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Kassen und KrankenhäuserDie große Enttäuschung nach dem Haushalts-Krimi

Mehrere Darlehen aus dem Bundeshaushalt sollen die Sozialversicherungen stabilisieren. Das BMG betont zudem eine Entlastung für die Krankenhäuser. Aber Ministerin Nina Warken setzt noch auf Nachbesserungen – und viele sind enttäuscht.

Verschiedene-Euro-Geldscheine
Tatjana Balzer/stock.adobe.com
Symbolfoto

Die gesetzlichen Krankenversicherungen sollen mit zusätzlichem Geld des Bundes gestützt werden – neue Beitragsanhebungen sind damit aber noch nicht vom Tisch. Das Kabinett verständigte sich in den Eckpunkten für den Haushalt 2025 unter anderem auf zwei neue Darlehen und eine spätere Rückzahlung eines alten Darlehens, teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit. Dies soll die Kassen übergangsweise um 5,6 Milliarden Euro entlasten. 

Dadurch könne die Finanzlücke für 2026 wohl auf vier Milliarden Euro reduziert werden, hieß es weiter. Das reiche aber noch nicht, um Beitragssteigerungen im neuen Jahr zu verhindern. Grund seien extrem stark steigende Ausgaben. 

Die Finanzspritzen kommen zusätzlich zum regulären Bundeszuschuss von 14,5 Milliarden Euro. Wegen steigender Kosten waren die Zusatzbeiträge, die die Kassen jeweils für ihre Versicherten festlegen, zu Jahresbeginn bereits auf breiter Front gestiegen.

BMG sieht Entlastung für Krankenhäuser

Mit der Finanzierung des Krankenhaustransformationsfonds aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität werde die GKV über zehn Jahre von jährlich 2,5 Milliarden Euro sonst zusätzlichen Kosten entlastet, erklärt das BMG weiter. Zudem werden die Sofort-Transformationskosten der Krankenhäuser aus den Jahren 2022 und 2023 laut Ministeriumsangaben durch einen aus Bundesmitteln zu finanzierenden Rechnungszuschlag für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität finanziert, was die Krankenhäuser entlaste.

Warken setzt noch auf den Bundestag

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte, die Etat-Einigung der Regierung zeige die Handlungsfähigkeit der Koalition in schwierigen Zeiten. „Trotzdem ist uns bewusst, dass dieser Haushaltsentwurf nicht das letzte Wort sein kann. Ich setze dabei aufs parlamentarische Verfahren.“ Sie sei sich mit Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) einig, dass Beitragserhöhungen verhindert werden müssten, um den Wirtschaftsaufschwung nicht zu gefährden. Mit den zugesagten Darlehen werde das kaum gelingen, betonte Warken.

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Für die Pflegeversicherung sehen die Haushalts-Eckpunkte vor, dass der Bund zwei nicht zu verzinsende Darlehen gibt – 500 Millionen Euro für 2025 und für 2026 nochmals 1,5 Milliarden Euro. Für dieses Jahr könne die Finanzlage der Pflegeversicherung damit voraussichtlich stabilisiert werden. Für 2026 seien aber „zusätzliche Finanzierungselemente“ notwendig, um die Beitragssätze konstant zu halten, denn es fehlten mindestens weitere zwei Milliarden Euro.

Deutliche Kritik vom GKV-Spitzenverband

Der GKV-Spitzenverband zeigte sich „enttäuscht, dass die vollständige Refinanzierung versicherungsfremder Leistungen wieder nicht angegangen wird“. Einmal mehr fehle in der Haushaltsplanung des Bundes „die vollständige Gegenfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung der Bürgergeldbeziehenden und die Finanzierung der Rentenbeiträge für die pflegenden Angehörigen“, erklärten die Verwaltungsratsvorsitzenden Uwe Klemens und Dr. Susanne Wagenmann.

Die finanziellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung über Darlehen lösen zu wollen, sei „nicht nur kraftlos, sondern auch wenig zielführend“. Eine Darlehenslösung sei nicht nachhaltig und verschiebe die Finanzierungslast letztlich nur in die Zukunft. Solange die Schere zwischen laufenden Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinandergehe, „bleibt der permanente Erhöhungsdruck auf die Zusatzbeitragssätze beziehungsweise auf den Pflegebeitragssatz grundsätzlich bestehen, er wird nur vorübergehend kaschiert“, kritisieren Klemens und Wagenmann: „Wir wünschen uns hier von der neuen Bundesregierung mehr Tatkraft.“

TK-Chef fordert, Kosten zu dämpfen

Auch Dr. Jens Baas ist nicht zufrieden: „Angesichts der Ausgabendynamik sind die Darlehen nur ein Tropfen auf den heißen Stein und verschieben die Probleme, statt sie zu lösen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse. In der Krankenversicherung müsse es darum gehen, die explodierenden Ausgaben zu dämpfen. Außerdem müsse der Staat bei Aufgaben, für die er zuständig ist, finanzielle Verantwortung übernehmen, so Baas: „Er schuldet der gesetzlichen Krankenversicherung allein für die Versorgung von Bürgergeldempfängern jährlich rund zehn Milliarden Euro.“

AOK: „Gewaltige Lücke zwischen Worten und Taten“

Für Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, sind die jetzigen Maßnahmen ebenfalls „bei weitem zu wenig und ordnungspolitisch fragwürdig“. Aktuell klaffe „eine gewaltige Lücke zwischen Worten und Taten“. Sie hoffe, dass Finanz- und Gesundheitsministerium schnell für mehr Planungssicherheit sorgten und die angekündigten Finanzmittel für GKV und SPV in die Haushaltsberatungen einbringen werden. „Wir brauchen parallel auch Sofortmaßnahmen auf der Ausgabenseite“, erklärte Reimann: „Die Ministerin muss auch den rapiden Anstieg der Ausgaben entschieden drosseln, indem sie bei den Kosten auf die Bremse steigt und die Ausgabenentwicklung an die Einnahmenentwicklung koppelt.“

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