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KommentarPersonalmanagement der Game-Changer

Um dem Fachkräftemangel erfolgreich den Kampf anzusagen, gibt es keine Blaupause. Warum die Zeiten von hoheitlichen Personalabteilungen vorbei sind und was Kliniken jetzt umsetzen sollten, erläutert Personalexpertin Dr. Kerstin Stachel.

Dr. Kerstin Stachel
Annette Koroll Fotos
Autorin und Podcast-Host Dr. Kerstin Stachel coacht Führungskräfte und berät Krankenhäuser im Bereich Change-Management.

Vor 20 Jahren habe ich begonnen mich mit dem Thema Personalmanagement im Gesundheitswesen zu befassen und ich bin mir sicher, dass ein gutes Personalmanagement der Game-Changer ist. Ich bin fest überzeugt: Je besser das Personalmanagement, desto besser das wirtschaftliche Ergebnis, desto besser die medizinische und pflegerische Versorgung.

Schlechte Führungskräfte und demotivierte Mitarbeitende kosten viel Geld

Warum ist das so? Schlechte Führungskräfte sind die Kernursache für demotivierte Mitarbeiter, hohe Krankenstände und Fluktuation. Mitarbeitende werden beispielsweise demotiviert durch Lügen, Intrigen, Blockaden, ungerechtfertigte Kritik, bewusst herbeigeführter Informationsmangel. Der Chef nimmt zur Kenntnis, dass jemand will und kann, übergeht diese Person, dann aber bewusst. Er lässt die Mitarbeitende die Probleme im Rahmen ihrer Kompetenzen nicht eigenverantwortlich lösen oder hört nicht auf ihre Meinungen. Diese Ergebnisse stammen aus einer Befragung von Krankenhausmitarbeitende von Prof. Wilfried von Eiff vor 23 Jahren. Hand aufs Herz, was ist in den letzten 23 Jahren passiert?

Schlechte Führungskräfte sind die Kernursache für demotivierte Mitarbeiter, hohe Krankenstände und Fluktuation.

Wenig! Und es wurde schlimmer: Viele neue Gesetze wurden in Kraft gesetzt, die Bürokratie wurde immer mehr. Jede Pflegekraft und jede Ärztin oder Arzt ist täglich mit viel Dokumentation belastet, damit die Leistung durch die Krankenkassen vergütet wird. Die Zeit für die Patientinnen und Patienten schrumpft. Die Unzufriedenheit steigt und das bei immer weniger verfügbaren Menschen mit neuen Ansprüchen, denn die Babyboomer gehen in Rente und die Generation Z fordert aktiv Selbstverwirklichung und Work-Life-Balance ein.

Viele Krankenhäuser leisten sich es immer noch in Berufsgruppen und starren Hierarchien zu denken. Sie ersticken jegliche Kreativität und Eigeninitiative im Keim und Prozesse sind unstrukturiert und nicht digitalisiert. Demotivierte Mitarbeitende sind teuer, weil sie Dienst nach Vorschrift machen, sich leicht ablenken lassen, weitere Kosten durch Nachlässigkeit verursachen und am flüchten sie in den Krankenstand. Ein hoher Krankenstand führt zu einer Kettenreaktion, denn die verbleibenden Mitarbeitenden werden durch dauerhafte Überlastung ebenfalls krank. Die Folgen spüren die meisten Krankenhäuser: Unbesetzte Stellen, geschlossene Betten und zu wenig Nachwuchs in allen Berufsgruppen.

Was machen viele Krankenhäuser?

Zahlreiche Kliniken investieren in ein besseres Controlling, eine noch bessere Liquiditätssteuerung, rufen einen neuen Sparkurs aus. Doch Hand aufs Herz wieviel Geld wird investiert, um die Ursache des Problems zu bekämpfen und das Personalmanagement zu verbessern? Meist wenig! Die Argumente: das kostet viel und bringt wenig.

Meine Meinung: Es fehlt die Geduld! Vor allem die Aufsichtsgremien wollen schnelle Erfolge sehen, denn Sie haben Angst, dass die Gesundheitsversorgung in ihrer Region wegbricht oder das wirtschaftliche Defizit wird zu groß. Die Arbeitsverträge der Unternehmensleitung sind zeitlich befristet. Die Folge: Schnelle Ergebnisse müssen her, denn sonst werden die Verträge nicht verlängert. Es werden verzweifelte Maßnahmen wir Fangprämien ergriffen.

Es fehlt die Geduld! Vor allem die Aufsichtsgremien wollen schnelle Erfolge sehen, denn Sie haben Angst, dass die Gesundheitsversorgung in ihrer Region wegbricht.

Das Problem: Wer für Geld kommt, geht für Geld. Die Maßnahmen schaukeln sich hoch und die Krankenhäuser überbieten sich regelmäßig mit Benefits. Die Mitarbeitenden wechseln ständig oder gehen in die gut bezahlte Zeitarbeit, Teams werden instabil und das Stammpersonal ärgert sich über die Maßnahmen für Neurekrutierungen und verlässt das Haus.

Was kann konkret getan werden?

Schlüssel zum Erfolg ist ein professionelles Personalmanagement. Was bedeutet das? Ganz einfach: Die Mitarbeitenden müssen von der Rekrutierung bis zum Austritt professionell begleitet werden. Das bedeutet: jede Führungskraft nimmt ihre Personalführungsaufgabe ernst und die Personalabteilung ist serviceorientierter Dienstleister für Führungskräfte und Mitarbeitende. Selbstverständlich laufen administrative Prozesse wie Vertragsgestaltung oder Gehaltsabrechnung reibungslos und schnell. Die Personalabteilung sorgt für eine interdisziplinäre, berufsgruppenübergreifende Personal- und Führungskräfteentwicklung und ist Sparringspartner für die Führungskräfte.

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Die Zeiten von bürokratischen und hoheitlichen Personalabteilungen ist vorbei. Attraktive Arbeitsbedingungen entstehen, wenn Mitarbeitende zufrieden sind. Voraussetzung hierfür sind bspw.: Mitarbeitende können sich auf das Wesentliche konzentrieren: Die Arbeit mit den Patienteninnen und Patienten. Es gibt starke Teams, die füreinander da sind und das Privatleben und die persönliche Weiterbildung kommen nicht zu kurz.

Die Zeiten von bürokratischen und hoheitlichen Personalabteilungen ist vorbei.

Damit dies gelingt braucht es eine Weiterbildungsplanung, klare digitalisierte Prozesse, eine gute interdisziplinäre und qualitätsorientierte Zusammenarbeit. Kulturwandel ist eine große Aufgabe, weil viele kleine und große Schritte gegangen werden müssen. Maßnahmen und Strategien aus den einzelnen Bereichen wie Dienstplanung, Recruiting, Prozessoptimierung, Führungskräfteentwicklung, Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement, Mitarbeitergespräche, Qualitätsmanagement etc. müssen ineinandergreifen.

Von anderen lernen

Sinnvoll ist es, wenn ein Krankenhaus den Kulturwandel genauso systematisch plant, wie die Baumaßnahmen. Ein Masterplan kann helfen den Überblick über die zahlreichen notwendigen Maßnahmen für ein Kulturwandel nicht zu verlieren und den Fortschritt zu messen. Wie es praktisch geht, kann man zum Beispiel von den Magnet-Krankenhäusern in den USA lernen.

Last but not least: Natürlich müssen sich die Rahmenbedingungen ändern und die Politik muss dafür sorgen, dass die Bürokratie weniger wird, aber darauf zu warten ist falsch. Jedes Krankenhaus kann heute damit anfangen ein attraktiver Arbeitgeber zu werden und die Probleme an den Wurzeln zu bekämpfen. Viel Erfolg damit, in der Hoffnung, dass 2024 das Jahr des professionellen Personalmanagements wird.

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