
Rückendeckung aus dem Haus des GKV-Spitzenverbands zu erhalten, dessen darf sich Jens Spahn tendenziell eher nicht sicher sein. Für seinen Arbeitsentwurf zur Reform der Notfallversorgung bekommt er sie. Die Positionen seien „sehr, sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen worden“, sagt GKV-Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis. Insbesondere bei dem Ziel, den Rettungsdienst künftig bundeseinheitlich zu regeln und dafür auch das Grundgesetz zu ändern, liegen Verband und Gesundheitsminister auf einer Linie.
Bislang ist der Rettungsdienst kommunal organisiert, wird von den Kreisen und kreisfreien Städten verantwortet und ist Teil der Gefahrenabwehr, nicht des Gesundheitswesens. Nach den Plänen des Gesundheitsministeriums soll sich das ändern. Spahn sieht den Rettungsdienst als eigenständigen Leistungsbereich im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit wäre auch die Notfallversorgung über den Rettungsdienst eine GKV-Leistung, welche die Kassen in jedem Fall bezahlen müssten. Im Gegenzug wollen die Kassen in die Rettungsdienstplanung einbezogen werden und fordern, dass künftige Gemeinsame Notfallleitstellen (GNL) und die Rettungswagen digitale wie telemedizinische Möglichkeiten nutzen.
Der Konflikt mit den Ländern ist in jedem Fall programmiert. Sie haben derzeit die Macht über deutschlandweit rund 250 Leitstellen unterschiedlichster Träger. Diese Leitstellen seien „der ganze Stolz der Landräte“. In Sachen Digitalisierung gebe es jedoch großen Nachholbedarf, kritisiert Dr. Wulf-Dietrich Leber, der beim GKV-Spitzenverband die Abteilung Krankenhäuser leitet: „Wir wissen heute genau, wo sich ein Paket befindet, für Rettungswagen gilt das nicht. Wir transportieren unsere Pakete verantwortungsvoller als unsere Patienten.“
Streit um Sicherstellungsauftrag
Die neuen GNL sollen Patienten nach einer qualifizierten Ersteinschätzung (Triage) weitervermitteln – an eine Arztpraxis, den Rettungsdienst oder an Integrierte Notfallzentren (INZ) an ausgewählten Krankenhäusern. In diese ebenfalls neu zu schaffenden INZ will Spahn eine zentrale Anlaufstelle, den ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV und die zentrale Notaufnahme des Krankenhauses integrieren. Dass die Kliniken und die KVen für die INZ zusätzliche Einrichtungen gründen und betreiben sollen, geht dann aber auch dem GKV-Spitzenverband zu weit. Stattdessen sollten vorhandene Strukturen, wie die rund 600 Portalpraxen, genutzt und in den für die Notfallversorgung vorgesehenen Krankenhäusern „gemeinsame Tresen“ als Anlaufstelle eingerichtet werden, betont Stefanie Stoff-Ahnis. Für die Tresen sieht sie eine Kooperationspflicht, das Personal müsse sowohl von den Kliniken als auch von den KVen kommen. Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante Notfallversorgung aber solle bei den Kassenärzten verbleiben. Der BMG-Entwurf sieht ihn eher bei den Bundesländern.
Dagegen verwehren sich auch die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Das berge „unkalkulierbare Risiken für die Versorgung“, warnte etwa BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) dagegen stützt Spahns Idee. Ohnehin reiche „ein Tresen in der Verantwortung des Krankenhauses vollkommen aus“, betont Hauptgeschäftsführer Georg Baum: „Die Krankenhäuser stehen bereit, um gemeinsam mit den Ländern die Notfallversorgung zu organisieren.“ Die Mitwirkung niedergelassener Ärzte will Baum mit Verträgen regeln, die KVen brauche es dafür nicht. Der gemeinsame Betrieb von INZ schaffe nur unproduktive neue Schnittstellen, warnt Baum und fordert mit Blick auf die GKV „eine deutliche Aufstockung der Mittel“.
Um seinen Entwurf weiterzuentwickeln, hat Jens Spahn „einen intensiven Dialog mit den Ländern“ eingeplant. Einen konkreten Zeitplan, heißt es in seinem Ministerium, gebe es nicht.





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