
Vor der Sitzung hatte sich einiges angestaut. Es gab massive Vorwürfe und Rücktrittsforderungen. Ebenso mehrere freigestellte Mediziner und obendrein eine bereits tausendfach unterstützte Online-Petition mit dem vielsagenden Titel „Stoppt die Geschäftsführung des Klinikums Lippe“. Als der Aufsichtsrat der Klinikum Lippe GmbH (KLG) am 7. Februar zusammenkam, gab es also viel zu bereden.
Angriffe auf einzelne Beschäftigte des Klinikums verurteilen wir auf das Schärfste.
Das Treffen der Kontrolleure war außerplanmäßig, eingefordert von Dr. Johannes Hütte. Der gebürtige Paderborner ist seit 2016 Geschäftsführer und Sprecher des nordrhein-westfälischen Klinikums, und seit einiger Zeit sieht er sich heftiger Kritik ausgesetzt. Umso wichtiger dürfte ihm sein, dass sich der Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Dr. Axel Lehmann (SPD), im Hauptberuf seit 2015 Landrat des Kreises Lippe, jetzt demonstrativ hinter ihn stellte.
„Der in den sozialen Medien durch gezielte Falschinformation erzeugte Shitstorm gegen Aufsichtsrat und die Geschäftsführung ist inhaltlich falsch, herabwürdigend und rufschädigend für das Klinikum“, heißt es in einer Erklärung, die Lehmann nach der Sitzung veröffentlichen ließ: „Angriffe auf einzelne Beschäftigte des Klinikums verurteilen wir auf das Schärfste.“ Die Erklärung sei einstimmig bei zwei Enthaltungen verabschiedet worden.
Aufsichtsrat lobt erfolgreiche Entwicklung
Zudem betont das Gremium, das Klinikum habe sich sehr erfolgreich entwickelt. Neue medizinische Leistungsbereiche würden ausgebaut, und die Bewerbung zum Universitätsklinikum sei erfolgreich gewesen. Darüber hinaus seien dringend notwendige Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt und zusätzliche Mitarbeitende gewonnen worden. Aktuell zähle das Klinikum rund 2900 Beschäftigte. Es ist eines der größten kommunalen Krankenhäuser in Deutschland und hat an seinen drei Standorten Detmold, Lemgo und Bad Salzuflen zusammen 1224 Betten. Alleiniger Gesellschafter der KLG ist der Kreis Lippe.
Der Aufsichtsrat, so heißt es weiter, sei „zu jeder Zeit regelhaft über die Umsetzung der Unternehmensstrategie und der daraus abzuleitenden wesentlichen Maßnahmen transparent informiert“. Als Fazit wird betont: „Der Aufsichtsrat begleitet und unterstützt die Geschäftsführung bei den umfangreichen in den vergangenen Jahren auf allen Ebenen im Klinikum angestoßenen und umgesetzten Modernisierungsmaßnahmen.“
Freigestellter Chefarzt initiierte Petition
Zuletzt war an Klinikchef Hütte harte Kritik geübt worden. Im Zentrum steht Prof. Dr. Thomas Brune, ein ehemaliger Chefarzt des Klinikums. Er war Chef der Kinderklinik und ist seit kurzem freigestellt. Brune hat die besagte Petition initiiert, in der er unter anderem anprangert, Hütte und die medizinische Geschäftsführerin Dr. Christine Fuchs führten das Klinikum „seit einigen Jahren in einer rein Gewinn orientierten Ausrichtung“.
Durch „gnadenlose Einsparungen an Personal und auch Sachmitteln“ sei die Arbeitssituation für viele Beschäftigte „inzwischen unerträglich“, heißt es in der Petition weiter. Zudem würden Kritiker, insbesondere aus dem Kreis der leitenden Ärzte, „mit fadenscheinigen Begründungen von der Arbeit freigestellt“. Mittlerweile sei die „personelle Situation des gesamten Klinikums, aber insbesondere für die Kinderklinik existenzbedrohend“.
Auch gegen die Klinikkontrolleure schießt Brune in der Petition scharf: „Der Aufsichtsrat kommt seiner Aufsichtsfunktion nicht in der gebotenen Sorgfalt nach und lässt sich nur durch Herrn Dr. Hütte informieren“, hat Brune formuliert. Deshalb wird der Kreistag aufgefordert, „die Rolle der Geschäftsführung des Klinikums sowie des Aufsichtsrates offen zu debattieren“ und dabei auch andere Mitarbeitende anzuhören.
IG Metall fordert Ablösung des Geschäftsführers
Der Kritik des freigestellten Chefarztes hatten sich diverse Unterstützer angeschlossen, nicht nur das „Aktionsbündnis Klinikum Lippe“. Der lokale Sender „Radio Lippe“ berichtet, ihn hätten auch zahlreiche kritische Mails aus der Belegschaft erreicht, und die Gewerkschaften Verdi und IG Metall bezogen ebenfalls Stellung. Daniel Salewski, erster Bevollmächtigter der IGM-Geschäftsstelle Detmold, etwa erklärte, „uns erschrecken der offensichtlich schlechte Umgangston und das Führungsverhalten von Dr. Hütte“ – der Geschäftsführer müsse abgelöst werden.
Geschäftsführer weist Vorwürfe zurück
Johannes Hütte hatte die Vorwürfe gegen sich vehement zurückgewiesen. Bei „Radio Lippe“ etwa erklärte er unter anderem, es gebe keine Überlegungen, die Kinderklinik herunterzufahren oder gar zu schließen. Sie gehöre vielmehr zum Kernversorgungsauftrag. Auch Unzufriedenheit in der Belegschaft sei kein flächendeckendes Phänomen am Klinikum, sondern betreffe punktuell einzelne Abteilungen oder Bereiche.
Die Politik hatte nach der Veröffentlichung der Petition ebenfalls mit Unverständnis reagiert. Nahezu alle Fraktionen des Kreistages hätten Brunes Vorwürfe rigoros zurückgewiesen, berichteten die „Lippische Landes-Zeitung“ und andere regionale Medien. Die Politiker fühlten sich demnach umfassend informiert, und das Klinikum richte seine Strategie nicht an Gewinnmaximierung aus, sondern an der optimalen Versorgung der Menschen im Kreis Lippe.
Kontrolleure: Kinderklinik ist Kernangebot
Das betont jetzt auch der Aufsichtsrat nach seiner Sondersitzung. Die Freistellung von Prof. Brune habe „gute Gründe, die dem Aufsichtsrat von der Geschäftsführung dargelegt wurden“, heißt es in der Erklärung. Diese personelle Einzelmaßnahme habe nichts „mit einer von Dritten kolportierten“ Schließung der Kinderklinik zu tun. Vielmehr sei die Kinderklinik „ein Kernangebot in der Versorgung unserer lippischen Kinder“. Und das werde auch in Zukunft so sein.





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