
Mit dem Krankenhausgestaltungsgesetz NRW (KHGG NRW) und der novellierten Krankenhausplanung NRW übernimmt Nordrhein-Westfalen eine Vorreiterrolle bei der Krankenhausplanung der Bundesländer. Die Umsetzung steht unmittelbar bevor und wird zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen.
Eckpunkte der NRW-Reform
Die Krankenhausplanung NRW verabschiedet sich von der als ungenau angesehenen Plangröße „Bett“ und orientiert sich künftig an 32 medizinischen Leistungsbereichen und 65 untergeordneten Leistungsgruppen. Das zuständige Ministerium legt für jede Gruppe spezifische Versorgungskapazitäten fest. Die Leistungsgruppen basieren auf OPS-Codes und orientieren sich an Qualitätsindikatoren wie zum Beispiel Vorgaben zur Menge, Qualifikation und Verfügbarkeit des Personals, zur Geräteausstattung und zu weiteren Struktur- bzw. Prozessmerkmalen.
Ein wichtiger Baustein ist die Erfüllbarkeit einiger Qualitätskriterien durch Kooperationen mit Arztpraxen, Medizinischen Versorgungszentren oder anderen Krankenhäusern. NRW spielt dabei eine Vorreiterrolle. Auch beim Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) orientiert man sich künftig an diesen leicht erweiterten Leistungsgruppen.
Geplant ist zunächst die Einführung von 65 Leistungsgruppen auf Bundesebene. Die Definition und Weiterentwicklung der Gruppen und der dahinterstehenden Qualitätsmerkmale werden in einer späteren Rechtsverordnung geregelt. Es bleibt abzuwarten, ob es nach der Bundestagswahl bei geänderten politischen Verhältnissen noch Änderungen an der Reform gibt.
Derzeit müssen alle Bundesländer die Kriterien der Regelungen zur Krankenhausfinanzierung beachten. Das KHVVG als Gesetz zur Krankenhausfinanzierung und -vergütung verfolgt eine übergeordnete Zielrichtung, die bundesweit gilt. Die Planungsauswahlentscheidungen bleiben Ländersache. Es ist davon auszugehen, dass künftig auch andere Bundesländer ihre Krankenhausplanung in ähnlicher Weise wie in NRW anpassen werden.
Stand der Umsetzung
Die verbindlichen Bescheide über die Zuteilung der Leistungsgruppen in NRW werden noch im Dezember 2024 erlassen. In den Feststellungsbescheiden wird gemäß Paragraf 16 Absatz 1 Nr. 6 KHGG NRW festgeschrieben, welche konkreten Leistungsbereiche bzw. Leistungsgruppen den Krankenhäusern zugewiesen werden. Über 300 Krankenhäuser sind betroffen und es müssen mehr als 6000 Zuweisungen oder Nicht-Zuweisungen getroffen werden.
Inkrafttreten sollen diese nach neuerlicher Anpassung aber erst zum 1. April 2025. Für bestimmte Leistungsgruppen wird es eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025 geben, sowohl für den Aufbau als auch für den Abbau dieser Gruppen.
Rechtsschutzmöglichkeiten der Krankenhäuser
Vielen Krankenhäusern werden voraussichtlich nicht die beantragten Leistungsgruppen zugeteilt. Rechtliche Auseinandersetzungen sind unausweichlich. Insoweit lohnt sich ein Blick auf die hiermit verbundenen verfahrensrechtlichen Hürden.
Klagen können sich nur gegen Entscheidungen über die Aufnahme in den Krankenhausplan nach Paragraf 16 KHGG NRW richten. Bei der Wahl der richtigen Klageart muss unterschieden werden, ob ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausplan aufgenommen wird (Verpflichtungssituation) oder teilweise aus dem Plan herausgenommen wird (Anfechtungssituation).

In vielen Fällen wird es sich um einheitliche Änderungsbescheide handeln, die in der Regel mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden. Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses nach Paragrafen 108 Nr. 2, 109 SGB V ändert sich aus dessen Sicht negativ, was eine Anfechtung begründen kann.
Einstweiliger Rechtsschutz
Nach Paragraf 16 Absatz 5 KHGG NRW haben Rechtsbehelfe gegen einen Feststellungsbescheid keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass selbst bei gravierenden Fehlentscheidungen diese zunächst vollzogen werden können. was das Risiko birgt, dass etwaige Rechtsschutzmaßnahmen aufgrund finanzieller Engpässe zu spät greifen. Es ist anzunehmen, dass die Insolvenzrisiken einzelner Krankenhäuser durch diese Regelung politisch bewusst in Kauf genommen werden.
Rechtsbehelfe gegen einen Feststellungsbescheid haben keine aufschiebende Wirkung. Selbst bei gravierenden Fehlentscheidungen können diese zunächst vollzogen werden.
Ein Krankenhaus kann eine aufschiebende Wirkung der Klage nur durch ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren erlangen, indem es beantragt, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen. Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte den Krankenhäusern im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes und in Anbetracht der wirtschaftlichen Notlagen entgegenkommen und der bisherige Versorgungsauftrag bis zur endgültigen Entscheidung aufrechterhalten bleibt.
Materiellrechtlicher Maßstab
Ob ein Rechtsmittel erfolgreich ist, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen für eine Zuteilung der Leistungsgruppen vorliegen. Dabei ist zu beachten, dass die Behörde bei einem Leistungsüberangebot in einzelnen Gruppen eine Auswahlentscheidung treffen muss. Bei dieser Entscheidung steht der Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.
Für einzelne Leistungsgruppen gibt es im Krankenhausplan festgelegte Auswahlkriterien, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Die Auswahlkriterien sind allerdings nicht abschließend, sodass die Behörde auch andere sachgerechte Kriterien in ihre Entscheidung einfließen lassen darf und muss.
Es kann es jedoch schwierig sein, zu beurteilen, ob eine Veränderung des Versorgungsauftrags auf eine begünstigende Entscheidung zugunsten eines Konkurrenten zurückzuführen ist.
Die Grundsätze zu Konkurrentenklagen im Krankenhausplanungsrecht bleiben durch die Novelle des KHGG NRW unverändert. Aufgrund der umfassenden Neuplanung kann es jedoch schwierig sein, zu beurteilen, ob eine Veränderung des Versorgungsauftrags auf eine begünstigende Entscheidung zugunsten eines Konkurrenten zurückzuführen ist. Im Zweifel wäre dann neben dem eigenen Bescheid auch der Bescheid des Konkurrenten anzugreifen.
Von besonderer Bedeutung sind die im Krankenhausplan NRW teilweise durch Kooperationen erfüllbaren Qualitätskriterien. Der eigene Versorgungsauftrag eines Krankenhauses ist dann oft untrennbar mit dem des Kooperationspartners verbunden. Sollte dieser Partner die Kriterien nicht erfüllen, kann unter Umständen ein Schadensersatzanspruch wegen einer Pflichtverletzung aus der Kooperationsvereinbarung geltend gemacht werden. Andernfalls bleibt dem Krankenhaus nur die Möglichkeit, den Kooperationspartner im gerichtlichen Planungsstreit gegen den Bescheid zu unterstützen.
Es empfiehlt sich, die Voraussetzungen für solche Kooperationen frühzeitig zu prüfen, klare vertragliche Regelungen zu treffen und sinnvollerweise nicht nur einen Kooperationspartner zu haben, um die Qualitätskriterien sicherzustellen. Die Kooperationsvereinbarung sollte zudem so gestaltet werden, dass der Eindruck einer unerlaubten Zuweisung gegen Entgelt gemäß Paragraf 31a Absatz 1 KHGG NRW vermieden wird und alle rechtlichen Anforderungen an eine rechtssichere Kooperation beachtet werden, etwa beim Einsatz von Fremdpersonal und der Vermeidung einer unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung.
Fazit
Die Änderung der Krankenhausplanung in NRW stellt eine Zäsur dar. Viele Kliniken werden bei Erhalt der Feststellungsbescheide zu Rechtsmitteln greifen. Diese beinhalten aufgrund der völligen Neuplanung und Neustrukturierung zahlreiche Risiken.
Die jeweiligen Bescheide sollten vor dem Hintergrund aller Umstände und des bisherigen Versorgungsauftrags gründlich analysiert und die Einlegung von Rechtsmitteln geprüft werden. Diese Entwicklung ist auch über NRW hinaus zu beobachten, da sich entsprechende Fragestellungen in allen anderen Bundesländern ergeben werden.






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