
Deutschland als erstes Land in dem die Kinderchirurgie abgeschafft ist? Das werde nicht passieren und das könne sie sich nicht vorstellen, sagte DGKJCH-Präsidentin PD Dr. Barbara Ludwikowski noch vor wenigen Monaten im Interview mit kma. Doch die Zukunft des Faches bleibt unklar: In einem offenen Brief hat sich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) am 22. April deshalb an die Verantwortlichen in der Gesundheitspolitik gewandt. Sie plädiert dafür, die beiden pädiatrischen Leistungsgruppen 16 und 47 einzuführen: 16 für die spezielle Kinder- und Jugendchirurgie und 47 für die spezielle Kinder- und Jugendmedizin.
Mit der Nichteinführung dieser Leistungsgruppen wird eine wichtige Chance zur optimalen Versorgung von komplex erkrankten Kindern und Jugendlichen vertan.
AG Gesundheit sieht Leistungsgruppen 16 und 47 nicht vor
„Wir sind darüber erstaunt, dass die Arbeitsgruppe Gesundheit in den nächsten drei Jahren nicht vorsieht, diese zusätzlichen Leistungsgruppen einzuführen“, sagt die international erfahrene Kinderchirurgin und Kinderurologin Ludwikowski. Insbesondere diese Leistungsgruppen würden eine zentralisierte und spezialisierte Behandlung von Kindern- und Jugendlichen versprechen, die in Deutschland dringend notwendig sei. „Mit der Nichteinführung dieser Leistungsgruppen wird eine wichtige Chance zur optimalen Versorgung von komplex erkrankten Kindern und Jugendlichen vertan“, erklärt die Präsidentin der DGKJCH.
Komplexe angeborene Fehlbildungen gehören laut der Fachgesellschaft zu den seltenen Erkrankungen und bedürfen einer spezialisierten Behandlung. Neben der Neugeborenenchirurgie sind es die spezialisierte Kinderurologie und Kinderorthopädie, die von Spezialistinnen und Spezialisten mit Zusatzweiterbildung erbracht werden, außerdem die operative Kinderonkologie und die zentralisierte Behandlung von speziellen thermischen Verletzungen. Für diese speziellen Behandlungen fordert die DGKJCH eine Leistungsgruppe 16, damit eine hochqualifizierte Behandlung mit ausreichend zur Verfügung stehendem qualifizierten Personal erfolgen kann.
Eine Versorgung in Einrichtungen der Erwachsenenmedizin ist nicht kindgerecht und ermöglicht auch nicht eine Versorgung auf fachärztlichem kinderchirurgischem Niveau.
Kinderchirurgische Institutsambulanzen schaffen
Eine weitere Notwendigkeit sieht die DGKJCH in der Einführung von kinderchirurgischen Institutsambulanzen in Analogie zu den Institutsambulanzen der Kinder- und Jugendmedizin. „Nur so können Kinder und Jugendliche mit komplexen Erkrankungen optimal ambulant versorgt werden“, betont Ludwikowski. „Eine Versorgung in Einrichtungen der Erwachsenenmedizin ist nicht kindgerecht und ermöglicht auch nicht eine Versorgung auf fachärztlichem kinderchirurgischem Niveau.“
Die Ausgliederung von Patientinnen und Patienten aus der sektorgleichen Vergütung (Hybrid-DRGs) nach Paragraf 115f SGB V im Rahmen des KHVVG ist für die kinderchirurgische Gesellschaft ebenfalls nicht nachvollziehbar. Die Herausnahme von bereits bestehenden Hybrid-DRG-Fällen mache die Planung für niedergelassene Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen, aber auch für die Krankenhäuser, unmöglich. Des Weiteren sei es fachlich nicht zu vertreten, dass Leistungen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit höherem personellem Aufwand schlechter vergütet werden soll.
Appell an die Gesundheitspolitik
"Wir appellieren an die zukünftige Bundesregierung, eine der vulnerabelsten Patientengruppen, nämlich unsere Kinder und Jugendlichen mit chirurgischen Erkrankungen, bei der Einführung neuer Versorgungsrichtlinien nicht zu vergessen!“, so Ludwikowski. Es bleibt zu hoffen, dass der Appell in Berlin gehört wird.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH)
Die Kinderchirurgie, vertreten durch die DGKJCH, ist eine wesentliche Säule der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland. Zu ihr gehören neben der allgemeinen Kinderchirurgie die Neugeborenenchirurgie, Kinderurologie, Kindertraumatologie (Kinderunfallchirurgie) und die chirurgische Kinderonkologie. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen, denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.
Hier können Sie den offenen Brief der DGKJCH lesen.








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