
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den sogenannten European Green Deal als eine ihrer sechs Prioritäten während ihrer Präsidentschaft festgelegt. Nachdem die europäische Klimapolitik der vergangenen Jahre weder konsistent noch zielführend vorangetrieben wurde, hat sich die Kommission ambitionierte Ziele gesetzt, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Damit die EU im Jahr 2050 CO2-neutral seinen wird, liegt noch ein langer Weg vor uns. Wie der European Green Deal konkret ausgestaltet werden soll, ist bisher jedoch vage ausformuliert. Themen wie Biodiversität, eine Kreislaufwirtschaft oder die Wasserstoff-Strategie werden genannt. Wie können Kliniken das Klima-Momentum nutzen, um Investitionen in die Energieeffizienz voranzubringen?
Potenziale energiesparender Technologien ausschöpfen
Der Investitionsstau der Bundesländer führte in den vergangenen Jahrzehnten dazu, dass Kliniken nicht ausreichend in die energetische Gebäudesanierung sowie in neue energiesparende Technologien investieren konnten oder dies nur sehr eingeschränkt vollzogen haben. Dabei könnten durch ein effizientes Energiemanagement die Betriebskosten einer Gesundheitsimmobilie nachhaltig gesenkt werden. Eine bessere CO2-Bilanz wäre eine zusätzliche Folge. Sollten die Energiekosten in den kommenden Jahren weiter stark steigen, sind die Kliniken ohnehin gezwungen energieeffizienter zu wirtschaften. Die nachfolgenden Beispiele bieten Anhaltspunkte für Investitionsmöglichkeiten:
- Ersatz der Beleuchtung durch LED-Technik
- Photovoltaik auf Dachflächen
- Einsatz von Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungen
- Nutzung staatlich geförderter Prämien zum Austausch des Fuhrparks
Fördermittel des European Green Deal für Kliniken anzapfen
Der deutsche Gesundheitsminister und die verantwortlichen Instanzen in den Ländern sollten eine Initiative starten, um den deutschen Krankenhäusern Fördermittel aus dem European Green Deal bereitzustellen. Diese Mittel fließen dann in einen Klinik-Energieeffizienz-Fonds, aus dem jährliche Prämien an diejenigen Kliniken gezahlt werden, die in entsprechende Maßnahmen investiert haben. Die Prämien sind gestaffelt nach Effizienzklassen, beispielsweise vier Klassen. In welche Effizienzklasse eine Einrichtung fällt, muss anhand eines Kriterienkatalogs festgestellt werden, der unbürokratisch und zweckmäßig sein muss. Idealerweise lässt sich die Effizienzklasse in die bestehenden Zertifizierungsverfahren integrieren, sodass keine neuen Zertifizierungen notwendig sind. Die Effizienzklasse berücksichtigt unter anderem den Umfang der Maßnahme und deren Wirkungsweise.
Die Berechnung der Prämie ist an den Case-Mix-Index der Klinik gekoppelt. Somit erhalten Krankenhäuser mit höherer Fallschwere auch entsprechend höhere Prämien, da man auch eine energieintensivere Versorgung unterstellen kann. Die Effizienzklasse dient als Index-Multiplikator. Auch bei Effizienzklasse 1, bei der noch keine Maßnahmen nachgewiesen werden müssen, sollte bereits eine geringe Prämie gezahlt werden, damit überhaupt mit Maßnahmen begonnen werden kann. Die Prämien für die Klassen 2 und fortfolgende müssen einen deutlich größeren Effekt haben.
Die richtigen Anreize für energieeffiziente Maßnahmen setzen
Eine zeitliche Begrenzung des Klinik-Energieeffizienz-Fonds auf maximal sieben Jahre ist erstrebenswert. Somit können diejenigen Kliniken am meisten von den Prämien profitieren, die als erste beginnen. Durch die Indizierung der Prämien an das Leistungsspektrum und die Aufstiegsmöglichkeit in der Effizienzklasse bietet das Instrument eine gute Planungsgrundlage für die Laufzeit der Maßnahmen und ist vom Klinikmanagement relativ gut steuerbar. Es setzt die richtigen Anreize, besonders in energieintensiven Gesundheitseinrichtungen hohe Investitionen zu tätigen. Auf Grundlage dieses Konzeptes könnten in den kommenden sieben Jahren Effizienzreserven von mehr als 50% im Kliniksektor realisiert werden. Ohne entsprechende Investitionsimpulse aus der Politik ist dieses Ziel jedoch nicht erreichbar.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass politische Akteure in den Bereichen, in denen sie großen Gestaltungsspielraum haben, wie in Gesundheitsversorgung, Bildung oder öffentlichem Personen-Nahverkehr, zu konkreten Handlungen kommen. Wenn es um Fragen der Mittelverteilung des European Green Deal geht, müssen deutsche Politiker mit konkreten Projekt- oder Investitionspaketen ein Angebot machen. Damit kann die CO2-Bilanz des deutschen Kliniksektors einen Beitrag zur Energiewende leisten sowie die Krankenhäuser bei den Betriebskosten entlastet werden.



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