
Die Bertelsmann Studie aus der vorletzten Woche hat eine neue Debatte über die Klinikstrukturen in Deutschland entfacht. Dabei sind sich die Fachleute seit Jahren einig, dass die Zahl der Krankenhäuser und Klinikbetten hierzulande zu hoch ist und dies zugleich zulasten der Versorgungsqualität führt. Statt einer sachlichen Diskussion, streitet man sich nun in Politik und Gesellschaft darüber, wie weit der Fahrtweg zum nächsten Krankenhaus sein darf.
Letztendlich werden wir mittelfristig nicht drum herum kommen, die Krankenhauslandschaft zu verkleinern, wenngleich die Politik mittels Überregulierung und Finanzierungsverweigerung in den Ländern bereits seit Jahren eine indirekte Klinikreduzierung betrieben hat.
Den Kliniken eine neue Erlösperspektive geben
Wir können seit Jahren ein Phänomen beobachten. Die haus- und fachärztliche ambulante Versorgung in ländlichen Regionen verschwindet zunehmend, was sich in den kommenden Jahren durch das hohe Durchschnittsalter der Ärztinnen und Ärzte noch beschleunigen wird.
Die bisherigen Maßnahmen der KVen konnten diesen Trend bislang nicht beenden - dies ist wohl auch nicht zu erwarten. Die stationäre Versorgung wird hingegen aufrecht erhalten, obwohl die Auslastung vieler Kliniken in ländlichen Gebieten auf einem niedrigen Niveau liegt. Es wäre doch naheliegend, die hohe Nachfrage im ambulanten Sektor mit der Unterauslastung der Kliniken zu kombinieren.
Schließlich werden diese Kliniken dauerhaft nur dann überleben können, wenn sie neue Erlösquellen generieren können. Derzeit können ambulante Leistungen jedoch nur eingeschränkt von Kliniken erbracht werden. Eine vollständige Öffnung der ambulanten Versorgung in unterversorgten Gebieten wäre zwingend angebracht. Dabei sollte auch die Vergütung die Bedarfe berücksichtigen, die mit einer Krankenhausinfrastruktur verbunden sind. Dafür sollten integrierte Versorgungsbudgets außerhalb der regulären KV-Budgets bereitgestellt werden.
Die Versorgung aus einer Hand anbieten
Somit könnte aus einer ehemaligen Klinik ein regionaler Versorgungs-Campus mit ambulanten und stationären Strukturen aus einer Hand entstehen. Die ungenutzten Kapazitäten der Klinik können ihren Einsatz in der ambulanten Leistungserbringung finden, wodurch die haus- und fachärztlichen Versorgungslücken zumindest teilweise verschwinden sowie eine Schließung der Klinik abgewendet werden kann. Damit wäre die Versorgungssicherheit weiterhin auch in ländlichen Regionen sichergestellt. Kliniken müssen zudem nicht durch öffentliche oder frei-gemeinnützige Träger quersubventioniert werden, sondern erhalten eine weitere Finanzierungssäule.
Mehr Ärztinnen und Ärzte wollen angestellt arbeiten
Ein weiteres Problem könnte damit auch teilweise ausgeräumt werden. Einer der Gründe, warum so viele KV-Sitze in ländlichen Regionen keinen Nachfolger finden, ist die geringe Bereitschaft der Ärztinnen und Ärzte selbst unternehmerisch tätig zu werden. Das verständliche Risiko einer eigenen Praxis, verbunden mit den Hürden der freiberuflichen Tätigkeit, schreckt gerade viele junge Medizinerinnen und Mediziner ab.
Studien belegen, dass der Nachwuchs eine Anstellung statt einer eigenen Praxis präferiert. Somit könnte das Modell der ambulanten Leistungserbringung in der Klinik, mit geregelten Arbeitszeiten tagsüber, die Attraktivität einer Anstellung auch in ländlichen Krankenhäusern enorm erhöhen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wäre obendrein ebenfalls deutlich verbessert.


Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen