US-Anbieter Epic gewinnt KIS-Ausschreibung der Charité

Rund zwei Jahre wurde mit mehreren Anbietern um ein neues KIS verhandelt. Nun erteilt die Berliner Charité dem US-Hersteller Epic den Zuschlag. Man habe sich für den internationalen Marktführer entschieden, heißt es. Die Finanzierung ist noch offen.

Charité – Universitätsmedizin Berlin — Historische Gebäude der Charité mit dem modernen Bettenhochhaus im Hintergrund.

Im Vergabeverfahren für ein neues Krankenhausinformationsystem (KIS) hat sich die Berliner Universitätsmedizin für den US-Anbieter Epic entschieden. Das teilte die Charité in einer schriftlichen Mitteilung mit. Mit der Wahl des internationalen Branchenführers habe sich das Haus dafür entschieden, einen weltweiten Standard nach Berlin zu holen. „Wir setzen hiermit auf einen verlässlichen Partner, der sehr viel Erfahrung mit der Einrichtung des Systems hat, insbesondere in großen Krankenhäusern und Universitätskliniken. Unsere oberste Priorität ist eine stabile und sichere digitale Infrastruktur, so dass die Versorgung der Menschen, die uns jeden Tag ihre Gesundheit anvertrauen, gewährleistet ist“, so Prof. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité.

Charité wegen IS-H-Abkündigung unter Druck

Die mit der Entscheidung für Epic Systems abgeschlossene Ausschreibung wurde aufgrund der Ankündigung von SAP notwendig, die wichtige Software-Branchenlösung IS-H nicht mehr weiterzuentwickeln und zu aktualisieren. Der Support dafür läuft 2027 aus, bis Ende 2029 gibt es Support nur zu erhöhten Servicekosten.

SAP setzt nun auf eine Nachfolgelösung, wodurch viele Kliniken in die Bredouille gerieten, die IS-H und die Oracle-Cerner-Lösung i.s.h.med gemeinsam einsetzen. Auch das inzwischen arg in die Jahre gekommene KIS basiert auf dem alten SAP-Standard.

Es wird noch ein wenig dauern, bis das neue KIS implementiert ist. Unser Ziel ist, dass das System bis Ende 2029 überall in der Charité eingerichtet ist.

Epic soll bis zum Ende das Jahrzehnts zum Einsatz kommen. „Es wird noch ein wenig dauern, bis das neue KIS implementiert ist. Unser Ziel ist, dass das System bis Ende 2029 überall in der Charité eingerichtet ist. Wir werden von der breiten Erfahrung von Epic profitieren und in den nächsten Jahren ein auf die Charité zugeschnittenes System aufbauen“, erläutert Prof. Martin E. Kreis, Vorstand Krankenversorgung.

Nach Angaben von Europas größtem Uniklinikum sind rund 200 Millionen Euro als finanzieller Rahmen avisiert. In der Summe seien neben den Kosten für Epic Systems unter anderem notwendige Investitionen in die IT-Infrastruktur sowie Kosten für Implementierungsunterstützung enthalten.

Kroemer lehnt Kreditfinanzierung ab

Noch völlig unklar ist die Finanzierung. Der Vorstand der Charité stehe dazu in engen Gesprächen mit dem Berliner Senat, heißt es dazu etwas lapidar in der Pressemitteilung. Dass die Charité ein KIS ausschreibt und das Vergabeverfahren abschließt, ohne zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung eine gesicherte Finanzierung zu haben, verwundert so manchen in der Branche.

Derzeit werden verschiedene Optionen ventiliert, eine davon ist die Idee der Berliner Landespolitik, die Charité könnte das Epic-KIS mit eigenen Krediten finanzieren, für die das Land bürgt. In zuständigen Parlamentsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hatte Vorstandschef Krömer jedoch vor kurzem klargestellt, dass eine Kreditfinanzierung des neues KIS für die Charité nicht leistbar sei.

Für weiteren Diskussionen dürfte die Frage des Datenschutzes nach der Entscheidung für den US-Anbieter spielen. Das Uniklinikum ist sich der heiklen Dimension dieser Frage bewusst und verweist darauf, dass der Datenstandort des neuen KIS Deutschland oder das europäische Ausland sein werde. Alle gesetzlichen Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung würden gewährleistet, die Zusammenarbeit werde auf deutscher und europäischer Rechtsbasis begründet.