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Bund-Länder-TreffenGroße Krankenhausreform – große Erwartungen

Am Mittag findet das Bund-Länder-Treffen zur geplanten Krankenhausreform statt. Große Hoffnungen werden in die Reform gesetzt, die DKG fordert allerdings dringend einen Prozess- und Zeitplan. UKSH-Chef Scholz sprach sich für eine Klinik-Reduzierung aus.

Bund-Länder-Treffen
Andrii Yalanskyi/stock.adobe.com
Symbolfoto

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD), die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder sowie Experten der Koalitionsfraktionen beraten heute (5. Januar) ab 12 Uhr in einer Schaltkonferenz über die große Krankenhausreform. Am Nachmittag (14.30 Uhr) wird Lauterbach bei einer Pressekonferenz über die Ergebnisse informieren.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat Bund und Länder vor den Beratungen dazu aufgefordert, einen „abgestimmten Prozess- und Zeitplan“ zur Umsetzung vorzulegen. „Die Krankenhäuser brauchen schnellstmöglich Planungssicherheit und eine Zukunftsperspektive, um die Standorte für die neuen Versorgungsaufgaben und Versorgungsrealitäten fit machen zu können“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß am Vortag. Seit vielen Jahren befinde man sich in einer Art Krisendauermodus.

Die Ampel hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, „die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ auf den Weg zu bringen. Dafür wurde im vergangenen Mai eine Expertenkommission eingesetzt, die seitdem drei Stellungnahmen mit konkreten Reformvorschlägen vorgelegt hat. Es ging darin um mehr Geld für Kinder- und Geburtskliniken, um Entlastungen fürs Personal durch weniger unnötige Übernachtungen in Kliniken und schließlich um die Finanzierung der Krankenhäuser.

Große Krankenhausfinanzreform

Die Vorschläge zu Kinderkliniken, Geburtshilfe und weniger Klinikübernachtungen sind schon per Gesetz auf den Weg gebracht, nun geht es um die Umsetzung des größten Brockens: die Reform der Klinikfinanzierung. In Deutschland gibt es etwa 1900 Krankenhäuser mit rund 488 000 Betten. Etwa ein Drittel der jährlichen Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen – mehr als 85 Milliarden Euro – gehen in Krankenhausbehandlungen.

Die Finanzreform soll die Ressourcen besser verteilen. Der Kommissionsvorsitzende und langjährige Chefarzt einer Berliner Klinik, Prof. Tom Bschor, hatte von einer „Überversorgung“ in bestimmten Bereichen und „Unterversorgung“ beispielsweise in der Kinderheilkunde gesprochen. Im Interview bei „Apotheken-Umschau.de“ erklärte er, Deutschland gebe zwar mehr Geld für seine Krankenhäuser aus als die europäischen Nachbarn. „Trotzdem ringen Kliniken oder Abteilungen ums finanzielle Überleben und trotzdem gibt es große Qualitätsdefizite: Schlaganfälle beispielsweise werden nicht ausschließlich in Abteilungen mit spezieller Stroke-Unit behandelt und Krebsleiden zu häufig nicht in zertifizierten Krebszentren.“

Die Gesetzlichen Krankenkassen werfen den Bundesländern vor, Investitionen in Kliniken zu vernachlässigen. Die Länder seien gesetzlich dazu verpflichtet, notwendige Investitionen in die Kliniken zu finanzieren, etwa neue MRT-Geräte oder Um- und Neubauten der Gebäude. „Aber diese Investitionskosten werden durch die Länder überwiegend nicht gezahlt“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Kassen (GKV), der Deutschen Presse-Agentur.

Über die konkrete Umsetzung folgender Vorschläge der Regierungskommission beraten Bund und Länder:
  • Weniger „Gemischtwarenladen“, mehr Spezialisierung. Kliniken sollen gezielte Aufträge bekommen, welche verschiedenen Leistungen sie durchführen sollen (Leistungsgruppen) – zum Beispiel Nieren-, Herz- oder Magen-Darm-Behandlungen - statt eine allgemeine Fachabteilung Innere Medizin zu unterhalten, in der dann möglicherweise „auch eine kleine, schlecht ausgestattete Abteilung vom akuten Herzinfarkt bis zur komplexen Krebserkrankung alles machen darf“, sagt Bschor.
  • Die Krankenhäuser sollen den Vorschlägen zufolge zudem bundesweit einheitlich drei Stufen zugeordnet und entsprechend gefördert werden: Kliniken zur Grundversorgung, Häuser mit Regel- und Schwerpunktversorgung und Maximalversorger wie die Unikliniken.
  • Die (DRG) Fallpauschalen sollen deutlich abgesenkt werden. Kliniken bekommen momentan pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Euro-Betrag. Das führt Lauterbach zufolge zu einem „Hamsterrad-Effekt“, möglichst viele Behandlungen auf möglichst billige Weise durchzuführen, worunter die Qualität leiden und das knappe Personal weiter unter Druck kommen kann. Sinkende Pauschalen würden laut Bschor den Anreiz senken, etwa „Knieprothesen selbst bei fraglicher Indikation einzubauen“, und Geld freimachen für sogenannte Vorhalteleistungen.
  • Krankenhäuser sollen den Reformvorschlägen zufolge künftig unter anderem für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik feste Beträge bekommen (Vorhalteleistungen). „Wie die Feuerwehr, die ja auch nicht nur bezahlt wird, wenn es brennt“, so der Chef der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“.

Das Vorhaben ist ein Langfrist-Projekt. Lauterbach hatte von einer „Revolution“ für die Kliniken gesprochen. „Die Medizin wird wieder in den Vordergrund der Therapie gestellt und folgt nicht der Ökonomie“, sagte der Minister im vergangenen Monat bei der Vorstellung des Krankenhauskonzepts. Bschor hält es „nicht für illusorisch“, dass die Reform in diesem Jahr gesetzgeberisch umgesetzt werden und Anfang 2024 in Kraft treten könnte. Die Kommission empfiehlt dann eine fünfjährige Übergangsphase, „in der das System Stück für Stück umgestellt wird“.

UKSH-Chef Scholz sieht keine Alternativen zu Schließungen

Der Vorstandschef des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Jens Scholz, sprach sich in der Debatte für eine deutliche Reduzierung der Klinik-Standorte aus. Scholz, auch erster Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/5.12.2023), bei der jüngsten Reform der Notfallversorgung seien 600 der insgesamt 1900 Kliniken ausgeschlossen worden, weil sie nicht über die entsprechende Ausstattung verfügten. Dennoch habe sich die Versorgung der Bevölkerung nicht verschlechtert. Zu Klinikschließungen gebe es schon wegen der bestehenden großen Personalprobleme „keine Alternative“.

Mit Blick auf das Pflegepersonal sagte Scholz, Deutschland nehme im internationalen Vergleich bei der Zahl der Pflegekräfte pro Einwohner einen Spitzenplatz ein. „Wir haben also genug Pflegekräfte, sie sind nur an falscher Stelle.“ Er kritisierte in diesem Zusammenhang die von der Regierungskommission geplante Übergangszeit. „Ich fürchte, dass wir keine fünf Jahre mehr haben.“ So würden die Personalprobleme immer größer. Auch drohten wegen der finanziellen Schwierigkeiten der Kliniken weitere Insolvenzen. „Dabei gehen uns möglicherweise Kliniken verloren, die wir eigentlich brauchen.“

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