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Regierungskommission KrankenhäuserSektorengrenzen überwinden – BMG stellt Empfehlungen vor

Ein moderne, bedarfsgerechte Krankenversorgung ist laut Regierungskommission nötig, um die Sektorengrenzen im deutschen Gesundheitswesen zu bezwingen. Dazu müsse u.a. die ambulante und stationäre Versorgung besser miteinander verschränkt werden.

Spielfiguren
K. Oborny/Thieme
Symbolfoto

In ihrer zehnten Stellungnahme stellt die Regierungskommission verschiedene Reformvorschläge vor, wie die intersektorale Versorgung gelingen kann. Demnach sollen gerade kleinere Kliniken in der Fläche verstärkt ambulante Leistungen anbieten können. Zu den weiteren Empfehlungen gehört, dass ein Primärarztsystem aufgebaut und die Versorgung regional und gemeinsam für den ambulanten und den stationären Bereich geplant werden.

Ein ineffizientes System können wir uns nicht mehr leisten.

Laut Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach sei es nötig, „ambulante und stationäre Versorgung besser aufeinander abzustimmen“, um das deutsche Gesundheitswesen auf die Behandlung der Babyboomer-Generation vorzubereiten. „Unnötige Krankenhausaufenthalte, fehlende Abstimmung zwischen Arztpraxis und Klinik sowie unnötiger Personaleinsatz sind weder im Interesse der Patienten, noch der Behandelnden und schon gar nicht im Interesse der Gemeinschaft. Ein ineffizientes System können wir uns nicht mehr leisten.“

Der Leiter der Regierungskommission, Prof. Tom Bschor, stimmt ein: „Kluge Konzepte zum Umgang mit dem sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel sind entscheidend für eine hochqualitative Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung in der Zukunft. Hierzu gehört, Behandlungen ambulant statt vollstationär durchzuführen, den deutschen Sonderweg der doppelten Facharztschiene kritisch zu hinterfragen und die gezielte Behandlungssteuerung im Rahmen eines Primärarztsystems zu fördern.“

Was die Regierungskommission konkret empfiehlt

Kurzfristige Maßnahmen

  • Aufbau von Krankenhäusern für sektorenübergreifende Versorgung (Level Ii)
    • die vorrangig ambulante Behandlung anbieten,
    • die nach Tagespauschalen abrechnen,
    • die von den Bundesländern geplant werden,
    • die bei Unterversorgung einspringen und ambulante Leistungen mit der KV abrechnen,
    • die mit den KVen Budgets aushandeln, um für bislang stationär erbrachte Behandlungen die Vergütung als ambulante Leistungen auch in nicht unterversorgten Gebieten zu regeln,
    • deren Leistungskatalog die Selbstverwaltungspartner in Positivlisten definieren,
    • deren Standorte Platz bieten für vielfältige Gesundheitsangebote: Apotheken, Arztpraxen, MVZ, Gesundheitskioske, Sanitätshäuser, andere Gesundheitsberufe 
  • Aufbau von Institutsambulanzen
  • Weiterentwicklung der Hybrid-DRG
  • Ausbau des Belegarztsystems

Mittel- und langfristige Maßnahmen

  • Aufbau regionaler Gremien unter Landesvorsitz, die ambulante und stationäre Versorgung gemeinsam planen
  • Aufbau eines Primärarztsystems (aus Allgemeinmedizinern, Internisten, Pädiater, Gynäkologen, Psychiatern) zur Steuerung der Gesundheitsversorgung und Abbau der doppelten Facharztschiene
  • Flächendeckende Versorgung durch qualifiziertes Pflegefachpersonal mit weitgehenden Kompetenzen (Einschränkung des Arztvorbehalts)
  • Vergabe von Regionalbudgets für Versorgungsaufträge für bestimmte Regionen/Bevölkerungsgruppen

Die zehnte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung können Sie hier einsehen.

Die im Koalitionsvertrag vorgesehene „Regierungskommission Krankenhäuser“ wurde im Mai 2022 eingerichtet, um notwendige Reformen im Krankenhausbereich anzugehen. Zu ihren Aufgaben gehört es einerseits Empfehlungen vorzulegen und andererseits Ziele für eine auf Leistungsgruppen und auf Versorgungsstufen basierende Krankenhausplanung zu beschreiben. Sie bezieht dabei Kriterien wie die Erreichbarkeit und demographische Entwicklung mit ein.en Entwicklung.

Ambulante Patientenversorgung in Kliniken nicht machbar?

Auf die Empfehlungen reagierte das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) kritisch. Ihnen würde es an einer ausreichenden empirischen Grundlage fehlen. Zudem seien Kliniken „zumeist nicht darauf ausgerichtet, Patientinnen und Patienten ambulant zu versorgen.“

Hier verweisen sie auf eine aktuelle Studie der Rhön-Stiftung, die zum Ergebnis kam, dass die ambulante Leistungserbringung durch Krankenhäuser bislang in der Regel – organisatorisch wie ökonimisch – ‚nebenher‘ erfolge. Kliniken hätten demnach häufig keinen vollständigen Überblick darüber, welche ambulanten Leistungen wie und in welchem Umfang in der eigenen Institution erbracht würden.

Das Zi fordert daher die Stärkung der sektorengleichen Vergütung gemäß § 115f SGB V und weiter, die Auflösung des Preisgefälle bei ambulant erbringbaren Leistungen zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung. So könne dazu beigetragen werden, Doppelstrukturen zu vermeiden. Der Vorschlag der Kommission, dass Krankenhäuser zusätzlich zu den bestehenden Möglichkeiten noch für weitere Indikationen die Möglichkeit erhalten sollen, spezielle ‚Institutionelle Ii-Ambulanzen‘ einzurichten, gehe daher exakt in die falsche Richtung.

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