
Es fing an mit den täglichen Statements von Prof. Christian Drosten von der Charité, auch vor Ausbreitung der Covid-19-Pandemie ein weltweit anerkannter Wissenschaftler: Der 48-Jährige Forscher ist innerhalb weniger Wochen zu einer der wichtigsten und bekanntesten Persönlichkeiten des Landes aufgestiegen, seine Erkenntnisse zum Coronavirus werden täglich mit großem Interesse erwartet. Nur kurze Zeit später traten mit Prof. Hendrik Streek und Alexander Kekulé weitere Persönlichkeiten auf die Bühne, die vor allem dadurch von sich Reden machten, dass sie die Aussagen von Prof. Drosten kritisierten oder sogar das genaue Gegenteil davon behaupteten und sämtliche politische Entscheidungen, die von Bund und Ländern getroffen worden sind, für falsch halten. Meist ohne wirkliche Angabe darüber, was sie besser gemacht hätten.
Zumal es Wissenschaftlern auch nicht zusteht, über Policy-Entscheidungen zu treffen, im Übrigens auch einem Christian Drosten nicht, der der Bundesregierung beratend zur Seite steht. Als Experte für die Verbreitung von Viren kann er Einschätzungen darüber abgeben, wie sich Covid-19 anhand verschiedener Szenarien ausbreiten kann und wie die Ausbreitung möglicherweise wieder eingedämmt werden kann. Den Gesamtkontext der Auswirkungen für Gesellschaft und Wirtschaft muss er dabei nicht im Kopf haben – das abzuwägen, ist die Aufgabe der Politik.
Corona-Krise lässt sich nicht durch Meinungen lösen
Dementsprechend amüsant ist es mittlerweile zu beobachten, dass sich immer mehr selbsternannte und tatsächliche Experten vor die Kameras stellen und Meinungen und Vorschläge propagieren, die mit der realen Sachlage wahrscheinlich nur zu einem Bruchteil etwas zu tun haben. Stattdessen werden die gegenseitigen verbalen Angriffe gegen die Expertise der jeweils anderen – natürlich immer schön medial inszeniert – immer häufiger. Damit ist allerdings niemandem geholfen, außer der Eigen-PR. Besser wäre es, wenn sich die beteiligten Forscher und Experten stärker der Bekämpfung des Coronavirus widmen würden, anstatt Eigen-PR zu betreiben. Letztlich kann man ohnehin erst abschätzen, ob die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 wirksam waren, wenn die Fallzahlen dauerhaft gesunken sind und die Krise überstanden ist.
Die Corona-Krise lässt sich nicht durch Meinungen lösen, sondern durch konzentrierte Arbeit an allen Brandherden – ob es politische Entscheidungen sind oder die Entwicklung eines Impfstoffes. Die Zeit sollte nicht für persönliche Fehden auf fachlicher Ebene vergeudet werden – auch wenn es für die Experten selbst genauso unterhaltsam sein mag wie für das Publikum. Am Ende profitieren davon höchstens die Medienhäuser.


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