
Schweizer Forscher haben einen OP-Roboter entwickelt, der Chirurgen bei laparoskopischen Eingriffen unterstützt. „Dexter“ vom Unternehmen Distalmotion – einem Spin-off des Robotiklabors der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne – ist kleiner und leichter als ein klassischer OP-Roboter und unterscheidet sich von diesen auch vieler Hinsicht.
Schneller Wechsel von der Laparoskopie zur Robotik
Das Konzept: Chirurgen sollen sich bei einem Eingriff nicht mehr zwischen Robotik und Laparoskopie entscheiden müssen. Bei Bedarf holen sie den Roboter ein- oder mehrmals während eines Eingriffs hinzu, ohne dass sie dabei den Arbeitsablauf der Operation verändern müssen. Bei der Arbeit mit einem herkömmlichen OP-Roboter sitzt der Chirurg vergleichsweise weit entfernt vom Patienten an einer Bedienkonsole in einer nicht sterilen Umgebung. Falls es erforderlich ist, dass der Arzt zur Laparoskopie wechselt und sich zu seinem Patienten an den OP-Tisch begibt, muss er sich desinfizieren und sterile Arbeitskleidung anlegen.
Das Dexter-System dagegen ist ein vollständig steriler Arbeitsplatz, bestehend aus den Roboterarmen und einer Konsole. Da es sich um eine offene Konsole handelt, kann der Chirurg mit seinen Mitarbeitern einfacher interagieren und kommunizieren als das bei einem herkömmlichen OP-Roboter der Fall ist. Dexter beansprucht eine kleinere Stellfläche, weil er nur zwei anstelle der sonst üblichen drei oder vier Roboterarme hat. Das bedeutet, dass der Assistenzchirurg mehr Platz zum Operieren hat.
Ein weiterer Unterschied zum klassischen Operationsroboter: Bei diesem System lässt sich die Position der Roboterarme während des Eingriffs schnell verändern. Der Chirurg kann den Roboter für den gesamten Eingriff oder gezielt für komplexe Arbeitsschritte einsetzen. Auch an die Ergonomie haben die Entwickler gedacht. Da die Bedienkonsole höhenverstellbar ist kann der Chirurg wahlweise im Sitzen oder Stehen arbeiten und so eine unbequeme Körperhaltung vermeiden. Der Wechsel zwischen der Roboter- und Laparoskopietechnik dauert rund 20 Sekunden.
Über 200 Eingriffe in Frankreich
Der weltweit erste Einsatz von Dexter fand 2021 in der Allgemeinchirurgie am Universitätsspital Lausanne statt, wo ein kolorektaler Eingriff durchgeführt wurde. In Bern erfolgte der erste Einsatz in der Urologie. In einem Fall wurde einem Krebspatienten die gesamte Prostata (radikale Prostatektomie), in einem anderen ein Teil der Prostata (Millin-Prostasektomie) entfernt. Im Krankenhaus Saintes in Frankreich läuft das System seit April 2022 im Routinebetrieb. Innerhalb eines Jahres wurden dort über 200 Eingriffe mit Dexter durchgeführt. Ebenfalls 2022 hat die Abteilung für Frauenheilkunde und Gynäkologie des Universitätsklinikums Tübingen das chirurgische Robotersystem in Betrieb genommen. Seit dem Frühjahr setzen auch Chirurginnen und Chirurgen der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums Bonn Dexter ein.
Über Dexter
Der Name Dexter leitet sich vom englischen Begriff Dexterity – zu deutsch Geschicklichkeit – ab. Distal abwinkelbare Instrumente und eine Beweglichkeit in sieben Freiheitsgraden sollen dem Roboter feine Bewegungen ermöglichen. Das System ist als offene Plattform konzipiert, weshalb der Chirurg seine Instrumente frei Auswählen kann. Die Instrumente selbst sind für den Einmalgebrauch ausgelegt und nicht für eine Wiederaufarbeitung vorgesehen. Dexter soll den Herstellerangaben zufolge kompatibel zu allen 10-mm-Laparoskopen sein, und der Chirurg soll auch sein gewohntes Bildgebungssystem verwenden können.
Dexter lässt sich mit Sterilabdeckungen versehen und einfach von OP-Saal zu OP-Saal transportieren. Es ist für verschiedene minimal-invasive Operationen in der Allgemeinchirurgie, Gastrointestinalchirurgie, Gynäkologie und Urologie ausgelegt. An der Entwicklung des Systems waren nach Herstellerangaben über 50 Chirurgenteams beteiligt.





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