

Noch mehr Papierkram? Ja, denn es geht ums Geld: Krankenhäuser stehen täglich vor einem Berg bürokratischer Anforderungen, die nicht nur eine akribische Aufmerksamkeit für Details erfordern, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Häuser haben. Unter all diesen Aufgaben kommt dem Erstellen des Pflegebudget-Testats jedoch eine besondere Bedeutung zu.
Sanktionen bis 400 000 Euro
Das hat zwei Gründe: Zum einen kann eine nicht fristgerechte Übermittlung oder die Übermittlung objektiv falscher Daten Sanktionen von bis zu 400 000 Euro zur Folge haben (vgl. Paragraf 3 Abs. 1 der Festlegungen gemäß Paragraf 6a Abs. 3 Satz 7 KHEntgG). Zum anderen ist das Pflegebudget-Testat für ein Krankenhaus erheblich erlösrelevant.
Das Anfertigen des Pflegebudget-Testats sollte daher nicht als lästige Aufgabe gesehen werden, sondern als Chance, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen wichtigen Beitrag zur Erlössicherung des Krankenhauses zu leisten. Auf dem Weg zu einem rechtssicheren und optimal gestalteten Pflegebudget-Testat sind zahlreiche Stolpersteine zu überwinden. Zwar enthalten die Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung und die Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung konkrete Vorgaben, die bei der Erstellung des Pflegebudget-Testats zu berücksichtigen sind. Beide Vereinbarungen lassen aber auch Entscheidungsspielräume zu, in denen die individuellen Besonderheiten eines Krankenhauses berücksichtigt werden müssen und gleichzeitig Doppelfinanzierungen ausgeschlossen werden.
Handlungsspielraum Abzugspositionen nutzen
Besonderes Augenmerk gilt insbesondere der Berechnung der Abzugspositionen. Das sind die Leistungsbereiche, die zwar in der Dienstart Pflege gebucht werden, aber nicht pflegebudgetrelevant sind.
Zu den Abzugspositionen ein Beispiel: Gemäß Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung sind die Kosten für Pflegepersonal in ambulanten Leistungsbereichen (z.B. ambulantes Operieren) oder in der Notfallambulanz abzugrenzen, sofern die Kosten in der Dienstart Pflege gebucht und damit in der laufenden Nummer eins des Pflegebudget-Nachweises enthalten sind. Die Abgrenzung ist in Abhängigkeit von der krankenhausindividuellen Datenlage vorzunehmen; wobei diese – wenn möglich – anhand von Stundenaufzeichnungen (Priorität 1), dem durchschnittlichen Zeitaufwand multipliziert mit der Anzahl (Priorität 2) oder durch andere geeignete Schlüssel vorzunehmen sind.
Was also tun, wenn keine Stundenaufzeichnungen erfasst wurden? Hier muss ein Krankenhaus entscheiden, wie eine geeignete Abgrenzung vorgenommen werden kann. Um den Abzug sachgerecht, aber nicht zu hoch vorzunehmen, sollten verschiedene Möglichkeiten diskutiert werden: Wie hoch ist z.B. der durchschnittliche Zeitaufwand der Pflege je Patient in der Notaufnahme oder bei ambulanten Operationen im betreffenden Krankenhaus? Sind Vergleichswerte aus anderen Häusern bekannt? Da die Vergütung ambulanter Fälle in der Notfallversorgung in der Regel nicht kostendeckend ist, führt ein zu hoher Abzug des Pflegeanteils im Pflegebudget zu einer zusätzlichen Belastung, die es unbedingt zu vermeiden gilt.
Hinzurechnungspositionen nutzen
Bei der Berechnung von Hinzurechnungspositionen, also Kosten, die zwar pflegebudgetrelevant sind, nicht aber in der Dienstart Pflege gebucht wurden, ist ebenfalls besondere Sorgfalt geboten.
Auch zu den Hinzurechnungspositionen ein Beispiel: Sofern ein Krankenhaus Leiharbeitnehmer einsetzt, sind gemäß Paragraf 6a Abs. 2 S. 9 KHEntgG nicht die tatsächlich entstandenen Kosten im Pflegebudget-Testat zu berücksichtigen, sondern lediglich solche, die bei Personal mit direktem Beschäftigungsverhältnis unter Berücksichtigung von Tarifgehältern angefallen wären. Erfahrungsgemäß gehen viele Krankenhäuser hier allerdings pauschal vor und setzen die jeweiligen pflegebudgetrelevanten Durchschnittskosten der Berufsgruppe mit direktem Beschäftigungsverhältnis an. Das ist allerdings zu kurz gedacht, da Leiharbeitnehmer häufig auch Zusatzqualifikationen (z.B. Fachkrankenpfleger für Intensivpflege) besitzen oder Nacht- bzw. Wochenenddienste übernehmen und sich damit höhere Kosten rechtfertigen lassen.
Weitere Tipps für Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer
Durch kleinere Stellschrauben können die pflegebudgetrelevanten Kosten schnell um mehrere Hunderttausend Euro steigen. Mitglieder der Geschäftsführung im Krankenhaus sollten sicher daher folgende Fragen stellen:
- Wer verantwortet in ihrem Krankenhaus die Erstellung des Pflegebudget-Testats? Gibt es mindestens zwei dafür qualifizierte Mitarbeiter, die durch ein Vier-Augen-Prinzip die Gefahr von Übertragungs- und Rechenfehlern minimieren? Findet dazu ein Austausch in interdisziplinären Teams statt?
- Gibt es Besonderheiten in ihrem Krankenhaus, die eine individuelle Berücksichtigung im Pflegebudget erfordern? Falls ja: Sind Erfahrungen und Rechenwege anderer Krankenhäuser bekannt?
- Sind (strukturelle) Sachverhalte, die sich im vergangenen Jahr in ihrem Krankenhaus geändert haben, sachgerecht dargestellt?
- Räumen sie ihren Mitarbeitern ausreichend Zeit für die Erstellung des Pflegebudget-Testats ein, um für einzelne Abzugs- bzw. Hinzurechnungspositionen mehrere Szenarien berechnen zu können?
- Kennen ihre Mitarbeiter alle aktuellen Schiedsstellenentscheidungen zum Pflegebudget und überprüfen diese auf Auswirkungen und Optimierungspotenziale für das Krankenhaus?
Pflegebudget-Testat als Grundlage der Budgetverhandlung
Das Pflegebudget-Testat ist zudem eine kritische Schnittstelle, die einen entscheidenden Anteil am Erfolg der Budgetverhandlungen hat. Ein aktuelles Gutachten im Auftrag der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft stellt klar, dass in retrospektiven – also rückwirkenden - Verhandlungen auch die testierten Kosten und Vollkräfte zu vereinbaren sind. An etwaige Korrekturen in der Verhandlung hat der Gesetzgeber hohe Anforderungen gestellt, die nur bei offensichtlichen Fehlern möglich sind, wobei die Darlegungs- und Beweislast bei den Kostenträgern liegt.
Nichtsdestotrotz gilt es, offen auf Rückfragen der Kostenträgern zu reagieren und Vorgehen oder Berechnungsmethodik unter Berücksichtigung der Gesetzesgrundlagen transparent zu beantworten. Das stärkt das Vertrauen der Vertragspartner und hilft, auch bei entgegengesetzten Interessenlagen zukunftssichere Budgetvereinbarungen zu schließen. Gleiches gilt selbstverständlich für prospektiv geführte Budgetverhandlungen, bei denen dem Krankenhaus der Ist-Kosten-Ausgleich auf das Pflegebudget-Testat zusteht (Paragraf 6a Abs. 2 S. 3 KHEntgG).
Auf die Wechselwirkungen des Pflegebudget-Testats zu anderen veröffentlichten Krankenhausdaten sollten Verantwortliche besonders achten, um Abweichungen in den Datenlieferungen auszuschließen.
Alles in allem hat das Pflegebudget-Testat in einem Krankenhaus hohe Relevanz. Daher sollte die Geschäftsführung ihren Mitarbeitern ausreichend Zeit für das Erstellen und Prüfen einräumen.





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