
Die strategische Partnerschaft begann im Mai 2023, als eine Delegation des UKSH eine Studienreise nach Israel unternommen hatte, um das Sourasky Medical Center besser kennenzulernen. Auch einige Innovationen wurden vor Ort in Augenschein genommen. Beide Partner entschlossen sich, ihre Expertisen zu vereinen. Die Kooperation verspricht zahlreiche Vorteile für beide Seiten – und für die Patienten – und ist ein wichtiger Schritt in Richtung sichere und effiziente digitale Gesundheitsversorgung.
Command and Control Center als Vorbild
„Bei dem Besuch in Tel Aviv haben wir uns beispielsweise das Command and Control Center angeschaut und gesehen, wie eine solche Plattform aussehen kann, auf der Echtzeitdaten verarbeitet und Prozesse optimiert werden“, erklärt Rudolf Dück, Chief Information Officer (CIO) des UKSH. Auch ein Besuch der unterirdischen Krankenhausversorgungsanlage stand auf dem Programm der Delegation. „Die Gruppe, die sich diesen Bereich angesehen hat, war ebenfalls beeindruckt davon, wie man am Sourasky Medical Center mit dem Thema Gesundheitsversorgung in Kriegs- und Krisenzeiten umgeht und welche strukturellen Voraussetzungen und Notwendigkeiten hier in Betrieb genommen wurden“, fügt der CIO hinzu. Anfang 2023 zeichnete sich der Krieg jedoch noch nicht ab. Dennoch wurde dieses Szenario bereits bei der Weiterentwicklung des zweitgrößten Krankenhauses in Israel mitgedacht.
Kurz und knapp – worum es in der Kooperation geht
Dank der Kooperation beider Kliniken („Memorandum of Understanding“) können Forschungsprojekte angestoßen, Austauschmöglichkeiten für Mitarbeitende geschaffen und eine gemeinsame Plattform zur Datenanalyse eingerichtet werden. Außerdem lernen beide Kliniken beim Thema Digitalisierung voneinander, um so Gesundheitsversorgung und Wissenschaft in Schleswig-Holstein und Tel Aviv zu fördern.
Die Partnerschaft geht auf eine Initiative des German Israeli Health Forums for Artificial Intelligence (GIHF-AI) zurück. Dieses Forum bringt Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Medizin, Industrie, Forschung und Politik zusammen, die sich für eine moderne, innovative und patientenorientierte Gesundheitsversorgung engagieren.
Dieser Besuch war die Initialzündung für die Kooperation, die sich dann zwei Monate später, im Juli 2023, manifestierte. Prof. Ronni Gamzu, CEO des Tel Aviv Sourasky Medical Center, reiste im Sommer 2023 nach Deutschland und nahm im Rahmen des German Israel Health Forum for Artificial Intelligence an einigen Veranstaltungen teil. Unter anderem besuchte er auch das UKSH, wo man sofort Nägel mit Köpfen machte, und eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnete. Beide Seiten hatten erkannt, dass sie gemeinsam neue innovative Lösungen entwickeln und die digitale Transformation vorantreiben können. „Israel ist bei dem ein oder anderen Projekt weiter als wir. Bei anderen Themen haben wir die Nase vorn“, erklärt Dück die Stärken beider Partner.
Das führt dazu, dass die Datenqualität dieser radiologischen Bilder deutlich höher ist als in der Vergangenheit.
Das erste gemeinsame Projekt, das aus dieser Kooperation entstanden ist, war der Berlin Hackathon Ende Mai dieses Jahres. „Dieser Hackathon war insoweit etwas Besonderes, weil er in Partnerschaft mit dem Tel Aviv Medical Center und der Israelischen Botschaft stattfand. Beide Partner haben uns auch dabei unterstützt, Israelische Start-ups zu sondieren und ihnen die Teilnahme zu ermöglichen“, erklärt Dück.
Im Rahmen früherer Hackathons, die ein Werkzeug des Innovationsmanagements am UKSH sind, sind bereits interessante Projekte wie die Self Check In-Terminals entstanden. Das UKSH legt Wert darauf, sie interprofessionell offen zu gestalten, um den Beschäftigten so die Möglichkeit zu geben, „ihre tollen Ideen zu kanalisieren und voranzubringen“. Im Idealfall können diese zu einer Verbesserung des Arbeitsalltages führen, wie die Entwicklung eines KI unterstützten Arztbriefes, der ebenfalls auf einem Hackathon entstanden ist.
Effizienzsteigerung und Innovation vorantreiben
Aus den Challenges der Israelis auf dem Hackathon 2024 ist beispielsweise ein Programm hervorgegangen, das Röntgenbilder automatisch annotiert, also Körperregionen und Körperteile konkret automatisch identifiziert. „Das führt dazu, dass die Datenqualität dieser radiologischen Bilder deutlich höher ist als in der Vergangenheit“, erklärt der IT-Experte des UKSH. Hier sei ein Kontakt seitens der Medizininformatiker des UKSH und denen des Start-ups sowie den entsprechenden Stellen am Sourasky Medical Center entstanden, der bis heute anhält. „Beide Seiten tauschen sich bezüglich dieses Algorithmus aus und entwickelt ihn gemeinsam weiter“, führt Dück weiter aus.
Für alle Seiten war der diesjährige Hackathon ein voller Erfolg, auch was den Outcome angehe. Dort seien auch weitere Überlegungen der künftigen gemeinsamen Zusammenarbeit entstanden. „Wir sind gerade dabei, die Einzelheiten für einen gemeinsamen Data Accelerator abzustecken, den Forscher für ihre Projekte in Anspruch nehmen können“, lässt der CIO durchblicken. Dieser könne perspektivisch dann sogar für konkrete Produktentwicklungen zur Verfügung stehen.
Wir sind gerade dabei, die Einzelheiten für einen gemeinsamen Data Accelerator abzustecken, den Forscher für ihre Projekte in Anspruch nehmen können.
Dück erklärt hierzu: „Im Moment stehen Forschungsdaten im klassischen Sinne auch nur für Forschungszwecke zur Verfügung. Derzeit ist es noch ein langer Weg, bis dann irgendwann ein Produkt daraus entsteht, das auch für die breite Masse verfügbar ist. Diesen Gap wollen wir mit dem Data Accelerator schließen.“ Start-ups mit konkreten Ideen oder Business Cases sollen so die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen mit den Daten zu verproben und so ihre Produkte Wirklichkeit werden zu lassen.
„Die Zusammenarbeit geht also deutlich über Forschung hinaus und soll ein Bindeglied zwischen Forschung und Versorgung werden“, betont Dück diesen Gedanken des Innovationsmanagements des UKSH. Durch den Austausch von Wissen, Best Practice und Daten können beide Kliniken, aber auch deutsche und israelische Start-ups, ihre Ideen auf ein neues Niveau heben und gemeinsam die digitale Transformation im Gesundheitswesen vorantreiben. „Die Automatisierung von Prozessen und die Nutzung gemeinsamer IT-Infrastrukturen führt auch zu einer erheblichen Effizienzsteigerung in beiden Häusern“, ist sich der IT-Experte sicher.
Vorteile synthetisierter Daten
Die Zusammenarbeit mit Start-ups habe es auch in der Vergangenheit am UKSH bereits gegeben, wie zum Beispiel mit der Firma Tiplu. Das habe den Vorteil für das Uniklinikum, dass es als erstes Haus von der Innovation profitieren und zudem seine Bedarfe einbringen kann. „Das wollen wir künftig noch viel systematischer aufbauen“, erklärt der CIO die Vision.
„Auf dem Berliner Hackathon haben die Teams zudem bewiesen, dass es möglich ist, auf Basis von synthetisierten Daten Durchstiche zu erzielen. Die Teilnehmenden konnten dort erstmals ihre Algorithmen und ILM-Modelle unter Einbeziehung eines echten Datenbestandes probieren, der realistisch und dennoch nicht auf den eigentlichen Patienten rückführbar ist“, hebt Dück auf einen weiteren Outcome des Wettbewerbs ab. Das erleichtere die Nutzung der Daten enorm, die dann nicht mehr nur auf die reine Forschung beschränkt seien.
Dadurch können wir die Lücke schließen zu wirklich versorgungsnahen Innovationen, die nicht über den klassischen Forschungsweg kommen.
„Dadurch können wir die Lücke schließen zu wirklich versorgungsnahen Innovationen, die nicht über den klassischen Forschungsweg kommen“, führt er aus. Das durch die Synthetisierung der Daten entstehende Rauschen reiche aus, um Prototypen zu entwickeln oder Forschern Daten für eine Thesenfindung zu geben. Für die Entwicklung von Medizinprodukten bedürfe es natürlich einer anderen Qualität, weiß Dück, der der gemeinsamen Datenplattform schon entgegenfiebert.
Beide Kliniken planen weitere gemeinsame Projekte. Das UKSH weiß um die Schwierigkeiten – gerade in Zusammenarbeit mit internationalen Kolleginnen und Kollegen. Da gebe es unterschiedliche Betreiberverordnungen und Regulierungen, die sich nur schwer harmonisieren lassen. Durch diese Kooperation versucht das UKSH, sich international wettbewerbsfähiger aufzustellen und den Innovationsraum für das Uniklinikum zu vergrößern.
Außerdem hofft das UKSH vom Tel Aviv Sourasky Medical Center zu lernen, wie man als Krankenhaus krisenfester werden kann. Dabei gehe es in erster Linie um die Informationssicherheit, aber auch darüber hinaus. „Die Fragestellung, was passiert, wenn der Strom mehr als 72 Stunden ausfällt, ist da ebenso spannend wie die Fokussierung darauf, was an Minimalstandard dann noch funktionieren muss und wie dies abgebildet werden kann“, weiß der IT-Spezialist. Der Maximalversorger in Schleswig-Holstein hat aber auch Interesse daran, wie der Israelische Partner mit der Personalherausforderung in Kriegszeiten umgeht und wie er sich auf einen Massenanfall von Verletzten vorbereitet hat.







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