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Studie: Klinikträger als Arbeitgeber„Es war nicht gewollt, dass der Geschäftsführer strategisch arbeitet“

Mehr strategische Verantwortung, weniger Renditedruck – wenn Klinikgeschäftsführer von privaten zu konfessionellen Trägern wechseln, sind die Erwartungen hoch. Doch finden die „Seitenwechsler“ so wirklich das ersehnte Arbeitsumfeld? Für eine Studie haben zehn von ihnen ihre Erfahrungen geschildert – und dabei ungeschminkt bilanziert.

Teamwork
Gajus/stock.adobe.com
Symbolfoto

Personalberater kennen das Phänomen genau: Nachdem sie bei den „Privaten“ eine sehr gute Ausbildung durchlaufen und verschiedene Häuser kennengelernt haben, sehnen sich viele Klinikgeschäftsführerinnen und -geschäftsführer nach einem nachhaltigeren und langfristigeren Arbeitsumfeld. Oft entscheiden sie sich deshalb, zu einem konfessionellen Träger zu wechseln. Doch erfüllen sich die Erwartungen? Eine Studie der Münchner Personalberatung Köhn & Kollegen geht dieser Frage nach. Zehn Geschäftsführer, die den Schritt von einem privaten zu einem konfessionellen Träger bereits gegangen und seit mindestens zwei Jahren bei einem solchen beschäftigt sind, wurden in einem einstündigen strukturierten Interview befragt. Einige der Aussagen überraschen sehr.

Profit vor Qualität 

Als übergeordnetes Ziel der privaten Träger nannten alle Befragten die Profitabilität – und formulierten ziemlich deutlich: „Wenn der Träger sich zwischen Qualität und Geld entscheiden muss, gewinnt das Geld.“ Oder: „Mein privater Träger war rein Mammon-getrieben, und danach kam lange gar nichts.“ Generell vermissen 60 Prozent der Befragten bei den privaten Trägern Wertschätzung für sich selbst: „Wurde man nicht kritisiert, war die eigene Leistung offenbar gut genug.“ Allerdings hat in dem Punkt scheinbar die gesamte Branche Nachholbedarf. Bei allen Trägern wünschen sich die Befragten mehr Lob.

Rendite ohne Grenzen

Den wirtschaftlichen Druck bei den privaten Trägern empfinden acht der zehn Teilnehmer als deutlich größer als im konfessionellen Sektor – und oftmals als unrealistisch hoch und kaum erfüllbar. Zudem werde der ohnehin schon höhere Renditedruck bei privaten Trägern durch (Original-Ton) „strengere Befehls- und Gehorsamskultur, Druck durch die Vorgesetzten, harte Deadlines und hartes Führen“ oft ungefiltert an die Krankenhausleitungen weitergegeben. Dort herrsche meist die Sorge, dass die Geschäftsführung bei Nichterfüllung der Ziele früher oder später ausgetauscht werde. Im Gegensatz hierzu fühlen sich die Manager bei konfessionellen Trägern auch mittel- und langfristig als Teil des Teams – Probleme werden gemeinsam gelöst und nicht durch Austausch der Geschäftsführung.

Kaum strategischer Freiraum

Alle Befragten weisen darauf hin, dass der strategische Freiraum bei privaten Trägern sehr eingeschränkt ist. Die Interviewten waren bei ihren privaten Trägern oft damit ausgelastet, vorgegebene Zentralprojekte umzusetzen. Zudem griffen die übergeordneten Regionalleitungen tief in die operativen Entscheidungen ein. Ein Gesprächspartner brachte es so auf den Punkt: „Es war nicht gewollt, dass der Geschäftsführer strategisch arbeitet.“ Bei gemeinnützigen Trägern dagegen sehen sich neun der zehn Befragten voll für die eigene Strategie verantwortlich und begrüßen, dass eher in ein bis zwei Dekaden und nicht mehr in Quartalsabschlüssen gedacht wird.

Höhere Krankheitsquote

Anders als zu erwarten, ist die durch die Befragten wahrgenommene Krankheitsquote der Pflege bei den konfessionellen Trägern trotz einer höheren Verbundenheit mit dem eigenen Haus sogar höher als bei den Privaten. Die Analyse hierzu ist ernüchternd: „Die Leute haben weniger Angst vor Konsequenzen, nutzen das aus und werden öfter krank.“ Oder: „Die Leute werden krank, weil man es ihnen durchgehen lässt.“ 

Fazit: Zufriedenheit ist höher

Alle Teilnehmer geben an, dass sie sich bei ihrem konfessionellen Träger mindestens so wohl, meistens aber deutlich wohler fühlen als bei dem vorigen privaten Träger. Die Herausforderungen sind bei konfessionellen Trägern nicht minder hoch – aber die niedrigere Margenerwartung und ein stärkerer Fokus auf die medizinische Leistung und Qualität erzeugen durchgängig eine höhere Arbeitszufriedenheit. Nur drei der Befragten können sich überhaupt vorstellen, wieder für einen privaten Träger zu arbeiten.

Die vollständige Studie „Kliniken konfessioneller Träger als Arbeitgeber“ ist unter www.koehnundkollegen.de ab Freitag, 18. Juni 2021, kostenfrei als PDF verfügbar. 

Erschienen in kma 6/21  Im E-Paper lesen

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