Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG
Georg Thieme Verlag KGGeorg Thieme Verlag KG

TarifverhandlungenAnnäherung bei Charité, Verhärtung bei Vivantes

In den Verhandlungen des Berliner Tarifstreits gibt es ein unterschiedliches Tempo. Bei den Gesprächen zwischen Verdi und Vivantes knirscht es, mit der Charité läuft es runder.

Gesprächsrunde mit sechs Personen an einem hölzernen Tisch
alotofpeople/stock.adobe.com
Symbolfoto

Im Tarifstreit der Gewerkschaft Verdi mit den landeseigenen Klinikkonzernen Charité und Vivantes zeichnen sich unterschiedliche Fortschritte ab. Die Verhandlungen an der Charité verliefen am Wochenende (18.-19. September 2021) nach Angaben beider Seiten gut und konstruktiv. Am 21. September 2021 solle es ein Angebot geben, sagte Verdi-Sprecherin Meike Jäger am 19. September 2021. Führe das alles weiter zu guten Ergebnissen, sei die Gewerkschaft bereit, den Streik an der Charité auszusetzen.

Vivantes möchte Durchbruch erzielen

In einer neuen Initiative erklärt Vivantes sich bereit, statt in Experten-Gespräche direkt in konkrete Verhandlungen einzusteigen. Die Geschäftsführung biete Verdi an, im Zeitfenster von Dienstag (21.09.2021) morgens bis Donnerstagabend (23.09.2021) in intensiven Verhandlungen ein Eckpunktepapier zu erarbeiten, um Belastungen in der Pflege zu vermeiden. Vivantes sei bereit, innerhalb dieser Frist trotz des Streiks alle verfügbaren Ressourcen auf das Thema „Pflege“ zu fokussieren, um möglichst noch in dieser Woche den entscheidenden Durchbruch zu erzielen.

Dorothea Schmidt, Vivantes-Geschäftsführerin Personal: „Wir wollen damit das klare Signal setzen: Wir sind verhandlungsbereit, um aufbauend auf den bereits diskutierten Modellvorschlägen mit ver.di ein konkretes Eckpunktepapier zu entwickeln, wie wir die Arbeitsbedingungen verbessern, Belastung vermeiden und die Ausbildung fördern können. Wir strecken – auch im Streik – die Hand aus, um ver.di zurück an den Verhandlungstisch zu holen und Lösungen für die Pflege zu erarbeiten. Es kann nicht im Sinne von ver.di sein, an einem kommunalen Krankenhausunternehmen ein Exempel für einen bundesweit bestehenden Fachkräftemangel zu statuieren. Parallel gilt natürlich weiterhin: Wir haben kein Einstellungslimit in der Pflege und sind bereit, sofort 700 Pflegekräfte einzustellen.“

Vivantes hatte Verdi bereits am 6. September 2021 ein vollkommen neues Modell zur Vermeidung von Belastung in der Pflege vorgelegt. Kernelement ist, dass ein fester Personalschlüssel vereinbart wird und nicht mehr Behandlungen durchgeführt werden als mit dem vorhandenen Personal möglich sind.

Keine Annäherung bei Tochtergesellschaften

Zwischen den Tochtergesellschaften von Vivantes und Verdi ist es am 18. September 2021 dagegen zu keinerlei Annäherung gekommen. Die Gespräche sollen in dieser Woche fortgesetzt werden, allerdings werde der Streik parallel dazu ab Montag (dem 20. September 2021) wieder aufgenommen, sagte Verdi-Sprecher Ivo Garbe. Für das Wochenende war der Ausstand nur bei den Vivantes-Töchtern, zu denen unter anderem medizinische Versorgungszentren, Wäscherei und Speiseversorgung gehören, ausgesetzt worden. Am Mutterkonzern lief er weiter.

Bei den Konzern-Töchtern von Vivantes möchte Verdi eine Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) erreichen. Noch liegen die Entgelte darunter. Nach sieben Monaten habe der Konzern kein konkretes Angebot dazu vorgelegt, auch nicht für einen Stufenplan, sagte Garbe. Vivantes wiederum sprach am Wochenende von einem verbesserten Tarifangebot. Es enthalte wesentliche Aspekte des Modells, das für die Charité-Tochter CFM früher in einer Schlichtung erzielt worden sei. Ein Bestandteil sei auch eine Perspektive zur Tarifangleichung, hieß es.

Die Arbeitgeberseite appellierte am Wochenende an Verdi, auch für die Vivantes-Töchter eine Schlichtung zu ermöglichen. Die Verhandlungen beträfen rund 1250 Beschäftigte. Die Mehrkosten für die Einführung des TVöD in den Tochtergesellschaften liege bei dauerhaft 35 Millionen Euro pro Jahr. Verdi lehne eine Schlichtung zum jetzigen Zeitpunkt ab, sagte Garbe.

Vivantes hatte Verdi für heute, 20. September, weitere Tarifverhandlungen angeboten, trotz der von Verdi angekündigten Fortsetzung des Streiks. Leider konnte auch in dieser Verhandlungsrunde keine Annäherung erreicht werden, obwohl Vivantes während der Verhandlungen weitere Zugeständnisse zu Zuschlägen gemacht hatte. Vivantes hatte zuletzt ein umfassendes Tarifangebot vorgelegt. Dieses enthält wesentliche Aspekte des vor kurzem von ver.di im Rahmen einer Schlichtung vereinbarten Modells für die Charité Tochter Facility Management, CFM. Das Angebot setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, um die Arbeitsbedingungen in den Tochtergesellschaften attraktiver und einheitlicher zu gestalten. Wesentlicher Bestandteil ist eine Perspektive zur Angleichung an das TVöD-Niveau.

Dorothea Schmidt, Vivantes-Geschäftsführerin Personal: „Wir bedauern sehr, dass es trotz unseres weitreichenden Angebots und intensiver Verhandlungen am vergangenen Samstag und heute nicht möglich war, eine Annäherung zu erreichen. Ergebnisse werden in Verhandlungen durch Kompromisse erzielt. Vivantes ist ver.di weit entgegengekommen, während ver.di nur die vollständige Erfüllung der Maximalforderungen akzeptieren will. Es ist die Gewerkschaft, die sich keinen Millimeter bewegt. Proklamierte Verhandlungsbereitschaft ohne Kompromissbereitschaft hilft leider wenig. Wir sehen daher in einer Schlichtung den einzigen Ausweg, um hier zu einer Lösung zu kommen.“

Vivantes befindet sich seit Februar 2021 in Tarifverhandlungen mit Verdi für die Vivantes-Tochterunternehmen MVZ GmbH, VivaClean Nord und Süd GmbH, Vivantes Service GmbH, Speiseversorgung und -logistik GmbH und Rehabilitation GmbH. Die Verhandlungen betreffen rund 1250 Beschäftigte. Die Mehrkosten für die Einführung des TVöD in den Tochtergesellschaften liegen bei dauerhaft 35 Millionen Euro pro Jahr. Derzeit werden Mitarbeitende in den Töchtern entsprechend den gewerkschaftlich ausgehandelten Branchentarifen oder nach gesellschaftseigenen Regelungen zu den Arbeits- und Vergütungsbedingungen bezahlt.

Für die Vivantes-Mutterhäuser gab es am Wochenende keine Sondierungen. Gespräche sind für kommenden Dienstag und Donnerstag für einige Stunden anberaumt. „Setzt sich dieses Zeitspiel fort, lässt sich der Konflikt bei Vivantes nicht wie von uns vorgeschlagen entschärfen", sagte Jäger. Deshalb sei auch der Senat gefordert, sich für eine Deeskalation einzusetzen.

Vivantes-Vorstand appelliert an Senat

Laut Tagesspiegel hat der Vivantes-Vorstand nun auch einen dringenden Appell an den Senat gerichtet. In einem vertraulichen Brief fordere der Vorstand eine „sichere Zusage der dringend benötigten Investitionsmittel“ um Vivantes „mittelfristig wieder wirtschaftlich aufstellen zu können und Defizite für das Land zu vermeiden“.

Krankenhausmitarbeiter sind in allen landeseigenen Häusern am 7. September 2021 in einem unbefristeten Streik getreten. Sie setzen sich für einen Entlastungstarifvertrag mit festgeschriebenen besseren Arbeitsbedingungen ein. Unter anderem soll das die Personaldichte auf den Stationen erhöhen. Die Charité ist Deutschlands größte Uniklinik. Dort wurden wegen des Streiks unter anderem planbare Operationen verschoben. Eine Notfallversorgung ist gesichert. Auch bei Vivantes ist der Streik spürbar, zahlreiche Betten können nicht belegt werden.

Sortierung
  • Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!

    Jetzt einloggen