
Auch die Kliniken in Baden-Württemberg steuern auf eine finanzielle Katastrophe zu. Wie die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) gemeinsam mit dem Landkreistag, dem Städtetag und dem Gemeindetag mitteilt, fehlen den Krankenhäusern im Jahr 2025 eine Milliarde Euro in den Wirtschaftsplänen. Zusammen mit den Defiziten der Vorjahre summiert sich das Minus auf über 2,5 Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren.
„Wir haben die schlankste Krankenhausstruktur Deutschlands – und trotzdem die höchste Defizitquote bundesweit“, warnt BWKG-Vorstandsvorsitzender Heiner Scheffold. Die niedrige Bettenzahl pro 100.000 Einwohner spare zwar Kosten für Krankenkassen und das Land, doch die wirtschaftliche Lage der Kliniken sei alarmierend. Laut Prognosen schreiben 60 bis 70 Prozent der Häuser rote Zahlen, trotz Bundeshilfen und erhöhter Investitionskostenfinanzierung.
Kommunen am Limit
Besonders dramatisch ist die Lage für kommunale Träger. „Die Kommunen befinden sich in der schlimmsten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg“, betont Dr. Achim Brötel, Präsident des Landkreistags. Viele Städte und Gemeinden sehen sich gezwungen, bei anderen öffentlichen Leistungen wie Nahverkehr, Bildung oder Kultur drastisch zu kürzen, um Klinikdefizite auszugleichen.
Auch die verfassungsrechtlich geschützte Trägervielfalt steht auf dem Spiel. Private und freigemeinnützige Träger können nicht auf Notfinanzierungen zurückgreifen – ihre Rücklagen sind aufgebraucht. Die Regierungspräsidien könnten Landkreise und Stadtkreise zwar verpflichten, Einrichtungen selbst zu betreiben, doch auch das sei langfristig keine Lösung.
Appell an die Politik
Dr. Frank Mentrup, Präsident des Städtetags, kritisiert die zunehmende Verantwortungslosigkeit des Bundesgesetzgebers: „Eine stabile Krankenhauslandschaft ist ein zentraler Pfeiler der Daseinsvorsorge. Doch der Bundesgesetzgeber stiehlt sich zunehmend aus der Verantwortung.“ Einschränkungen in der Versorgung seien unvermeidlich – von Insolvenzen über Stationsschließungen bis hin zu Leistungskürzungen.
Steffen Jäger vom Gemeindetag fordert eine Reform des Finanzierungssystems. Wenn die effizienteste Struktur die höchsten Defizite produziert, sei das System falsch.
Drei zentrale Forderungen
Die vier Verbände fordern dringende gesetzliche Änderungen in drei Bereichen:
- Berücksichtigung des hohen Lohn- und Preisniveaus: Die überdurchschnittlichen Sozialversicherungsbeiträge in Baden-Württemberg müssen sich in der Vergütung der Kliniken widerspiegeln.
- Verlässliche Infrastrukturfinanzierung bei Leistungsschwankungen: Derzeitige Regelungen benachteiligen Kliniken bei sinkenden Fallzahlen überproportional.
- Vergütungszuschlag für vorbildliche Strukturen: Effizienz muss belohnt werden – insbesondere in einem Bundesland mit der niedrigsten Bettendichte.
Lucha: „Diese systematische Schieflage müssen wir korrigieren“
„Die Sorgen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und der kommunalen Landesverbände teile ich ausdrücklich“, erklärt Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha. Seiner Ansicht nach darf es nicht sein, dass gerade die Kliniken, die besonders effiziente Strukturen haben, die höchsten Defizite schreiben. „Diese systematische Schieflage müssen wir dringend korrigieren.“
Es brauche dringend eine Bundeslösung, die regionale Lohn- und Preisniveaus berücksichtigt und eine faire, verlässliche Vergütung sicherstelle. Er sei schon vor dem Kabinettsbeschluss gegen die Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel gewesen.








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