Wo liegen die Risiken?
Eine stärkere Vernetzung der Technik führt zu mehr Komplexität. Die gegenseitigen Abhängigkeiten werden größer, weshalb Fehler im Kleinen eine viel größere Auswirkung haben können. Und weil es in unserer, der Verantwortung der Technischen Abteilung liegt, Störungen im Betrieb sofort zu beseitigen, rennen wir nicht jeder Idee sofort hinterher. Auch erlaubt das schmale Budget der Krankenhäuser keine großen Innovationen. Innovation bedeutet, auch einmal etwas auszuprobieren mit dem Risiko, zu scheitern. Dafür benötigt die Krankenhaustechnik Risikokapital, das uns nicht zur Verfügung steht. Das bremst natürlich auch die Krankenhaustechnik 4.0. Diese Veränderungen sind so massiv, dass sie viele Widerstände aufwerfen. Ohne begleitende Personal- und Organisationsentwicklung wird sich das Potenzial und die notwendige Geschwindigkeit nicht einstellen.
Bei der zu hundert Prozent zuverlässigen Stromversorgung sind die deutschen Krankenhäuser nicht gut aufgestellt. Wir arbeiten gerade in einem Projekt mit der Entscheiderfabrik an einem Leitfaden für sichere Stromversorgung und haben festgestellt, dass die Krankenhäuser nicht genug über ihre eigene IT-Stromversorgung wissen. Mit Krankenhaus 4.0 nimmt die Abhängigkeit von funktionierenden IT-Systemen zu. Mit dieser Schnittstelle zwischen IT und Technik kommt eine riesige Aufgabe auf uns zu.
Wie wird sich Krankenhaustechnik 4.0 in den nächsten Jahren entwickeln?
Kurzfristig wird die Vernetzung in allen Häusern durch einzelne Projekte zunehmen. Ich empfehle immer, diese einzelnen Projekte zu nutzen und damit auch Wirtschaftlichkeitsvorteile zu erzielen – durch Verbesserung, Digitalisierung und andere Arbeitsabläufe, sofern es gelingt, die Mitarbeiter einzubinden.
Was passiert mit Krankenhäusern, die sich solche Projekte nicht leisten können?
Kurzfristig wird sich das für diese Häuser nicht auswirken, weil der wirtschaftliche Benefit einzelner Projekte nicht so groß ist. Ich bin aber darauf gespannt, welche Auswirkung die Krankenhaustechnik 4.0 auf die Folgen des demografischen Wandels nehmen wird. Unsere Technikanalysen haben ergeben, dass die technischen Abteilungen der deutschen Krankenhäuser ein Durchschnittsalter von Ende 40 / Anfang 50 haben.
Wenn ab 2024/2025 der Pillenknick so richtig beginnt zu greifen, verlieren die Häuser viele gute, kompetente Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen. Es gibt weniger Leute, die nachkommen. Wer es geschafft hat, schon vorher seine Prozesse zu verbessern, der wird auch auf den Fachkräftemangel besser vorbereitet sein. Und nicht zu unterschätzen: Ein voll vernetztes Haus ist für junge Ingenieure attraktiver als ein benachbartes Krankenhaus, das noch mit Krankenhaustechnik 3.0 arbeitet, also unter Digitalisierung das Einscannen von Dokumenten versteht.
Im Krankenhaus 4.0 entstehen auch Daten, die Rückschlüsse auf die Arbeit der Mitarbeiter zulassen.
Ich denke, dass wir beim Thema 4.0 im Arbeitsrecht immer noch auf Grenzen stoßen. Es handelt sich um Schutzrechte, die über Generationen entstanden sind, und die zum Teil auch die Digitalisierung überstehen müssen, um die Mitarbeiter wirklich zu schützen. Manche Mitbestimmungsthemen können aber sicher „4.0-fitter“ werden. Wenn wir Prozesse transparenter machen möchten mittels Mobilität, dann kommen wir um eine Datenerhebung nicht herum. Smartphones zum Beispiel sind ein großer Nutzen dieser Mobilität, die ja auch direkt mit den tief hängenden Fürchte zusammenhängt. Im Arbeitsrecht gibt es verschiedene Stellen, die einen bestimmten Anteil des Nutzens aus der Digitalisierung hemmen. Wir müssen einfach die Prozesse besser machen. Denn der Mensch steht eben doch im Mittelpunkt der Krankenhaustechnik.





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