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Poolärzte-UrteilKV Berlin schränkt Bereitschaftsdienste stark ein

Nach der scharfen Reaktion der KV Baden-Württemberg auf das „Poolärzte-Urteil“ tritt nun auch die KV Berlin auf die Bremse: Sie wird keine Ärzte mehr einsetzen, die nicht bei ihr unter Vertrag stehen, also keine niedergelassenen Ärzte sind. Mit Folgen.

Notaufnahme
Upixa/stock.adobe.com
Symbolfoto

Berliner Patienten werden ab Dezember nachts noch länger auf einen Hausbesuch vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst warten müssen als bisher. Auch in der Telefonberatung wird es zu Einschränkungen kommen. Das teilte die Kassenärztliche Vereinigung Berlin am 30. Oktober mit. Ab Januar soll es zudem in den KV-Notdienstpraxen weniger Personal und deshalb eingeschränkte Öffnungszeiten geben.

Die KV Berlin wird laut Mitteilung keine Ärzte mehr einsetzen, die nicht bei ihr unter Vertrag stehen, also keine niedergelassenen Ärzte sind. Aktuell übernehmen die so genannten Nichtvertragsärzte als „Poolärzte“ rund ein Drittel der etwa 14 000 Dienste im Jahr im Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV Berlin. Dabei handelt es sich laut KV um Klinikärzte, Betriebsärzte, Amtsärzte oder auch Ruheständler. Außerdem würden auch viele Ärzte Dienste übernehmen, die keiner hauptberuflichen Tätigkeit nachgehen.

Am Ende sind wir zu dem Schluss gekommen, dass zeitnah Konsequenzen nötig sind, um Schaden von der KV Berlin abzuwenden.

Anlass für den Einschnitt ist ein Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel. Es hatte in der vergangenen Woche im Fall eines Zahnarztes entschieden. Dieser hatte als sogenannter Poolarzt immer wieder Notdienste in einem von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gestellten Notdienstzentrum übernommen. Die Rentenversicherung war davon ausgegangen, dass er selbstständig ist. Das Gericht entschied, dass er sozialversichert werden muss, da er eine „von dritter Seite organisierte Struktur“ vorgefunden habe, „in der er sich fremdbestimmt einfügte“.

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Die KV Berlin habe sich intensiv mit dem Urteil auseinandergesetzt. „Am Ende sind wir zu dem Schluss gekommen, dass zeitnah Konsequenzen nötig sind, um Schaden von der KV Berlin abzuwenden und die ohnehin schon desolate finanzielle Lage des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht noch weiter zu verschlechtern“, hieß es vom Vorstand der KV.

KV Berlin fordert Klärung von der Politik

Von der Politik fordert die KV Berlin nun eine zeitnahe Klärung. Es müsse dafür gesorgt werden, dass die Tätigkeiten nicht sozialversicherungspflichtig sind, so eine Sprecherin. Eine Sprecherin der Berliner Gesundheitsverwaltung erklärte, bei Einschränkungen der ambulanten Notfallversorgung müssten kompensierende Maßnahmen der KV Berlin geprüft werden.

Zum anderen müsse auch eine bundesgesetzlichen Änderung zur Befreiung der Sozialversicherungspflicht geprüft werden. Parallel finden derzeit intensive Gespräche auf Bund-Länder-Ebene zu einer Reform der Notfallversorgung statt, welche womöglich Änderungen in der Notfallversorgung insgesamt und damit auch bei der ambulanten Notfallversorgung zur Folge haben könnten“, so die Sprecherin.

Krankenhausärzte fordern Wiedereröffnung der Notfallpraxen in Baden-Württemberg

Der Ärzteverband Marburger Bund hat die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) dazu aufgefordert, die Schließungen und Teilschließungen von Notfallpraxen im Südwesten rückgängig zu machen. Die Einschränkungen beim ärztlichen Notdienst müssten umgehend zurückgenommen werden, teilte der Verband, der vor allem Krankenhausärzte vertritt, am 30. Oktober in Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) mit.

Es kann nicht sein, dass nun die Ärztinnen und Ärzte und das nicht-ärztliche Personal in den Krankenhäusern im Land die Zeche zahlen müssen.

„Es kann nicht sein, dass aufgrund der Einschränkung des Versorgungsauftrages durch die KVBW nun die Ärztinnen und Ärzte und das nicht-ärztliche Personal in den Krankenhäusern im Land die Zeche zahlen müssen“, sagte die Landesvorsitzende Sylvia Ottmüller einer Mitteilung zufolge.

Bereitschaftsdienst KBV
Foto: KBV
Unter der Rufnummer 116117 erreicht man den ärztlichen Bereitschaftsdienst rund um die Uhr. Berliner Patienten werden ab Dezember länger warten müssen, bis ein Arzt oder eine Ärztin kommt.

Durch die Einschränkungen in den Notfallpraxen sei damit zu rechnen, dass deutlich mehr Patientinnen und Patienten in die Notaufnahmen kämen, obwohl sie dort nicht hingehörten. Die KVBW müsse die ambulante Notdienstversorgung sicherstellen, forderte der stellvertretende Vorsitzende des Marburger Bundes, Jörg Woll.

„Es gibt kein Vertun. Die gesetzliche Regelung ist glasklar: Der Versorgungsauftrag liegt bei den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten“, sagte Woll. Die Kassenärztliche Vereinigung müsse die niedergelassenen Ärzte dafür in die Pflicht nehmen. „Schließlich erhalten sie hierfür auch Versichertengelder.“

Für den Südwesten gilt ein Notfallplan

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes hatte die KVBW den ärztlichen Bereitschaftsdienst in seiner jetzigen Form gestoppt und angekündigt, künftig auf den Dienst von 3000 sogenannten Poolärzten zu verzichten, die zuvor rund 40 Prozent der Dienste in den Notfallpraxen und der medizinisch erforderlichen Hausbesuche übernommen hatten. Für den ärztlichen Notdienst im Südwesten gilt deswegen seit vergangener Woche ein Notfallplan. Dieser sieht die Schließung oder Teilschließung mehrerer Notfallpraxen vor. Darüber hinaus gelten in vielen der 115 Notfallpraxen im Land nun verkürzte Öffnungszeiten.

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