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KommentarDas Krankenhauszukunftsgesetz als echte Chance

Ein drei Milliarden Euro schwerer Fördertopf für Krankenhäuser – damit hat das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) großes Potenzial, grundlegende Weichen für die Digitalisierung unseres Gesundheitswesens zu stellen.

Admir Kulin
m.Doc GmbH
Admir Kulin, Gründer und Geschäftsführer der m.Doc Gmbh, Anbieter für innovative digitale Gesundheitslösungen.

Die schönsten Träume sind bekanntlich die, die wahr werden. Erinnern Sie sich noch an die „gute Fee“ aus meinem Kommentar zum 20-Millionen-Abenteuer der Corona-App? Damals habe ich mir im Traum ausgemalt, was die klügsten Köpfe der Digital-Health-Branche mit einem solchen Budget wohl alles realisieren könnten. Und nun setzt die Fee sogar noch einen drauf: Sie verteilt großzügig an alle. Insgesamt drei Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt sollen im Rahmen eines Krankenhauszukunftsfonds in eine modernere und bessere Ausstattung der Krankenhäuser und Kliniken des Landes fließen.

Und das ist tatsächlich kein Traum, sondern kann in allen einschlägigen Tageszeitungen nachgelesen werden. Vermutlich hat der ein oder andere für Digitalisierung verantwortliche Klinikmitarbeiter die Berichte vorsichtshalber mehrfach gelesen und sich vielleicht sogar verstohlen in den Arm gekniffen, nur um ganz sicher zu sein, doch nicht zu träumen.

Denn die Liste der förderfähigen Investitionen ist lang

Anpassung der Notaufnahmen an den Stand der Technik, Einrichtung von Patientenportalen für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement, durchgehend elektronische Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen, durchgehend digitales Medikationsmanagement, telemedizinische Netzwerkstrukturen – um nur mal ein paar Punkte aus §14a, Absatz 1, des Entwurfs zu zitieren.

Dabei könnte das Timing für das Gesetz, respektive die Förderung nicht besser sein. Denn Corona hat uns zum einen gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung unseres Gesundheitssystems schon ist und künftig noch wird, um Krisen dieser Art überhaupt zu bewältigen und managen zu können. Exemplarisch seien hier nur einmal die Pannen in Bayern bei den Covid-19-Tests der Reiserückkehrer genannt. Solche Aktionen sind schlicht und ergreifend analog nicht zu beherrschen. Zum anderen gibt es eine erhebliche Finanzierungslücke, sodass wir in Deutschland insbesondere bei Investitionen in Digitalisierung und technischer Ausstattung einen immensen Nachholbedarf haben.

Antragstellung unter der Prämisse „keep it simple“

Eine gewisse Euphorie ist also durchaus berechtig – verbunden mit der Hoffnung, dass vor allem die Umsetzung der geplanten Förderungen unkompliziert verläuft. Das Krankenhauszukunftsgesetz ist eine phantastische Chance, die Weichen für eine digitale Zukunft unseres Gesundheitswesens nachhaltig zu stellen. Allerdings nur, wenn für die Antragsstellung die Prämisse „keep it simple“ gilt. Was wir nicht brauchen ist ein komplizierter bürokratischer Prozess, sodass am Ende keiner weiß, wie es geht oder welche Projekte überhaupt förderungsfähig sind. Denn dann gehen mit Sicherheit die meisten leer aus oder die Gelder fließen in die falschen Richtungen. Bestes Beispiel hierfür ist der Digitalpakt für Schulen. Von den insgesamt zur Verfügung stehenden fünf Milliarden Euro sind gerade einmal 20 Millionen bewilligt – in einigen Bundesländern sind sieben Monate nach Start des Paktes noch überhaupt keine Vorhaben beauftragt. 

Sanktionen für den Fall das Digitalisierung auf der Strecke bleibt

Im BGM hat man hingegen offensichtlich erkannt, dass – obwohl eigentlich Ländersache – die Krankenhäuser Zukunftsinvestitionen nicht ausschließlich aus Eigenmitteln stemmen können. Dann nämlich fallen insbesondere Digitalisierungsvorhaben hinten über. Der neue Fonds schließt damit nun die durch fehlende Investitionen der Länder entstandene Lücke – und er stellt sicher, dass sie auch nicht wieder aufklafft. Denn auch Sanktionen sieht der Gesetzentwurf vor. Häuser, die bis zum Jahr 2025 keine der förderfähigen digitalen Dienste eingeführt haben, müssen dann Abschläge von zwei Prozent für jeden voll- und teilstationären Fall in Kauf nehmen.

Aus meiner Sicht ist das ein richtiges Signal. Denn letztendlich werden die Gelder zur Verfügung gestellt, um den Klinikalltag effizienter aufzustellen und damit die Patientenversorgung zu verbessern. Dazu zählt auch, für mögliche künftige Krisen besser aufgestellt zu sein. Das übergeordnete Ziel ist also ein leistungsfähiges, auf digitalen Füßen stehendes Gesundheitssystem. Und dafür müssen eben alle an einem Strang ziehen. Gleichzeitig ist der Zeithorizont bis 2025 lang genug, um Projekte umzusetzen, womit Sanktionen nicht nötig werden.

Basisdigitalisierung statt großer Sprünge

Überhaupt sind mir viele positive Aspekte im Gesetzentwurf aufgefallen. Beispielsweise, dass die Robotik ausgeklammert wurde. Verstehen Sie mich nicht falsch, das Thema ist grundsätzlich wichtig und gut. Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn es an andere Stelle gebührend gefördert würde. Ich halte nur den Rahmen des Krankenhausförderungsgesetzes für nicht passend. Der Grund sind die immens hohen Investitionskosten für Robotik-Projekte wie beispielsweise OP-Roboter. Für den Da-Vinci-Roboter liegen sie beispielsweise bei rund zwei Millionen Euro – ohne die jährlichen Wartungskosten. Wäre Robotik also Teil des Krankenhauszukunftsgesetzes, wäre der durchaus großzügige Fördertopf von drei Milliarden nicht nur sehr schnell leer, wir stünden auch weiterhin vor dem grundlegenden Problem des Nachholbedarfs. Denn es ist die „Basisdigitalisierung“ in den Krankenhäusern und Kliniken, die wir so dringend vorantreiben müssen.

Einen weiteren Aspekt, den ich positiv hervorheben möchte: Die IT-Sicherheit nimmt eine prominente Rolle innerhalb der förderfähigen Vorhaben ein. Das ist aus meiner Sicht ein ebenso wichtiger Aspekt der „Basisdigitalisierung“ des Gesundheitswesens. Denn am Ende des Tages steht und fällt der Erfolg von digitalen Gesundheitsanwendungen mit ihrer Akzeptanz durch das medizinische Personal und die Patienten. Kommt es zu Störungen, Manipulationen oder wird die Integrität von Daten verletzt, verspielen wir uns als Branche das Vertrauen der Anwender. Die 15 Prozent, die ein Krankenhaus vom Fördergeld mindestens in die IT-Sicherheit investieren muss, sind also gut investierte 15 Prozent.

Bleibt mir nur zu sagen: Danke liebe Fee, dass du nun noch doch an alle denkst. Und an alle diejenigen gerichtet, die nun in der Verantwortung stehen, aus dem Gesetzentwurf das Maximum rauszuholen, um Deutschland an die Spitze der digitalen Gesundheitsversorgung zu stellen: Lassen Sie uns zusammenarbeiten, konstruktiv. Das kann durchaus auch Kritik beinhaltet, nur müssen wir auch irgendwo beginnen. Die Digitalisierung unseres Gesundheitswesens ist eine Reise, auf der wir sicherlich auch mal falsch abbiegen. Das gehört dazu und kann mitunter sehr lehrreich sein. Sich grundsätzlich nur auf die negativen Aspekte zu konzentrieren, ist hingegen eigentlich nie förderlich.

Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass der um Gesetz vorgesehene Zukunftsfonds letztendlich nur eine Anschubfinanzierung ist. Er wird nicht ausreichen, um den über Jahre aufgebauten Investitionsstau abzubauen. Ich würde sogar so weit gehen, dass der Mechanismus der Investitionsförderung reformiert werden muss, um eine sichere und permanente Finanzierung einer digitalen Transformation in den Kliniken und Krankenhäusern des Landes zu ermöglichen. Aber vorerst dürfen wir uns sehr wohl über die positiven Aspekte im Gesetzentwurf freuen, finde ich.

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