
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte Ende März Anklage gegen neun Personen erhoben – unter ihnen ist auch der Ärztliche Direktor und Vorstandsmitglied des Frankfurter Universitätsklinikums Prof. Jürgen Graf. Dieser arbeitete von 2014 bis 2016 in gleicher Position am Klinikum Stuttgart, deren International Unit seit 2018 nach Misswirtschafts-Vorwürfen durchleuchtet wird.
Sowohl die Deutsche Presse-Agentur (dpa) als auch die Hessenschau berichten nach Akteneinsicht, dass den Angeklagten Betrug, Untreue und teilweise auch Bestechlichkeit und Bestechung ausländischer Amtsträger zur Last gelegt wird. Das Landgericht Stuttgart muss im nächsten Zug über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden, wie ein Gerichtssprecher am 11. Mai sagte. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Hintergrund
Nach jahrelangen defizitären Bilanzen gründete die Universitätsklinik Stuttgart 2005 die International Unit. Ab 2008 wurde diese als sogenanntes Profitcenter geführt. Durch die Behandlung von Opfern des libyschen Bürgerkriegs in Deutschland sollte über die libysche Regierung Geld in die Stuttgarter Kassen gespült werden. Allerdings sollen von den 18 Millionen Euro Vorkasse durch den libyschen Kostenträger erhebliche Mittel zweckentfremdet worden sein. Eine Controllerin der Botschaft entdeckte das mutmaßlich illegale Vorgehen und erstattete Anzeige.
In dem anderen Fall geht es um angebliche Schmiergeldzahlungen bei einem Beratungsprojekt für eine Klinik in Kuwait. Das Projektvolumen wurde mit 46 Millionen Euro angegeben. Hierbei sollen 7,8 Millionen Euro Bestechungsgelder an Amtsträger in Kuwait gezahlt worden sein. Der Leiter der Auslandsabteilung – Prof. Jürgen Graf – soll außerdem Scheinrechnungen abgezeichnet und dafür Bestechungsgelder kassiert haben.
In einem ersten Prozess im Zuge des Stuttgarter Klinikskandals waren drei externe Dienstleister zu Geldauflagen und Haftstrafen verurteilt worden. Laut Staatsanwaltschaft soll dem Klinikum Stuttgart selbst durch die Bezahlung der Dienstleistungen von Dritten ein Schaden in Höhe von gut elf Millionen Euro entstanden sein.
Anwalt weist Vorwürfe zurück
Die Vorwürfe gegen Prof. Jürgen Graf sind laut seinem Anwalt unzutreffend und auch das Frankfurter Klinikum hält nach einer dpa vorliegenden Stellungnahme an ihrem Ärztlichen Direktor fest. Graf sei erst sehr viel später in Stuttgart angestellt worden, er sei nicht an der Errichtung der International Unit beteiligt gewesen. Auch die Verträge in den Komplexen Libyen und Kuwait seien „im Wesentlichen ohne seinen Einfluss abgeschlossen worden“. Insofern seien die Anklagevorwürfe unzutreffend.
Personalausschuss und Aufsichtsrat des Frankfurter Universitätsklinikums haben am 26. April über den Fall beraten. Dabei wurde auch ein anwaltliches Gutachten herangezogen. „Für den Aufsichtsrat ist wichtig, dass die notwendige Handlungsfähigkeit des Universitätsklinikums in der derzeitigen herausfordernden Situation der deutschen Krankenhauslandschaft sicher gestellt wird“, so der Aufsichtsrat in seinem Statement. Außerdem würdigte der Aufsichtsrat die Verdienste Grafs „für das Universitätsklinikum Frankfurt und die hessische Krankenhauslandschaft in Corona-Zeiten“ und beschloss, „nach jetziger Informations- und Sachlage am Beschäftigungsverhältnis von Herrn Prof. Graf festzuhalten“.





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