Eigentlich ist New Work nur ein Buzzword dieser Zeit. Kaum einer weiß damit ernsthaft etwas anzufangen. Die einen verstehen darunter mehr Homeoffice, die anderen die ultimative Freiheit bei der Gestaltung ihres Arbeitsumfeldes - oder irgendwas dazwischen. Der Namensgeber der Bezeichnung New Work bzw. Neue Arbeit, Frithjof Bergmann, hatte jedoch eine eigene Vision für die Zukunft der Arbeit. Es dreht sich darum, was Menschen wirklich, wirklich wollen. Wie sie arbeiten und wie sie leben wollen. Die heutige Diskussion rund um New Work greift einige Aspekte davon auf und versucht eine Transformation der Arbeitswelt voranzutreiben.
Die Organisation des Gesundheitswesens ist nicht auf New Work vorbereitet
Gerade im Gesundheitswesen müssen wir immer wieder erleben, dass starre Strukturen, festgefahrene Regelwerke und hierarchische Organisationsformen dominieren. Flexibilität sieht eindeutig anders aus. Entsprechend langsam können große Organisationen auf Veränderungen reagieren. Dabei wäre angesichts der anstehenden Herausforderungen eine agilere Arbeitsweise eindeutig der Weg, der eingeschlagen werden sollte. Konkret heißt das: mehr Autonomie in den Teams, mehr Delegation von Entscheidungen auf die mittlere Ebene, mehr Mitwirkungsmöglichkeiten Bottom-Up.
Viele Entscheidungen fallen intransparent für die Belegschaft und werden dann wiederwillig umgesetzt. Für ein notwendiges Veränderungsmanagement sind keine Ressourcen vorhanden. Gerade in der aktuell stattfindenden digitalen Transformation in vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens ist jedoch die Beteiligung und Begleitung der Belegschaft bei Veränderungen der entscheidende Erfolgsfaktor. Noch besser ist es, die Mitarbeiter bereits von Beginn an in Entscheidungsprozesse einzubinden. Auch die Frage der Führungskultur spielt hier eine entscheidende Rolle. Wie werden zukünftige Führungskräfte auf ihre Rolle vorbereitet? Gibt es gute Vorbilder, oder werden Mitarbeiter von einer Führungsrolle abgeschreckt?
Neuausrichtung von Aufgaben und Rollen
Werden wir zukünftig bei einer Visite im Krankenhaus erleben, dass alle an der Therapie beteiligten Kollegen auf Augenhöhe den weiteren Therapieverlauf besprechen? Werden Physiotherapeuten, Pflegekräfte und Ernährungsberater ebenso mit einbezogen, um ihre Empfehlungen abzugeben, wie es beispielsweise in Schweden praktiziert wird? Dadurch könnte der Genesungsprozess deutlich beschleunigt und die interprofessionelle Zusammenarbeit erheblich gestärkt werden. Ebenso sollten die neuen Berufe endlich in der Einsatzplanung berücksichtigt werden.
Wem nützen akademisch ausgebildete Pflegekräfte etwas, wenn sie anschließend wie eine gewöhnliche Pflegekraft zum Einsatz kommen? Wozu einen Physician Assitant ausbilden, wenn man für ihn keine Rolle in der Ärzteschaft hat? Es müssen entsprechende Tätigkeiten für diese spezifischen Berufe definiert werden, die auch den Aufwand der Ausbildung angemessen widerspiegeln. Damit entstehen für die verschiedenen Berufsgruppen der Patientenversorgung neue Perspektiven der Weiterentwicklung - sowohl fachlich als auch finanziell.
Es gibt keinen Fachkräftemangel in der Pflege
Landauf landab wird heute für den Pflegeberuf geworben, nachdem man jahrzehntelang für selbstverständlich hingenommen hat, dass ein körperlich und psychisch belastender Beruf zu einer unter dem Durchschnittseinkommen liegenden Bezahlung ausgeübt wurde. Der Facharbeiter der den neuen Golf zusammenschraubt wurde mehr wertgeschätzt als die Pflegekraft, die sich um Kranke kümmert. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass Pflegekräfte diesem Beruf in Heerscharen den Rücken gekehrt haben. Die Bezahlung ist dabei nur ein Aspekt. Die gestiegene Arbeitsbelastung ist einer der Hauptgründe, berichten Pflegekräfte. Viele arbeiten in Teilzeit, um zwischen den anstrengenden Schichten überhaupt ausreichend Erholungszeit zu finden.
Wir haben keinen Fachkräftemangel in der Pflege, so lange in Kliniken und Seniorenheimen Mitarbeiter noch zwölf Tage und mehr am Stück arbeiten müssen. Es soll Einrichtungen geben, in denen Pflegekräfte 21 Tage ohne einen freien Tag eingeteilt sind. Unter diesen Umständen wird es Einrichtungen nicht gelingen Fachkräfte an sich zu binden oder Neueinstellungen zu erreichen. Stattdessen treibt man sie zu Personaldienstleistern, um sie anschließend zu hohen Kosten zurück zu leasen. Eine intelligente Personalstrategie sieht anders aus. Es stellt sich also die Frage, ob Personaldienstleister bei New Work schon einen Schritt weiter sind.
Vielleicht müssen Pflegekräfte dort nur 5 bis 7 Tage arbeiten, bis zum nächsten freien Tag. Vielleicht können sie ihre Einsatzplanung mitgestalten und vielleicht erhalten sie nicht erst am Ende des Monats ihren Dienstplan für den Folgemonat. Die ausgebildeten Pflegekräfte sind in Deutschland vorhanden. Wir sollten ihnen bessere Arbeitsbedingungen bieten. New Work könnte einen Beitrag dazu leisten.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen