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InterviewFranz Wagner vom DPR fordert Einführung der PPR 2.0

Sie postulieren, dass die PPR 2.0 schnell umsetzbar wären. Wie schnell denn genau? 

Innerhalb von ein paar Monaten wären die Krankenhäuser soweit, dass sie zumindest die Einstufung nach den PPR 2.0 machen könnten und wir hätten dann schon einmal Zahlen, um den Personalbedarf zu ermitteln. Wenn der Minister das Instrument noch weiter erproben will, gibt es auch dafür Optionen. Doch wir müssen jetzt endlich starten. 

Und parallel dazu, muss noch in dieser Legislaturperiode der gesetzliche Auftrag für ein Instrument erteilt werden, das danach kommt. Denn dieser ganze Prozess braucht enorm viel Zeit – allein die Ausschreibung und die Vergabe. Mein Vorschlag: Wir starten jetzt zeitnah mit den PPR 2.0 und nach der Wahl evaluieren wir, ob sie eingeführt werden könnten. Zeitgleich beginnen wir mit der Entwicklung eines langfristigen Personalbemessungsinstruments und legen dafür noch vor der Wahl den gesetzlichen Grundstein. 

Es dürfte allen Beteiligten klar sein, dass was jetzt nicht mehr auf den Weg gebracht wird, in dieser Legislatur auch nicht mehr passieren wird. Daher muss noch in dieser Legislaturperiode der gesetzliche Auftrag für ein Instrument erteilt werden, das danach kommt. Ob dann die bestehende Konstellation weiterentwickelt wird oder man einen ganz anderen Ansatz findet, kann man dann entscheiden.

Was würde die Einführung der PPR 2.0 denn für die Krankenhäuser bedeuten? Ich glaube ein weiteres Mehr an Bürokratie ist schwer vermittelbar.

Die PPR 2.0 würden kaum zusätzlichen Dokumentationsaufwand mit sich bringen. Wenn jemand Routine hat, sind das – auch je nach Digitalisierungsgrad des Krankenhauses – ein paar Minuten, um den täglichen Bedarf zu ermitteln. Aus unserer Sicht ist das eine absolut lohnenswerte Kosten-Nutzen-Konstellation. Wenn anhand dieser Erfassung am Ende verlässlich erkennbar ist, dass ein Mehr an Personal nötig ist, dann rentiert sich der Aufwand. 

An einigen Krankenhäusern funktioniert die Auswertung auch mit den gängigen Systemen schon per Knopfdruck. Die IT-Anbieter versichern, dass diese Schnittstelle bei allen Systemen machbar bzw. bereits vorhanden ist. Vielleicht kann das auch ein Anlass für Häuser sein, die Digitalisierung voranzutreiben. Die Mittel dafür werden derzeit vom BMG auch zur Verfügung gestellt. 

Zum 1. Februar 2021 gelten für weitere Bereiche Pflegepersonaluntergrenzen. Geht das nicht an Ihrem eigentlichen Ziel den PPR 2.0 vorbei? Würden diese eingesetzt, wären die PPUG doch obsolet, oder? Ist das ein weiteres Zeichen, dass Spahn die PPR 2.0 nicht will?

Nein, ich bin und bleibe Optimist und setze auf die Einsicht von Herrn Spahn, dass wir mehr Verbindlichkeit brauchen. Ein neues Personalbemessungsinstrument können wir nicht von heute auf morgen einführen. In der Konvergenzphase machen daher Untergrenzen durchaus Sinn und daher würde ich die Festsetzung dieser jetzt nicht als Absage an die PPR 2.0 sehen. Die Ausgangslage wird so sein, dass es eine auskömmliche Personalausstattung gibt und für diese festgelegt werden muss, welcher Wert auf keinen Fall unterschritten werden darf. 

Herr Spahn hat kein grundsätzliches Aussetzen der PPUG in der zweiten Corona-Welle angekündigt, sondern Ausnahmen für besonders betroffene Kliniken. Es wird also differenzierter geschaut, wie sich die Situation weiterentwickelt. In Corona-Hotspots können Patientenströme auch heute schon gesteuert werden, indem man elektive Eingriffe verschiebt und diese Betten freilässt. Und auch Pflegefachpersonen von den peripheren Stationen können auf Intensivstationen unterstützen. Dazu kommen auch noch die freiwilligen Reserven und die Leiharbeitskräfte im Intensivbereich. Ich denke, dass wir die PPUG deshalb nicht generell aussetzen müssen. Dennoch müssen wir ein Auge darauf haben, normale gesetzliche Regelungen zum Arbeitsschutz einzuhalten. Dauerhafte 12-Stunden-Schichten und infiziertes Pflegepersonal ohne Symptome am Krankenbett sind für mich keine hinnehmbare Lösung. 

Erschienen in kma 12/20  Jetzt kaufen!

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