
Aus Sicht des VKD zeigt das Krisenmanagement von Bund und Ländern die erhoffte Wirkung. Infolge der getroffenen Maßnahmen werden die meisten Krankenhäuser mit der Versorgung von Covid19-Patienten derzeit nicht überfordert. Allerdings gebe es Hotspots, an denen die Lage angespannt und das medizinische Personal vor Ort extrem gefordert sei.
„Insofern können wir keine Entwarnung geben. Wir bestärken Bund und Länder darin, den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. Denn die nach wie vor bestehenden Risikofaktoren für Patienten, Krankenhäuser und Gesellschaft sind das Kontaktverhalten, das Fehlen eines Impfstoffs und einer Therapie sowie die fehlende Immunisierung der Bevölkerung. Im Übrigen dürfen wir nicht die Patienten vergessen, die aktuell auf ihre ebenso notwendige Behandlung warten müssen“, so VKD-Präsident Dr. Josef Düllings.
Kritik an bürokratischer Gestaltung der Finanzhilfen
Das Krisenmanagement werde allerdings in der operativen Umsetzung getrübt. Auch nach einer differenzierten Analyse und Bewertung der Lage könne man in den Krankenhäusern derzeit nicht sagen, wie die finanzielle Belastung 2020 aussehe. Der Schutzschirm sei mit Komplexität überladen, kleinteilig bürokratisch und multifaktoriell ausgestaltet.
Hierzu erklärt Düllings: „Eine Betriebsführung auf dieser Grundlage ist für das Krankenhausmanagement ein Vabanquespiel. Natürlich ist dies auch der völlig neuen Lage durch die Corona-Pandemie geschuldet. Um die Handlungsfähigkeit der stationären Versorgung zu gewährleisten und keine unkalkulierbaren Ausfälle zu riskieren, sollten die derzeitigen Finanzierungssysteme für Krankenhäuser, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen für 2020 ausgesetzt werden. Sicher eine radikale Forderung. Aber was wir jetzt erleben ist ein Durcheinander. Der Lage angemessen wäre eine Selbstkostenfinanzierung.“
Überökonomisierung des Gesundheitssystems
Es wird auch eine Zeit nach Corona geben. Die Rolle der Krankenhäuser, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen müsse in diesem Sinne für die Gesellschaft neu bewertet werden. Die bis dato herrschende Linie bei der Finanzierung des Gesundheitssystems sei zuletzt bei der Regelung zur Beschaffung zusätzlicher Beatmungsgeräte mit 50 000 Euro negativ aufgefallen. Es sei bekannt gewesen, dass die Selbstkosten eines Beatmungsgerätes bei etwa 85 000 Euro liegen. Für die Umrüstung einer Normalstation zu einer Intensivstation – von der Politik wurde eine Verdoppelung der Intensivkapazitäten gefordert – müssten etwa 130 000 Euro pro Platz angesetzt werden. Damit werde den Krankenhäusern, die in dieser Form aufrüsteten, nur 38 Prozent der tatsächlichen Kosten finanziert.
„Es geht hier nicht primär um die Höhe des Betrages“, so Dr. Düllings, „sondern um den Reflex einer verfehlten Überökonomisierung in einem gesellschaftlich jetzt besonders kritischen Bereich. Eine Selbstkostenfinanzierung hätte niemand reich oder arm gemacht. Die volle Kostenübernahme wäre ein richtiges Signal gewesen. Sie ist jetzt eine verpasste Chance, die es aber zu reflektieren gilt.“
Teil der selbstkritischen Reflektion müsse auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der Helferinnen und Helfer in den Krankenhäusern, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen sein.
Anerkennung der Gesundheitsbranche auf Augenhöhe mit Automobilindustrie
Darüber hinaus richtet sich der VKD mit seiner Kritik an jene Gutachter der letzten Jahre, die sich mit einer Halbierung der Zahl der Krankenhäuser in Deutschland eine höhere Effizienz und bessere Qualität der Patientenversorgung hatten vorstellen können. Darunter die Leopoldina, welche im Jahr 2016 ein Thesenpapier vorlegte, nach dem Deutschland nur etwa 330 Großkrankenhäuser bräuchte. Die Realität habe die Thesen der Gutachter falsifiziert.
„Es wird eine Zeitrechnung vor und nach Corona geben. Es ist auch eine Pandemie der Angst. Wenn wir eine sichere Gesellschaft haben wollen, hat die Gesundheitsbranche eine Systemrelevanz mindestens auf Augenhöhe mit Banken und Automobilindustrie. Das lässt sich jetzt nicht mehr wegdiskutieren“, so Dr. Düllings.





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