
Am Kongresstag sorgte nach Prof. Dr. Stefan G. Spitzers Eröffnung Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks, Freie und Hansestadt Hamburg, für einen sehr gelungenen Auftakt der Veranstaltung, in dem sie auch mit kritischen Worten nicht sparte. Insbesondere regte sie an, nicht länger nur mit kleineren integrierten Versorgungsmodellen zwischen den Sektoren zu agieren, da dadurch nichts Grundlegendes an der sektoralen Trennung geändert werden könne. Sie schlug einen grundsätzlichen Neustart zur Überwindung der Sektorengrenzen vor.
Vorträge
Prof. Dr. Guido Noelle, gevko GmbH, setzte sich mit der Frage auseinander, wie man mit digitalen Gesundheitsanwendungen Wirksamkeit und medizinische Qualität sichern könne und betonte das zunehmende Potenzial digitaler Gesundheitsanwendungen in Bezug auf Service, Compliance, Nutzen / Qualität und Wirtschaftlichkeit von Prozessen, Diagnostik und Therapie. Ministerialdirektor Harald Kuhne, BMWi, widmete sich dem interessanten Thema, inwieweit die Digitalisierung die Herausforderungen in der Gesundheitswirtschaft lösen könne.
Er sprach sich u. a. für eine zentrale staatliche Stelle für Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft und die Schaffung einer gemeinsamen Plattform für eHealth-Strategie aus und bezeichnete die elektronische Patientenakte als einen zentralen Ankerpunkt. Dr. Eberhard Thombansen, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH, stellte ein gemeinsames Vernetzungsprojekt von AOK Nordost, SANA und VIVANTES und dessen vielfältige Vorteile für Patienten und Netzwerkpartner vor.
Ingo Kailuweit, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der KKH, sprach über Chancen und Risiken der Digitalisierung für den Datenschutz und stellte dabei kritisch fest, dass Datenschutz immer noch vor Patientenschutz stehe. Um den Nutzen für die Patienten stärker zu berücksichtigen, sollten (datenschutzrechtliche) Restriktionen dort, wo nötig, soweit wie möglich aufgelöst werden.Dr. Andreas Gassen, KBV, referierte über Perspektiven für Vertragsärzte in der sektorenübergreifenden Versorgung. „Dynamik in beide Richtungen” wünscht er sich beim Abbau von Sektorengrenzen.
Zeitnahe Weiterentwicklungen
„Es gibt mal geballte Kompetenz in den Kliniken, mal in den Praxen”, meinte Gassen. Notwendig sei der Abbau der Grenzen zwischen den Sektoren und in den Köpfen der beteiligten Leistungserbringer. Prof. Dr. Volker Ulrich, Universität Bayreuth, ging in seinem Vortrag auf den weltweiten Spitzenplatz des deutschen Gesundheitswesens ein, der aber auch durch die Probleme der Sektorentrennung und eine fehlende Vernetzung gekennzeichnet sei. Im Gesundheitswesen fehle es an notwendigen Prozessoptimierungen, auch bei der intersektoralen Leistungserbringung.
Hier müssten zeitnah Weiterentwicklungen erfolgen. Prof. Dr. Günter Neubauer, Institut für Gesundheitsökonomik München, stellte kritisch heraus, dass Deutschland stationär überversorgt und ambulant-tagesklinisch unterversorgt sei. Hier seien Einspareffekte in Milliardenhöhe erzielbar. Dafür sei eine entsprechende Veränderung des Entgeltsystems und eine Öffnung der stationären Versorgung erforderlich.
