
Pro: Vorhaltepauschalen können zum Veränderungstreiber werden
Niels Dehne, Geschäftsführer der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser (AKG): Die Vorhaltefinanzierung ist aus meiner Sicht der größte Treiber der Ambulantisierung der letzten zwanzig Jahre. Aufgrund des 20-Prozent-Korridors bei den Pauschalen besteht unbestritten der Anreiz, künftig eher nur noch 80 Prozent der Leistung zu erbringen, da die Vorhaltefinanzierung weiterhin vollständig gezahlt wird. So können Kliniken ihre zusätzlichen Kapazitäten nutzen, um andere Erlösquellen zu erschließen. Aufgrund der Casemix-Adjustierung im Vorhaltebudget besteht ein Anreiz, insbesondere die leichten Fälle aus der stationären Versorgung herauszuhalten. Damit überwinden wir die Problematik, dass die ambulante Leistungserbringung für viele Krankenhäuser nicht kostendeckend darstellbar ist. Dementsprechend dürfte die ambulante Leistungserbringung noch stärker in den Fokus der Kliniken rücken.
Damit überwinden wir die Problematik, dass die ambulante Leistungserbringung für viele Krankenhäuser nicht kostendeckend darstellbar ist.
Als Geschäftsführer der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser empfehle ich meinen Mitgliedern neben der Optimierung der eigenen Fallschwere, eher den Einstieg in telemedizinische Unterstützung und Mitbehandlung anderer Kliniken. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Betätigungsfelder außerhalb der DRG-Erlöse, um neben der Vorhaltefinanzierung einen Deckungsbeitrag zu erwirtschaften. Hier ist Mut und Kreativität in den Kliniken gefragt, um durch neue Kooperationsformen Versorgungsangebote außerhalb der eigenen Stationen zu schaffen. Aus meiner Sicht gibt es noch einen ordnungspolitischen Denkfehler in den aktuellen Reformideen. Die Berechtigung zur Erbringung von ambulanten Operationen ist bisher noch an das Vorhandensein eines stationären Versorgungsauftrages in der jeweiligen Fachrichtung geknüpft. Bei einer stärkeren Konzentration der stationären Versorgungsaufträge führt diese Regelung auch zu einer Reduzierung der Kapazitäten für ambulante Operationen.

Um dem bestehenden Versorgungsbedarf gerecht zu werden, brauchen wir diese aber. Ich könnte mir vorstellen, dass es an dieser Stelle noch zu einer Anpassung im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) kommt. Vielleicht wird das Thema noch zu einem Gamechanger der Krankenhausreform, weil eine großzügige Regelung für ambulante Operationen im Krankenhaus gerade in Flächenländern für eine erweiterte Versorgungssicherheit sorgen kann.
Mir ist an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass die Länder mit den Vorhaltepauschalen erstmalig die Chance haben, mit ihren Planungsentscheidungen auch ihre Finanzierung zu steuern. Das setzt allerdings voraus, dass diese jedem Krankenhausstandort Planzahlen zuweisen und diese an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) für die Kalkulation der Vorhaltefinanzierung melden. Passiert das nicht, basiert die Vorhaltefinanzierung weiterhin auf den jeweils aktuellen Abrechnungsdaten.
Contra: Gute Idee, aber in aktueller Form unzureichend umgesetzt
Andreas Schlüter, Erster Hauptgeschäftsführer (CEO) der Knappschaft Kliniken: Das durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgesehene Modell der Vorhaltepauschalen wirkt wie ein
bedeutender Schritt in Richtung einer stabileren Krankenhausfinanzierung. Als Erster Hauptgeschäftsführer der Knappschaft Kliniken begrüße ich die Bemühungen von Herrn Lauterbach, durch Vorhaltepauschalen die finanzielle Basis der Krankenhäuser zu sichern und Anreize zur Ambulantisierung zu setzen. Diese Idee ist jedoch in der aktuellen Ausgestaltung mit erheblichen Herausforderungen verbunden, in denen ich mehrere Schwierigkeiten sehe. Die starre Struktur bietet keine ausreichende Flexibilität für die Bedürfnisse einzelner Krankenhäuser. Ein weiterer Punkt ist die fehlende Berücksichtigung tatsächlicher Betriebskosten. Die Vorhaltepauschalen basieren auf historischen Daten und nicht auf aktuellen Kosten. Dies führt dazu, dass die tatsächlichen finanziellen Anforderungen der Krankenhäuser nicht gedeckt werden.
Die starre Struktur bietet keine ausreichende Flexibilität für die Bedürfnisse einzelner Krankenhäuser.
Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Vorhaltepauschalen im Prinzip aus bereits existierenden finanziellen Mitteln verteilt werden. Das Geld, das heute nicht ausreicht, um die Betriebskosten zu decken und notwendige Investitionen zu tätigen, wird im Prinzip aus den Fallpauschalen herausgerechnet und in Form einer Vorhaltepauschale ausgezahlt. Neben den Krankenkassen kommt das Bundesland hinzu, das die Höhe der Vorhaltepauschalen definiert. Dies führt zu einer zusätzlichen Bürokratisierung und möglichen Verzögerungen in der Finanzierung. Unterschiedliche Bundesländer könnten unterschiedliche Verfahren anwenden, was übergreifend zu Ungleichheiten und Unklarheiten führen könnte.

Letztlich wird suggeriert, dass es sich um echte Vorhaltepauschalen handelt, die eine umfassende Absicherung gewährleisten. In Wirklichkeit bleibt jedoch die finanzielle Basis unzureichend, da die Pauschalen keine zusätzlichen Ressourcen darstellen. Daher ist es notwendig, die Vorhaltepauschalen so zu überarbeiten, dass sie flexibler werden. Es muss sichergestellt werden, dass die Finanzierung die tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser deckt und gleichzeitig eine hochwertige Patientenversorgung gewährleistet ist. Nur so können die Vorhaltepauschalen zu einem Erfolgsmodell für die Zukunft der Krankenhausversorgung werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik die notwendigen Anpassungen vornimmt und die Bedenken der Krankenhäuser ernst nimmt. Wir jedenfalls sind bereit, Unterstützung zu leisten, wo diese benötigt wird.





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