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TechnologisierungDer Zwang zur Effizienz- und Prozessoptimierung im OP

Die moderne Medizintechnik hat es möglich gemacht, dass Kardiologen und Operateure auch mit kleinen Einschnitten beziehungsweise einem Einstich in eine Ader ans Ziel kommen. Welche Instrumente und Techniken haben die Operationen in letzter Zeit revolutioniert? Und vor welchen Herausforderungen steht das OP-Management heute? Ein Interview mit Florian Distler, Business Director Integrated Health Solutions bei Medtronic.

OP-Trakt des Malteser Krankenhauses St. Anna
Foto: Medtronic
In nur sechs Monaten wurde der gesamte OP-Trakt der HNO-Klinik in Duisburg umgebaut.
HNO-Suite im Malteser Krankenhaus St. Anna
Foto: Medtronic
In Zusammenarbeit mit Medtronic enststanden 2015 im Malteser Krankenhaus St. Anna in Duisburg drei HNO-Suiten, die zu den modernsten Deutschlands zählen.
Florian Distler, Medtronic
Foto: Medtronic
Florian Distler, Business Director Integrated Health Solutions bei Medtronic

Herr Distler, vor welchen Herausforderungen steht das OP-Management heute?

Mit zunehmender Technologisierung der Operationssäle (minimalinvasive Verfahren, intraoperative Bildgebung und Navigation, etc.) steigt der Bedarf an fachlicher Spezialisierung des OP-Personals. Ein Zentral-OP wird in Folge vielfach nicht mehr durch ein großes interdisziplinäres OP-Team betreut, sondern durch auf bestimmte medizinische Fachbereiche bzw. Prozeduren spezialisierte Mitarbeiter. In Folge neuer Technologien und Prozeduren nimmt der Anteil an ambulanten und „kurzzeitchirurgischen“ Eingriffen kontinuierlich zu; Patienten werden also zunehmend erst am eigentlichen Tag der Operation in die Klinik einbestellt. Hierdurch ergeben sich neue Anforderungen an das OP-Management im Sinne einer funktionalen Planung von Kapazitäten, Ressourcen und OP-Zeiten, um unnötige Wartezeiten für den Patienten und sich daraus ergebende Unzufriedenheiten zu vermeiden.

Die Weiterentwicklung der minimal-invasiven Techniken sowie der bildgebenden Technologien führte zur Entwicklung des hybriden Operationssaals – einer Kombination aus konventionellem OP mit einer Anlage zur Bildgebung – MRT, CT oder Angiographie. Wie verbindet der Hybrid-OP Chirurgie und Bildgebung miteinander?

Die Besonderheiten eines Hybrid-OP ergeben sich unter anderem aus dem räumlichen Zusammenspiel eines flexiblen, beweglichen Tischsystems sowie einer fest im OP installierten Bildgebung. Hierdurch können Diagnostik und Therapie intraoperativ miteinander verschmolzen werden. So etwa im Bereich der Herz- und Gefäßchirurgie, wo eine detaillierte, dreidimensionale Darstellung der Gefäße eine zwingende Voraussetzung für die Durchführung von minimal-invasiven Eingriffen ist. Dank der hohen Flexibilität der Tischsysteme können in der Regel unterschiedlichste medizinische Prozeduren in den Hybrid-OP durchgeführt werden.

Ein Hybrid-OP stellt eine enorme Investition dar; die Anschaffung allein kostet ein bis zwei Millionen Euro, dazu kommen noch hohe Umbau- und Wartungskosten. Welche therapeutischen Optionen und Behandlungsmöglichkeiten knüpfen sich daran?

Hybrid-OP sind in der Regel multifunktional beziehungsweise interdisziplinär nutzbar – unter anderem in der Kardiologie, Neurochirurgie, orthopädischen Chirurgie sowie Gefäßchirurgie – und ermöglichen insofern eine gleichmäßige, effiziente Auslastung der geschaffenen Kapazitäten. Dies begünstigt grundsätzlich eine zeitnahe Amortisation der Investition.

Grundsätzlich gibt es mobile und fest installierte Angiographiesysteme. Wo liegen die Unterschiede (auch preislich)?

Bezogen auf die Funktionalitäten und Preise von Angiographiesystemen ist aktuell eine große Spreizung im Markt zu beobachten: Anfangspreise bewegen sich bei ungefähr 450.000 Euro (netto). Bei Integration von CT- und MRT-Funktionalitäten können Preise aber auch im Bereich von bis zu 2 bis 3 Millionen Euro (netto) liegen. Häufig werden bauliche und statische Maßnahmen notwendig, die zu zusätzlichen Kosten führen. Im Vergleich hierzu liegen Preise von mobilen Angiographiesystemen (in der Regel konventionelle C-Bögen) im Bereich von 80.000 bis 250.000 Euro.

Warum wird der Hybrid-OP derzeit in der Gefäßchirurgie am meisten genutzt?

Kunden von uns beobachten oft, dass durch einen Hybrid-OP sich innerhalb der Gefäßchirurgie insbesondere bei Aussackungen der Bauchaorta (abdominelles Aortenaneurysmen / AAA) deutliche Erfolge erzielen lassen. Hierbei handelt es sich eine lebensbedrohliche Ausbeulung oder Gewebeschwächung der Hauptschlagader, die unbehandelt reißen und damit zum Tode des Patienten führen kann. Eine minimalinvasive endovaskuläre Behandlungsform stellt das Einsetzen von sogenannten Stentgraft-Systemen in die Bauchaorta dar. Je nach Schweregrad und Komplexität des Eingriffs können Hybrid-OPs hierbei Vorteile für Operateur und Patient bieten wie etwa eine allgemeine Verringerung der OP-Risiken, eine Verkürzung der OP-Zeiten, eine Reduktion der intraoperativen Gabe von Kontrastmitteln sowie eine Reduktion der Durchleuchtungszeiten.

Weshalb wurde 2013 Medtronic Integrated Health Solutions gegründet?

Seit der Gründung des Geschäftsbereichs „Medtronic Integrated Health Solutions“ (IHS) im Jahr 2013 ist Medtronic Partnerschaften mit Krankenhäusern in ganz Europa eingegangen. Das Hauptaugenmerk von IHS liegt auf den Bereichen Effizienz- und Prozessoptimierung – mit dem Ziel, bessere medizinische und wirtschaftliche Ergebnisse für die Krankenhäuser zu realisieren. Gegenstand der IHS Partnerschaften sind verschiedene Programme zur Qualitätsverbesserung, Erhöhung der Patientenzufriedenheit und Effizienzsteigerung sowie der Betrieb von Katheterlaboren und Operationssälen. Interessierten Partnerkrankenhäusern bietet Medtronic nicht nur ein breites Portfolio innovativer Medizinprodukte, sondern auch ein hochkarätiges internationales, umsetzungsorientiertes Beraterteam. Dieses Team vereint langjährige Methodenkompetenz mit umfangreicher Marktexpertise im Krankenhaus- und Gesundheitssektor.

Mit welchen Krankenhäusern kooperieren Sie?

Die Entscheidung für eine Kooperation sowie deren Inhalt und Umfang ergeben sich individuell aus den jeweiligen Bedürfnissen und Fragestellungen des Kunden. Medtronic Integrated Health Solutions bietet Kunden Partnerschaften unabhängig von deren Größe, Versorgungstufe oder Trägerschaft an. Wir haben mittlerweile mehr als 100 langfristige Kooperationsverträge in rund 20 Ländern abgeschlossen, hauptsächlich in Europa. So entstanden 2015 in Zusammenarbeit mit uns im Malteser Krankenhauses St. Anna in Duisburg drei HNO-Suiten, die zu den modernsten Deutschlands zählen. In nur sechs Monaten wurde der gesamte OP-Trakt der HNO-Klinik umgebaut. Nicht nur dank elektromagnetischem HNO-Navigationssystem oder leistungsfähigen neuen Instrumenten wie z.B. dem Shaver, einer Art „Mikro-Rasierer“ und Bohrer mit integrierter Spülung, kann in Zukunft zuverlässig noch genauer operiert werden. Ein weiteres Beispiel für moderne chirurgische Technologie ist das Neuromonitoring-System, das den Patienten vor etwaigen Verletzungen der Nerven schützt.Oder wir sind beispielsweise Kooperationspartner der Kliniken der Stadt Köln und werden die Klinik für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie im Krankenhaus Merheim umfassend umbauen und erweitern. Die Investition hat ein Volumen von 32 Millionen Euro und die Fertigstellung ist für den Herbst 2017 geplant. Wartezeiten auf Herzkatheter-Untersuchungen werden den der Vergangenheit angehören.

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