
In Deutschland gibt es diesen Mythos, dass seit etwa 2003 eine Welle der Privatisierung zu einer Kommerzialisierung des Gesundheitswesens geführt hat. Eigentlich sind damit in erster Linie Kliniken gemeint, die seit den 2000ern mit Fallpauschalen ihre Leistungen vergütet bekommen. Die Umstellung der Bezahlung von Klinikaufenthalten führte dazu, dass unsere weit überdurchschnittliche Verweildauer von Patienten in Krankenhausbetten sich dem internationalen Durchschnitt angenähert hat.
Damit wurden selbstverständlich die Anreize verschoben, weswegen es auch zu Qualitätsverlusten kam. Bereits 13 Jahre später hat die Politik darauf reagiert, mit einer qualitätsorientierten Vergütung. Ob sie wirkt, wissen wir noch nicht. Ebenso weitete sich der Betrieb von Pflegeeinrichtungen durch Investoren in den vergangenen Jahrzehnten sogar noch aus. Medizinische Versorgungszentren, die ambulante Leistungen anbieten, florieren ebenfalls stark.
Private Anbieter sorgen für Wettbewerb und Qualitätssteigerung
Bei der demographischen Entwicklung in Deutschland ist es naheliegend, dass Geld in Unternehmen investiert wird, die mit Produkten und Dienstleistungen rund um die Gesundheit der Menschen agieren. Deshalb haben wir eine starke Medizintechnikindustrie, hervorragende flächendeckende Leistungserbringer von kurativen und pflegerischen Leistungen sowie umfassende Versicherungsangebote.
Wie ein rein staatliches Gesundheitssystem aussieht, kann man in Großbritannien bewundern. In diesen Systemen existiert neben der Staatsmedizin in aller Regel ein privater medizinischer Sektor, wo Besserverdiener Leistungen in Anspruch nehmen. Diese Art der Zweiklassenmedizin sollte in Deutschland verhindert werden. Der Mix aus öffentlichen, frei-gemeinnützigen und privaten Anbietern von Gesundheitsleistungen ist einer der Erfolgsfaktoren hierzulande!
Dadurch entsteht Wettbewerb untereinander, wobei nur einer der drei Anbieter überhaupt eine Rendite verdienen muss. Das unser Gesundheitswesen für private Investoren attraktiv ist, bedeutet für die Endkunden in erster Linie mehr Angebot, wodurch ein Qualitätswettbewerb entsteht.
Gesundheitsunternehmer in freien Berufen
Wenn Sie eine niedergelassene Fachärztin sind, sind Sie Unternehmerin. Wenn Sie eine inhabergeführte Physiotherapie-Praxis betreiben oder einen familiengeführten ambulanten Pflegedienst, sind Sie ebenfalls Unternehmer. Würde man diese Menschen, die insbesondere in freien Berufen arbeiten, als profitgierige Investoren bezeichnen, die sich an der Krankheit anderer bereichern wollen? Wahrscheinlich nicht.
De facto haben diese Unternehmer jedoch in ihre und die Ausbildung ihrer Mitarbeitenden oder in eine Praxis investiert, um am Ende des Jahres einen Gewinn zu erwirtschaften. Erzielt die Fachärztin einen Vorsteuergewinn von 150 000 Euro mit ihrer Praxis, ist sie dann schon eine raffgierige Investorin? Oder lassen wir das noch als angemessene Vergütung einer wichtigen Akteurin der Gesundheitsversorgung durchgehen?
Sicherlich gibt es darunter auch schwarze Schafe, die mit unnötigen Zusatzleistungen Geld verdienen. Und es gibt Investoren, die Renditen aus Gesundheitsbetrieben ziehen, die unangemessen erscheinen. Wer alles als Investor auftreten darf und welchen Anteil bestimmte Investoren an der Gesundheitsversorgung einnehmen, sollte mit allen Beteiligten in unserem Gesundheitssystem offen debattieren werden.
Klare Anreize für eine nachhaltige Versorgung mit Gesundheitsleistungen
Wer Unternehmer ist, geht ein Risiko ein und je höher dieses Risiko ist, desto höher muss der erzielbare Gewinn sein. Bei staatlicher Preisfestsetzung, Personaluntergrenzen oder anderen Regulierungsinstrumenten muss die mögliche Rendite hoch genug sein, um überhaupt in diesem Markt aktiv zu werden. Die Politik ist hier gerade der Treiber von Regulierung, Zusatzauflagen und Markteintrittsbarrieren. Dadurch entstehen viele Unwägbarkeiten, die sich in einem höheren unternehmerischen Risiko ausdrücken. Damit wird Unternehmertum nicht nur unattraktiv, sondern sorgt gleichzeitig für eine Lücke, die kapitalistisch orientierte Investoren schließen. Zuletzt hat man die Hebamme aus der freiberuflichen Tätigkeit gedrängt durch hohe Haftungsauflagen, die eine Haftpflichtversicherung enorm teuer machen. Die strikte Sektorentrennung von ambulanten und stationären Leistungen hingegen ist unsinnig und führt zu Ressourcenverschwendung.
Hinter den Kulissen folgt die Politik den Interessen der Lobbyisten, die in vielen Bereichen Anpassungsveränderungen verhindern oder in langwierigen Gremienverfahren gute Lösungen aufweichen. Der Innovationsfonds ist ein gutes Beispiel dafür, dass der gute Wille im Gesundheitsministerium da war, jedoch bislang keine nennenswerten Innovationsprojekte in die flächendeckende Versorgung gebracht wurden. Kann der Staat also eine Gesundheitsversorgung besser steuern als der sich selbst regulierende Markt mit gemeinnützigen und privaten Anbietern?
Die Corona-Krise zeigt, wo der Staat nicht geliefert hat
Schaut man auf die Corona-Bilanz der Bundesregierung, zeigt sich wer die Bedürfnisse der Menschen erfüllt hat. Den Impfstoff hat die Pharmaindustrie entwickelt. Die Verbrauchsmaterialien werden von Unternehmen geliefert. Die verschiedenen Tests wurden von Unternehmen entwickelt und heute hergestellt. Die Tests werten kommerzielle Labore aus, die ihre Kapazitäten schnell angepasst haben.
Auf der anderen Seite ist die staatliche Corona-Warn-App wirkungslos. Die Gesundheitsämter erledigen ihre Aufgabe nur teilweise, eine Skalierung ist unmöglich. Die Zusammenführung der Meldedaten an das RKI ist regelmäßig unvollständig und verzerrt. Der Einsatz effizienzbringender Software dauert ein Jahr. Während in privaten Laboren, Testzentren, bei Impfstoffproduzenten oder in Gesundheitsbetrieben Menschen sieben Tage die Woche rund um die Uhr arbeiten, schafft der Staat nicht einen Bruchteil seiner Aufgaben zufriedenstellend zu erfüllen.
Eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung ist nur Hand in Hand mit Privatunternehmen möglich. Würde der Staat eine eigene Maskenproduktion aufbauen, hätten wir die ersten Masken vielleicht in drei Jahren. Würde der Staat den Impfstoff selbst herstellen, wären vielleicht alle Menschen in zehn Jahren geimpft. Würde der Staat die Labordiagnostik der PCR-Tests in Eigenregie betreiben, hätten wir nur einen Bruchteil der Testkapazitäten.
Wer nach der Corona-Pandemie glaubt, die Staatsmedizin führe zu einer gerechten, qualitativ zufriedenstellenden, flächendeckenden Gesundheitsversorgung, dürfte inzwischen eines Besseren belehrt sein. Wer an das staatliche Pflegeheim glaubt, kann sich oder seine Angehörigen dann dort betreuen lassen, sofern es jemals existieren wird.

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