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NachwuchssorgenBrandenburger Kommunen sagen Ärztemangel den Kampf an

In vielen ländlichen Regionen werden die Ärzte knapp. Viele gehen bald in den Ruhestand. In Brandenburg werden Kommunen deshalb selbst aktiv und locken unter anderem mit einem Ärztestipendium.

Untersuchung
Andrey Popov/stock.adobe.com
Symbolfoto

Vor allem in den Landgemeinden Brandenburgs fehlen Ärztinnen und Ärzte. Es ist absehbar, dass sich die Situation demächst sogar noch verschärft, da viele aus Altergründen bald aufhören werden zu arbeiten. Um den Nachwuchs zu gewinnen, nehmen Kommunen mittlerweile selbst das Heft des Handelns in die Hand. Sie bieten Medizin- oder Zahnmedizinstudenten unter anderem eine monatliche finanzielle Unterstützung in Höhe von mehreren hundert Euro an. In die gleiche Richtung gehen die Förderprogramme der KV und des Gesundheitsministeriums in Brandenburg.

Wittenberge macht's vor

Auf den ersten Blick ist die Stadt Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs mit Ärzten nicht schlecht versorgt. Ein Gesundheitszentrum beherbergt mehrere Fachärzte wie einen Hautarzt oder Urologen. Ein Radiologe ist ebenfalls vor Ort und die derzeit in Groß Pankow angesiedelte Augenklinik zieht bald in einen Neubau am Wittenberger Bahnhof. Doch vor Ort empfinden Bürger und Kommunalpolitiker die Lage als nicht zufriedenstellend. Wer zum HNO-Arzt will, muss ins etwa 13 Kilometer entfernte Perleberg oder gleich über die Landesgrenze nach Mecklenburg oder Sachsen-Anhalt fahren. Ein Kinderarzt konnte nur mit Mühe in der Stadt gehalten werden.

Deswegen haben die Stadtverordneten zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen: Im Dezember haben sie einstimmig ein Ärztestipendium eingeführt. Damit bietet die Stadt Medizin- oder Zahnmedizinstudenten eine monatliche finanzielle Unterstützung. Im Gegenzug verpflichten sich die angehenden Mediziner, nach ihrer Facharztausbildung fünf Jahre primär in Wittenberge oder den zugehörigen Ortsteilen zu praktizieren.

Das ist kein Effekt, der nächstes Jahr greift. Es ist eine strategische Maßnahme, keine operative.

Dafür erhalten die angehenden Ärzte oder Zahnärzte monatlich 700 Euro. Maximal rund sechs Jahre wird das Stipendium gezahlt; bei Zahnmedizinern sind es wegen der kürzeren Studiendauer fünf Jahre. Dabei ist sich die Stadt bewusst, dass sich der Ärzte- und Zahnärztemangel vor Ort mit dieser Maßnahme nicht auf die Schnelle beheben lässt, sagt Koordinatorin Antje Kranz im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist kein Effekt, der nächstes Jahr greift. Es ist eine strategische Maßnahme, keine operative.“

Ärzte auch in Kliniken Mangelware

Doch in der Prignitz herrscht nicht nur Mangel bei niedergelassenen Ärzten. Auch das Kreiskrankenhaus in Perleberg bemüht sich um Nachwuchs. Jährlich vergibt es an drei Medizinstudenten, die das fünfte Semester erreicht haben, das „Prignitzer-Medizin-Stipendium“. Es wird für maximal vier Jahre gewährt. Zu den Bedingungen zählt die Bereitschaft, innerhalb von zwei Jahren nach Erlangung der Approbation eine ärztliche Tätigkeit im Kreiskrankenhaus Prignitz aufzunehmen.

Initiativen, um Ärztinnen und Ärzte aufs Land zu holen, gibt es auch andernorts. Der Landkreis Spree-Neiße hat jährlich fünf Ärztestipendien ausgelobt. Monatlich 500 Euro gibt es für maximal 63 Monate, wenn sich die Jungmediziner nach erfolgreichem Studium für mindestens fünf Jahre im Landkreis ansiedeln. Angehende Zahnärzte können mit der gleichen Summe für bis zu 42 Monate gefördert werden. Doch der Erfolg bleibt bisher offenbar aus: Im Herbst 2021 ist die Förderung an den Start gegangen, seitdem sind nach Angaben einer Landkreissprecherin noch keine Stipendien im Bereich Medizin vergeben worden.

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Eine finanzielle Förderung bietet auch die Stadt Guben (Spree-Neiße). Wer sich als Arzt oder Zahnarzt, in dessen Fachbereich eine Unterversorgung besteht, in der Stadt ansiedelt, kann einen einmaligen finanziellen Zuschuss von bis zu 20 000 Euro erhalten. Dieser kann für Investitionskosten sowie in den ersten sechs Monaten für Miet- und Betriebskosten verwendet werden.

Brandenburger KV engagiert sich

Auch Wittenberge unterstützt bereits praktizierende Ärzte: Im Stadtzentrum wird derzeit ein leerstehendes Gebäude durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft zu einem Ärztehaus umgebaut. Ab 2025 sollen dort drei bis vier Praxen zu günstigen Konditionen unterkommen.

Der Trend geht zu angestellten Ärzten.

Ob als Einzel-, Gemeinschafts- oder Leasingpraxis, im Teilzeit- oder Sharing-Modell – jede Form des Praktizierens sei denkbar, sagt Antje Kranz. „Der Trend geht zu angestellten Ärzten.“ Um Ärztinnen und Ärzte aufs Land zu locken, werden aber nicht nur die Kommunen selbst aktiv. Beispielsweise bietet die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) ein eigenes Förderprogramm an. Wer sind in einer ausgewiesenen Förderregion niederlässt, kann einen Zuschuss von bis zu 55 000 Euro erhalten. Junge Ärzte unterstützt die KVBB zudem beim Übergang vom Facharztabschluss bis zur Tätigkeit als Vertragsarzt mit einem Überbrückungsgeld von einmalig bis zu 4800 Euro.

Schon heute gibt es rund 300 offene Hausarztstellen. Altersbedingt wird sich diese Zahl in den nächsten Jahren verdoppeln.

„Damit allein werden wir dem Ärztemangel aber nicht erfolgreich begegnen können“, meint Sprecher Christian Wehry. Die Zahlen, die er nennt, sind alarmierend: Schon heute gebe es rund 300 offene Hausarztstellen. Altersbedingt werde sich diese Zahl in den nächsten Jahren verdoppeln.

Kürzungen beim Landärztestipendium

Auch das Brandenburger Gesundheitsministerium vergibt seit dem Wintersemester 2019/20 das „Landärztestipendium“. Mit dem Programm werden Studenten der Humanmedizin gefördert, die sich verpflichten, nach ihrer fachärztlichen Weiterbildung für mindestens fünf Jahre in ländlichen Regionen Brandenburgs tätig zu sein.

Anfang vergangenen Jahres wurde das Programm allerdings von 68 auf 18 Stipendien pro Jahr gekürzt – wegen Sparzwängen und Zuschüssen an die neue Medizinische Hochschule in Cottbus, hieß es. KVBB-Sprecher Wehry hat dafür kein Verständnis: „Aus unserer Sicht ist das eine sehr gute und zielführende Maßnahme, um den ärztlichen Nachwuchs schon frühzeitig für das Land Brandenburg gewinnen zu können.“

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