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Rückschlag für ME/CFS-ForschungLauterbach erbost

Was die Bundesregierung an finanziellen Mitteln für die Erforschung der Krankheit ME/CFS vorsieht, sei völlig inakzeptabel. Das sagt der ehemalige Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach und spricht von „Staatsversagen“.

Prof. Karl Lauterbach
Thomas Koehler/DBT
Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach sieht den Bedarf an Forschungsgeldern für die Therapie der Krankheit ME/CFS bei mindestens einer Milliarde Euro.

Ex-Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) wirft der Bundesregierung Versagen bei der Erforschung der Krankheit ME/CFS vor. „Die Summen, die bisher im Haushalt stehen, sind völlig inakzeptabel“, sagte der SPD-Politiker dem „Spiegel“. ME/CFS steht für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom.

Nach seinen Angaben streitet die Koalition darum, ob man für die Forschung 10 oder 15 Millionen Euro aufwende. Nötig wären aus seiner Sicht mindestens eine Milliarde Euro. „Wir haben den Erkrankten versprochen, dass wir ihnen helfen, haben Forschungsmittel angekündigt. Es passiert aber viel zu wenig“, beklagte Lauterbach. Der Vorsitzende des Bundestags-Forschungsausschusses sprach in dem Zusammenhang von „Staatsversagen“.

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ME/CFS führt oft zu einem hohen Grad an körperlicher Behinderung, die Erkrankung ist noch wenig erforscht. Die Zahl der Betroffenen hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie laut Krankenkassen und Fachgesellschaften fast verdoppelt, auf 650.000 Erkrankte.

Hunderttausende Menschen in Deutschland leiden an ME/CFS, darunter viele Kinder und Jugendliche. Die Krankheit ist seit Jahrzehnten bekannt und dennoch wenig erforscht. Die Lebensqualität der Betroffenen ist so schlecht wie bei kaum einer anderen Erkrankung. Gleichzeitig ist die medizinische und sozialmedizinische Versorgung der ME-Kranken in Deutschland nach wie vor desaströs. 

Lauterbach hatte sich in seiner Zeit als Gesundheitsminister für die Erforschung der Krankheitsmechanismen und Therapiemöglichkeiten stark gemacht. Was die Koalition an Forschungsmitteln plant, erbost den ehemaligen Gesundheitsminister.

ME/CFS

ME/CFS ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, bei der Symptome wie schwere Erschöpfung, Konzentrations- und Schlafstörungen mindestens sechs Monate lang anhalten und die zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führen kann. Eine Verschlimmerung von Beschwerden nach körperlicher und geistiger Anstrengung gilt als charakteristisch.

Die bisher nicht heilbare Erkrankung ist durch die Corona-Pandemie und die Diskussion über Langzeitfolgen von Covid-19 (Long Covid) etwas bekannter geworden, da sie teilweise mit einer viralen Infektion beginnt. Sie ist die schwerste Form von Long Covid. Es gab jedoch auch schon vor der Pandemie zahlreiche Betroffene. Die WHO stuft ME/CFS seit 1969 als neurologische Erkrankung ein.

Laut einer Studie der Aalborg Universität aus dem Jahr 2015 ist die Lebensqualität von ME/CFS-Erkrankten im Durchschnitt niedriger als die von Multiple Sklerose-, Schlaganfall- oder Lungenkrebspatientinnen und -patienten. Ein Viertel aller Patientinnen und Patienten kann das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und auf Pflege angewiesen. Schätzungsweise über 60 Prozent sind arbeitsunfähig, so die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS.

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