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IT-StrategieDigitalumbau bei laufendem Klinikbetrieb

Leistungsdokumentation als Abfallprodukt

Die Problematik entfaltet angesichts der verpflichtenden Einführung der elektronischen Patientenakte hohe Brisanz. Neu ist diese nicht: Schon mit den ersten Fallpauschalen und Sonderentgeltregelungen, die in den 1980er-Jahren tagesgleiche Pflegesätze ablösten, wurde die Leistungsdokumentation zu einem „Abfallprodukt“ der medizinischen Dokumentation. Mit Einführung des Diagnosis Related Groups (DRG)-Systems verschärfte sich das Ganze. Dokumentare haben die durchgehende (Leistungs-)Dokumentation übernommen – und lassen sich dabei naturgemäß von Abrechnungsaspekten leiten. Die notwendige Anwendung semantischer Interoperabilitätsstandards im medizinischen Umfeld geriet immer mehr ins Hintertreffen. Die einstmals definierten Prinzipien der fallbegleitenden Kodierung im Sinne medizinisch-inhaltlich relevanter Aspekte und die daraus idealerweise automatisch abzuleitende „Diagnosen- und Leistungsdokumentation“ für die Entgeltfindung wird nur unzureichend gelebt. Gleichzeitig steigt der Bedarf an medizinischer Software kontinuierlich weiter. Applikationen müssen heute mit immer spezielleren Anforderungen in die IT-Infrastruktur und das Verständnis der zugehörigen Datenmodelle integriert werden.

Interoperabilität als Voraussetzung für medizinische Forschung

Projektinitiativen wie die Medizininformatikinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) setzen erneut am Grundgedanken an, internationale semantische Standards für die Dokumentation zu nutzen. Denn um Daten für die Forschung bereitstellen zu können, ist ein barrierefreier Austausch zwischen verschiedenen Dokumentationssystemen zwingend erforderlich. Künstliche Intelligenz (KI) ist in der Lage, Daten auszuwerten – was bei fehlender semantischer Interpretierbarkeit und fehlender Zuordnung allerdings unmöglich ist. Wann und wo Daten in welchem Kontext mit welcher normierten Einheit erzeugt wurden, ist dabei von größter Bedeutung.

Es besteht also stärkstes Interesse an einer strukturierten Datenerfassung im Sinne maschinell interpretierbarer Standards, um Regeln für die Anwendbarkeit von Entscheidungsunterstützungssystemen aufzustellen wie auch den KI-Methoden qualitativ hochwertige Daten zu liefern.

Darüber hinaus wächst die Erwartungshaltung an eine barrierefreie direkte Anwendung und Verfügbarkeit einmalig erfasster Daten. Dies ist ein Anspruch an die PPS- und KAS-Systeme von morgen, die grundlegende Prinzipien der Interoperabilität zwischen Informationsmodellen erfüllen müssen. Es bedarf dafür semantischer Standards wie SNOMED (Systematized Nomenclature of Medicine) und LOINC (Logical Observation Identifiers Names and Codes) und der Datenzusammenführung über syntaktische Standards. Dazu gehören beispielsweise HL7 V2.X, HL7 oder FHIR (Fast Healthcare Interoperability Ressources). Außerdem müssen die Variationsmöglichkeiten bei der Nutzung syntaktischer Standards eingeschränkt sowie Workflows zur Anwendung der Standards und damit der prozessualen Festlegung klar beschrieben werden. Daran arbeitet das Konsortium Integrating the Healthcare Enterprise (IHE) mit anderen Standardisierungsinstitutionen, beispielsweise der HL7 Deutschland.

Die Prinzipien prozessualer, syntaktischer und semantischer Interoperabilitätsstandards sind in der International Patient Summary (IPS) vorgegeben, einer Dokumentationsvorschrift für international gültige digitale Patientenaktensysteme. Jedoch lassen die Rahmenbedingungen in Deutschland einen derartigen IT-Systemaufbau aus finanziellen oder organisatorischen Gründen häufig nicht ohne Einschränkungen zu. Eine Plattform zum Datenaustausch könnte, bis funktionale KAS-Angebote verfügbar sind, als Zwischenlösung funktionieren. Sie sorgt als sogenanntes „Vendor Neutral Archive (VNA)“ für die Integrations- und Austauschmöglichkeit der bisherigen und neuer Software-Verfahren. Gleichzeitig sinkt damit die Abhängigkeit von einem Hersteller, da die offene Struktur das System selbst und die daran anhängenden Verfahren leichter austauschbar macht. Die Plattform sorgt zudem für eine weitere Weiterleitung von Daten, beispielsweise an ein Datenintegrationszentrum (DIZ), um sie der medizinischen Forschung zur Verfügung stellen zu können.

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