
Der Plan für die Mindener Mühlenkreiskliniken (MKK) steht bereits seit vielen Monaten: Zwei Neubauten sollen die sanierungsbedürftige Bausubstanz ersetzen und den Medizinbetrieb der kleineren und unwirtschaftlichen Häuser aufnehmen. Dadurch soll die gesamte Klinikgruppe langfristig Kosten sparen und effizienter arbeiten können.
Doch das Jahr 2023 brachte vor allem eines: viele Wiederholungen. Einen Schritt nach vorne, drei wieder zurück. Ein Genehmigungsmarathon in Trippelschritten, Gutachten in Serie, einen Klinikchef, der aus dem Erklären von Bauzielen- und Effekten gar nicht mehr herauskommt.
Lehrbeispiel für mühsame Modernisierung
Zum öffentlichen Streit um hohe Entstehungskosten gesellen sich nun auch noch Inflation und Wirtschaftsflaute. Das Ringen der Mühlenkreiskliniken um eine wirtschaftliche Zukunft wird zum Lehrbeispiel für die mühsame Modernisierung des deutschen Krankenhaussektors.
Dabei schien im vergangenen Jahr noch alles gut zu sein, auch wenn veranschlagte Bauaufwendungen in Höhe von 528 Millionen Euro Bürgermeistern und Landräten den Schweiß auf die Stirn trieben. Das Land stellte eine Förderung von 178 Millionen Euro aus dem Bundes-Strukturfonds in Aussicht. Die MKK sollten einen Anteil von 70 Millionen Euro aus eigener Kraft beisteuern. Den hielt Vorstandschef Dr. Olaf Bornemeier zunächst für schaffbar. Vor allem vor dem Hintergrund einer verbesserten Wirtschaftlichkeit als Resultat moderner baulicher Strukturen und dadurch ermöglichter Prozessverbesserungen.
Der Kreistag hat mit deutlicher Mehrheit für die Fortführung des Projekts gestimmt.
Rund 280 Millionen Euro sollte nach ursprünglicher Rechnung der Kreis stemmen. Der Streit um die Finanzierung geriet, wie beinahe immer, wenn es um Krankenhäuser geht, zum hochemotionalen Rhetorik-Schlagabtausch. Eine Bürgerinitiative stellte sich quer. Formal ging es um die hohen Baukosten, tatsächlich vermutlich nicht weniger um den Erhalt der alten, vielen liebgewonnen Standortstruktur: „Es gibt Gespräche mit vielen gesellschaftlichen Vertretern auf unterschiedlichen Ebenen – auch mit der Bürgerinitiative“, sagt Julia Städter, die Abteilungsleiterin Unternehmensentwicklung und Projektmanagement. Eine Einigung sei nicht in Sicht, bedauert sie. Immerhin habe der Kreistag aber mit sehr deutlicher Mehrheit für die Fortführung des Projekts gestimmt.
Das Johannes Wesling Klinikum Minden, das Krankenhaus Rahden, das Krankenhaus Lübbecke und das Krankenhaus Bad Oeynhausen bilden die Mühlenkreiskliniken. Als 100-prozentige Tochtergesellschaft gehört außerdem die Auguste-Viktoria-Klinik Bad Oeynhausen GmbH zum Verbund. Der kommunale Träger betreibt auch das Medizinische Zentrum für Seelische Gesundheit, das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) und die Akademie für Gesundheitsberufe.
Sanierung oder Neubau
Der 2006 aus Fusionen hervorgegangene Klinikkonzern MKK mit ursprünglich fünf Standorten versorgt mehr als 300 000 Bewohner des Kreises Minden-Lübbecke im Nordosten Nordrhein-Westfalens, im Norden des Regierungsbezirks Detmold und der Region Ostwestfalen-Lippe. Kern des Konzepts, mit dem sich die Mühlenkreiskliniken zukunftsfest machen wollen, ist eine Zusammenfassung der sanierungsbedürftigen Krankenhäuser in Bad Oeynhausen und in Lübbecke an einem neuen Standort, der für alle von einer Verlegung betroffenen Anwohner gut zu erreichen wäre.
Lange wurde darüber gestritten, ob stattdessen auch eine Renovierung sinnvoll sei. Ein renommiertes Architektenbüro kam zu dem Ergebnis, dass eine Sanierung im Bestand grundsätzlich möglich sei. Deutliche Einsparungen hätte der Verzicht auf einen Neubau nach Berechnungen der Gutachter allerdings nicht gebracht. Gleichzeitig, argumentierten sie, würde eine Sanierung im laufenden Betrieb lange dauern – mindestens bis ins Jahr 2034. Patienten und Mitarbeiter wären über Jahre beeinträchtigt von Lärm und Dreck. „Ein Neubau hat zudem den Vorteil, dass man völlig frei planen kann und nicht auf alte Grundstrukturen Rücksicht nehmen muss“, sagt Städter.

Ein Neubau hat den Vorteil, dass man völlig frei planen kann.
Aus Sicht von Vorstandschef Bornemeier, lösen Schönheitsreparaturen ohnehin nicht das eigentliche Problem, nämlich die Defizite in der Gebäudestruktur: Zu wenig Platz auf den Stationen, Notaufnahme, Intensivstation, Kreißsaal, OP und Diagnostikzentrum genügen den Anforderungen moderner medizinischer Abläufe nicht mehr.
Der öffentliche Eigentümer hat lange gerungen. Immer ging es dabei auch darum, keinen Landstrich besser zu stellen, niemanden zu benachteiligen. Mehr als 20 Kilometer solle niemand zu einem der künftig zusammengelegten Standorte unterwegs sein müssen, versprachen Politiker und Krankenhausplaner. Doch während Gutachter rechneten, Bürger protestierten, Lokalpolitiker berieten und das Land auf Präzisierungen beharrte, verschlechterten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Krieg brach aus in der Ukraine, Energiekosten gingen durch die Decke. Krankenhäuser im ganzen Land ächzen unter gestiegenen Material- und Lohnkosten.
Finanzieller Ausgleich nicht ohne Gegenleistung
Das zu Ende gehende Wirtschaftsjahr bringt den Mühlenkreiskliniken voraussichtlich einen fetten Fehlbetrag von bis zu 26,1 Millionen Euro. Der Kreis will die drohende Millionen-Lücke ausgleichen, aber nicht ohne Gegenleistung. Der Vorsitzende des MKK-Verwaltungsrates und Landrat, Ali Doğan, spricht öffentlich von „schmerzhaften Konsolidierungsmaßnahmen“. Dennoch schlug die Kreisverwaltung dem Kreistag vor, ein mögliches Defizit im Jahr 2023 auszugleichen. Aber auch die Mühlenkreiskliniken würden ihren Beitrag für eine Konsolidierung schultern müssen“, erklärt Dogan in den lokalen Medien.
Das Projekt habe durch externe Faktoren, unter anderem durch den Ukraine-Krieg und die Energiekrise, angepasst werden müssen, räumt MKK-Managerin Städter ein. Auch die Hinweise aus der angekündigten Krankenhausreform des Bundes habe man einarbeiten müssen. Noch einmal wurden sehr viele Szenarien unter den neuen Bedingungen durchgespielt.
Aus fünf mach drei
Ende November stellte Bornemeier auf einer Sondersitzung des Kreisstages ein neues, abgespecktes „Zielkonzept“ vor. Man habe die bisherigen Planungen verfeinert, sagt Städter: Die Kernidee sei erhalten geblieben: aus fünf Krankenhausstandorten sollen durch Konzentration und Spezialisierung drei werden. Im Lübbecker Land soll es in der Kleinstadt Espelkamp einen Neubau und in Bad Oeynhausen an der orthopädischen Fachklinik einen Teilanbau für einen somatischen Grundversorger geben. Das neue Zielkonzept sei mit sehr breiter Mehrheit aus allen demokratischen Fraktionen beschlossen worden.
Immerhin reduzieren die kommunalen Eigentümer auch die ursprünglich geforderte Eigenbeteiligung. „Der geplante Eigenanteil für die Umsetzung der Baupläne wurde seinerzeit von den Mühlenkreiskliniken unter verschiedenen Prämissen gestellt“, sagt Städter. Die derzeitige wirtschaftliche Lage lasse eine solche Eigenleistung nicht mehr zu. Der Eigentümer habe daher die Last auf 20 Millionen Euro reduziert. „Diese Summe ergibt sich durch das Ansparen der Baupauschale des Landes NRW“.
Die definitive Zusage über die beantragte Landesförderung steht indes immer noch aus: Um diese Gelder zu erhalten, müssen die Mühlenkreiskliniken einen aktualisierten Förderantrag stellen. Die Landesregierung hatte eine Überarbeitung verlangt. Das Management sollte vor allem die entstehenden Konzentrationseffekte besser herausarbeiten. Nur die könnten schließlich gefördert werden, hieß es im vergangenen Sommer. Für den aktualisierten Antrag habe der Kreistag hat mit seinem Beschluss von Ende November nun den Weg geebnet, betont Städter.
Starke Jahre geben Luft
Immerhin haben sich die MKK in den vergangenen Jahren vor dem Einbruch in 2023 wirtschaftlich gut geschlagen. In den vergangenen zwölf Jahren standen durchweg positive Jahresergebnisse zu Buche. Vergleichsweise gut sei man vor allem auch durch die schwierigen Pandemiejahre gekommen, betont Unternehmenschef Bornemeier. Seinerzeit habe das Haus vor allem von einer modernen Laborausstattung profitiert: Die Mühlenkreiskliniken verfügten im Verbund über hochautomatisierte Labore und Testzentren und versorgten über Monate die ganze Region.
Die lange Strecke an positiven Ergebnissen verschaffe nun etwas Spielraum, sagt Landrat Doğan. Er wolle Handlungssicherheit schaffen. Viele Rahmenbedingungen seien allerdings weiter unklar, schimpft er. Etwa die Wirkungen der vom Bundesgesundheitsministerium angekündigten finanziellen Unterstützungen einzelner Bereiche wie der Kindermedizin: „Planungssicherheit sieht anders aus“, findet der Landrat.
Damit die Dinge vorangehen, wurde von der Konkurrenz ein Projektleiter angeworben, der sich auf die Bau-Mammutraufgabe konzentrieren und ein eigenes Team zusammenstellen soll. Der in baulichen Themen erfahrene Lars Matthiesen werde vom Klinikum Bielefeld nach Minden wechseln, verkündeten die MKK. Der 55-Jährige habe mehr als 15 Jahre Erfahrung als Technischer Leiter von Krankenhäusern und zudem bereits einige große Neubauprojekte gemanagt.
Alles in allem gehen wir von einer Investitionssumme in Höhe von 356,5 Millionen Euro aus.
„Das neue Zielbild ist dem alten sehr ähnlich“, betont Unternehmensentwicklerin Städter. Doch in ihren Planungen mussten die Mindener noch stärker als zunächst geplant medizinische Leistungen konzentrieren und den Fokus auf die Spezialisierung legen, erklärt sie. Die Neubauten, sagt sie, werden etwas kleiner ausfallen, was die Sache billiger macht: „Alles in allem gehen wir nun von einer Investitionssumme in Höhe von 356,5 Millionen Euro aus.
Im kommenden Jahr werde außerdem der aktualisierte Förderantrag beim Land eingereicht werden, versichert sie: Das werde sehr schnell passieren. Das neue Projektteam soll dann die Bauplanungen forcieren und die Planungsarbeiten fertigstellen. Dennoch, befürchtet Städter, sei der Zeitplan auch vor dem Hintergrund der Förderbedingungen sehr ehrgeizig.








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