
Dr. Sabine Geck steht vor einem großen Bildschirm in der Notaufnahme des Agaplesion Elisabethenstift in Darmstadt. Zu sehen ist eine Röntgenaufnahme mit einem roten viereckigen Kästchen. „Hier sehen wir eine nicht verschobene Fraktur im Bereich der Fußwurzel“, sagt die Funktionsoberärztin der chirurgischen Ambulanz der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin. „Hoher Verdacht auf eine Fraktur“, steht dabei.
Die Anmerkung hat kein Arzt hinterlassen, sondern das KI-Programm „AZmed“. Es unterstützt die Ärzte in der Notaufnahme und erkennt Frakturen durch künstliche Intelligenz (KI). Seit März 2025 ist das Programm in dem Darmstädter Krankenhaus im Einsatz.
„Die KI untersucht Röntgenbilder und gibt uns eine Einschätzung, ob eine Fraktur vorliegen könnte oder nicht“, erklärt Geck. Zudem könne das Programm Flüssigkeiten im Gewebe oder in Gelenken wie Ergüsse oder Infiltrate erkennen. „Auch einen Pneumothorax markiert die KI.“
Besonders weniger erfahrene Ärzte werden in ihrer Entscheidung unterstützt.
Fälle dieser Art sind in einer Notaufnahme alltäglich. Tag und Nacht wird geröntgt, für die Auswertung der Bilder ist allerdings nicht immer ein Radiologe 24 Stunden im Dienst. Deshalb haben Geck und ihre Kollegen, „AZmed“ im Elisabethenstift eingeführt und getestet. Besonders im hektischen Alltag könne die KI helfen, dass besonders kleine und unauffällige Frakturen schneller festgestellt werden, heißt es in einer Mitteilung von Agaplesion.
„Röntgenbilder können wir mit wenigen Klicks direkt aus unserem Betrachtungsprogramm anonymisiert zu ‚AZmed‘ senden“, beschreibt Geck. Die KI analysiere die Aufnahmen und gebe dann eine Einschätzung. An dem Fuß auf dem Bildschirm zeigt sich, warum das so hilfreich ist: „Die Fraktur ist nicht verschoben und daher kaum zu sehen“, sagt Geck. Die KI habe aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fraktur erkannt.
Je nachdem, wie sicher sich das Programm ist, erstellt die KI ein durchgehendes, rot markiertes oder ein gestricheltes, gelb markiertes Kästchen um das suspekte Areal. Seit kurzem schätze es auch ein, ob eine alte oder frische Fraktur vorliege, so Geck. Das Feedback im Team sei durchweg positiv: „Besonders weniger erfahrene Ärzte werden so in ihrer Entscheidung unterstützt – besonders dann, wenn beispielsweise nachts oder am Wochenende kein Radiologe im Dienst ist.“
Wir prüfen verschiedenste Anwendungen und führen sie in kleinen Bereichen ein.
Von einer Entscheidungsfindung befreie das Programm sie aber nicht, betont Clara Einhaus, Referentin für künstliche Intelligenz bei Agaplesion: „KI-Anwendungen sollen unser medizinisches Personal im klinischen Alltag unterstützen.“ Entscheidungen würden immer von Experten getroffen – wie im Fuß-Beispiel vom ärztlichen Dienst. „Am Ende sorgt das Zusammenspiel von künstlicher und menschlicher Intelligenz dafür, dass Patienten bestmöglich behandelt werden“, so Einhaus.
Grundsätzlich setze Agaplesion in seinen Einrichtungen verstärkt auf KI, ergänzt Fabian Lechner, der den Zentralen Dienst KI leitet. Künstliche Intelligenz könne in unterschiedlichsten Prozessen einen Mehrwert bieten. „Deshalb prüfen wir verschiedenste Anwendungen, führen sie in kleinen Bereichen ein und evaluieren sie.“ „AZmed“ sei beispielhaft für ein Entscheidungsunterstützungssystem für die Diagnostik und die daraus resultierende Behandlung, so Lechner. Agaplesion plane jetzt, es auch in weiteren Einrichtungen einzusetzen.








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