niedersachsen sei der politische Wille, den Krankenhäusern zur Seite zu springen, bei der Landesregierung und den Kommunen erkennbar. „Derjenige, der das nicht erkannt hat nach unserer Auffassung, ist der Bundesgesundheitsminister“, sagte NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke. Es sei inakzeptabel, dass der Bundesgesundheitsminister dem drohenden Krankenhaussterben tatenlos zusehe.

Die Auswirkungen von vermehrten Insolvenzen werden auch in Niedersachsen deutlich zu spüren sein, so Engelke, „daran kann dann auch eine noch so gut gemeinte Krankenhausreform nichts mehr ändern“. Er forderte auch die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene mit Nachdruck für ein Vorschaltgesetz zur wirtschaftlichen Absicherung der Krankenhäuser einzusetzen. 

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