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Studie zu freiheitsentziehenden MaßnahmenBettengitter und Fixiergurte in Kliniken – Muss das sein?

Bis zu zehn Prozent der Patienten sind betroffen

Die Wissenschaftler, die bereits regelmäßig Pflegekräfte schulen, gehen davon aus, dass FEM in Akutkrankenhäusern bei rund zehn Prozent der Patienten angewandt werden. Dabei variiere der Einsatz je nach Fachgebiet stark und liege zwischen null und 30 Prozent, so Abraham. Auf Intensivstationen seien vor allem im Zusammenhang mit Beatmung oder dem Aufwachen bis zu 90 Prozent der Patienten betroffen. Grundsätzlich geht es meist um ältere Patienten mit Demenz, Patienten, die ihre Situation nach einer OP nicht richtig einschätzen können, ein Delir entwickeln und verwirrt sind, so dass sie aufstehen und stürzen oder sich Infusionen herausziehen.

FEM-Einsatz als Qualitätsmerkmal

Bei der Dokumentation der Maßnahmen sieht Abraham noch große Lücken. „Sie werden weniger dokumentiert als sie vorkommen“, ist er überzeugt. Ändern könne sich das zum Beispiel, wenn der Einsatz auch für das Controlling zur wichtigen Kennzahl und zum Qualitätsmerkmal einer Klinik werde. Damit wachse auch das Problembewusstsein auf den Stationen, sagt Abraham. Hinzu komme, dass sich Pflegende und ärztliches Personal im Klaren sein müssten, was Freiheitsentzug bedeute „und dass dies auch eine ethische Fragestellung ist“.

Natürlich müsse man den jeweiligen Menschen betrachten und die Situation genau prüfen, aber viele Gefahren entstünden erst aufgrund des Einsatzes von FEM, betont der gelernte Gesundheits- und Krankenpfleger. „Es ist ein komplexes Feld, in das pflegerische Maßnahmen, ärztliche Anordnungen, die Leitungskultur einer Einrichtung, physiotherapeutische Begleitung und ein gutes Überleitungsmanagement hineinspielen.“ Deswegen seien wissenschaftliche Belege wichtig.

An der Studie nehmen über sechs Monate sechs bis acht Krankenhäuser mit voraussichtlich 28 Stationen in der Region Halle-Leipzig teil. Dabei wird auf 14 Stationen das alternative Interventionsprogramm angewandt, die anderen behalten die bislang übliche Versorgung bei, erklärt Abraham: „Ziel ist es, daraus ein evidenzbasiertes Konzept für das Weglassen von FEM und den Einsatz von alternativen Strategien zu entwickeln.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert PROTECT über drei Jahre mit rund 580 000 Euro.

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