
Niedersachsens Krankenhäuser plagen große wirtschaftliche Sorgen – mit negativen Folgen für die Patienten. Wie eine Befragung der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) zeigt, sieht mehr als jede zweite Klinik (56 Prozent) ihre wirtschaftliche Existenz bis zum Wirksamwerden der geplanten bundesweiten Krankenhausreform, voraussichtlich 2027, als gefährdet an.
71 Prozent der Krankenhäuser sind in den vergangenen Jahren nicht in der Lage gewesen, ausreichende Rücklagen zu bilden.
Jedes vierte Krankenhaus (25 Prozent) plant aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage demnach bereits, Leistungen zu reduzieren beziehungsweise das Versorgungsangebot einzuschränken. 88 Prozent der befragten Krankenhäuser gaben zudem an, dass sie nicht in der Lage seien, die aktuellen Kostensteigerungen auf Dauer aus den regelhaften Erlösen aus der Patientenbehandlung zu finanzieren. Ein Großteil der Kliniken ist bereits kurzfristig auf Unterstützung angewiesen. 71 Prozent der Krankenhäuser seien in den vergangenen Jahren nicht in der Lage gewesen, ausreichende Rücklagen zu bilden, um aktuelle Kostensteigerungen finanzieren zu können.
Wann wird endlich gegengesteuert?
Nur noch jede zehnte Klinik in Niedersachsen erwartet laut NKG-Indikator ein positives Jahresergebnis 2024. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Niedersachsen sei „dramatisch und verschärft sich infolge fehlender Stabilisierungsmaßnahmen der Politik zusehends.“ NKG-Vorstandschef Rainer Rempesagte zur Veröffentlichung des Stimmungsbildes: „Neun von zehn Kliniken in Niedersachsen sind perspektivisch in ihrer Existenz bedroht. Das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine geordnete Reform. Die Krankenhausgesellschaft fordert die Bundes- und Landespolitik daher dazu auf, unverzüglich Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser umzusetzen. Dazu zähle insbesondere ein Inflationsausgleich für die Jahre 2022 bis 2024 sowie eine Überbrückungsfinanzierung bis 2027. Kommen diese Maßnahmen nicht, drohe die aus Sicht der Krankenhäuser notwendige Reform bereits vor ihrem Start zu scheitern, die Versorgung würde massiv gefährdet.
Neun von zehn Kliniken sind perspektivisch in ihrer Existenz bedroht. Das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine geordnete Reform.
Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) hatte die umstrittene Krankenhausreform gestern im Landtag als „unbedingt notwendig“ bezeichnet. Das Abstimmungsverhalten Niedersachsens Ende November im Bundesrat ist aber weiter offen. Philippi hatte gefordert, dass der Bund bis 2027 insgesamt sechs Milliarden Euro an die Länder verteilt, um Krankenhäuser, die in eine Schieflage geraten sind, zu stützen und den Übergang in die reformierte Krankenhauslandschaft zu begleiten. Darüber hinaus müsse die Reform deutliche Vorteile für Niedersachsen zeigen.
Bessere Behandlungsqualität durch Reform? Nicht alle glauben daran
Inhaltlich sind die Kliniken in Niedersachsen gespalten, was die Reformpläne betrifft. Die Einführung von bundeseinheitlichen Leistungsgruppen etwa bewertet jeweils rund ein Drittel der Krankenhäuser positiv, neutral und negativ. Etwas besser schneiden die geplante stärkere Konzentration von Krankenhäusern beziehungsweise Standorten und die leistungsunabhängige Vorhaltefinanzierung ab. Fast jedes zweite Krankenhaus findet die Konzentrierung (45 Prozent) und die Vorhaltefinanzierung (41 Prozent) richtig. Beide Vorhaben haben im Vergleich zum Vorjahr aber an Zustimmung verloren.
In Summe fällt das Fazit der Krankenhäuser aus Patientensicht skeptisch aus: Nur 17 Prozent erwarten, dass die Behandlungsqualität durch die Reform besser wird, 48 Prozent gaben an, das treffe nicht zu.
Das Vertrauen der Krankenhäuser in die Reformversprechen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach schwindet. Die Krankenhäuser sind zunehmend skeptischer. Ob eine bessere Behandlungsqualität für die Patienten, leichtere Personalgewinnung, weniger wirtschaftlicher Druck, die Existenzsicherung von Kliniken durch die neue Vorhaltevergütung oder aber der Abbau von Bürokratie – überall Fehlanzeige, lautet das harte Urteil der NKG. Das Gesetz müsse inhaltlich nachgebessert werden, schlussfolgert sie.
Im Rahmen vom NKG-Indikator wurden von September bis Oktober die Krankenhäuser in Niedersachsen zu ihren Erwartungen hinsichtlich der geplanten Krankenhausreform befragt. 113 der 163 zugelassenen Krankenhäuser in Niedersachsen nahmen teil. Der Bundesrat stimmt am 22. November über das Gesetzesvorhaben ab. Die NKG positioniert sich klar: „Wir erwarten, dass Niedersachsen im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmt und sich für Verbesserungen einsetzt“, unterstreicht Helge Engelke, Verbandsdirektor der NKG.






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