
«Der Niedergang der Universitätskinderklinik hat ja schon vor vielen Jahren begonnen», sagte Andreas Michel, Landesverbandsvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte am 27. August 2021 der Deutschen Presse-Agentur.
Statt sich nachhaltig um die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Land zu kümmern, habe man sich publikumswirksam einzelnen Brandherden gewidmet - etwa der Geburtenstation in Crivitz. In Rostock habe man Ärzte durch schlechte Arbeitsbedingungen vergrault, was auch mit den Sparmaßnahmen zu tun habe. Es gebe etwa niemanden mehr, der einen Herzultraschall machen könne bei einem Kind. «Das ist für eine Universitätsklinik unzumutbar.»
Pädiatrie habe es ohnehin schwer, sich zu refinanzieren. Etwa weil Kapazitäten vorgehalten werden müssten, die nur zur bestimmten Jahreszeiten ausgelastet werden, wenn Kinder krank sind. In Meckelnburg-Vorpommern komme erschwerend hinzu, dass es auf die Fläche gesehen hier vergleichsweise weniger Kinder gebe. In Rostock habe man die Geburtsstation und die Neonatologie an der UMR geschlossen. Diese Einrichtungen tragen in anderen Kinderkliniken zur Querfinanzierung bei.
Die Pädiatrie im Land könne sich allein über die Fallpauschale nicht refinanzieren. Es handele sich aber um Daseinsvorsorge, die gewährleistet werden müsse. «Dafür hat das Land keine Lösung gefunden.»
Zusätzliche Mittel bereitgestellt
Erst Mitte August 2021 stellte die Leitung des UMR sieben Millionen Euro extra zur Verfügung, nachdem Ärztinnen und Ärzte Kritik am Sparkurs übten. Sie hatten unter anderem auf Probleme bei der Versorgung in der Kinderklinik verwiesen. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der ärztliche Vorstand der UMR, Professor Christian Schmidt, vorübergehend von seiner Tätigkeit freigestellt wurde.
Kommende Woche sollen die Probleme der UMR im Bildungsausschuss behandelt werden. Von der UMR gab es bisher zunächst keine Reaktion.
Aus dem Bildungsministerium hieß es, die Landesregierung stehe hinter der UMR. Insbesondere eine gute Kinder- und Jugendmedizinische Versorgung habe für sie eine hohe Priorität. Das Ministerium verwies auf die zusätzlich bereitgestellten Mittel, die insbesondere für die Kindermedizin freigegeben worden seien. Zudem habe man weitere Kapazitäten für Stellen an der Kindermedizin zugesagt. Zusätzlich zu den Sofortmaßnahmen habe man im Juni 2021 im Bundesrat auf das Grundproblem der nicht ausreichend finanzierten Kindermedizin in Deutschland aufmerksam gemacht und die Bundesregierung zum sofortigen Handeln aufgefordert.
Update
Auf die Vorwürfe hinsichtlich der klinischen Finanzierung reagierte die Universitätsmedizin Rostock am 30. August 2021 in einem Pressegespräch, auf dem auch Landesbildungministerin Bettina Martin (SPD) war. Sie wies darauf hin, dass dass das Grundproblem der Kinder und Jugendmedizin sei, dass es über Fallpauschalen nicht auskömmlich finanziert sei - und das bundesweit. Die Landesregierung hätte sich deshalb dafpr stark gemacht, dass die Kinder- und Jugendmedizin aus diesem System herausgenommen wird.
UMR-Aufsichtsratschef Mathias Brodkorb sprach sich im Gespräch für einen Zuschlag für Universitätsmedizinen als finanziellen Puffer aus. Zudem würden hier die Ärzte der Zukunft ausgebildet. «Deswegen muss eine Uniklinik immer so einen Sicherheitspuffer haben. Aber der wird im Moment in den Finanzierungsstrukturen nicht abgebildet.» Er hoffe auf entsprechende Entscheidungen nach der Bundestagswahl.
Christian Junghanß (stellvertretender Ärztlicher Vorstand der UMR) betonte, dass die stationäre Versorgung von Kindern in Rostock zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen oder derzeit gefährdet sei. Es sei aber ein Nachteil, dass sich die Versorgung auf das Klinikum Südstadt und den Campus der Uniklinik verteilt. Grundsätzlich bemüht sich die UMR um eine Zentralisierung der Versorgung, wie die Leitung erklärte.





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