
Mehr als 30 Prozent der Kliniken in Deutschland müssen in den kommenden Jahren ihr technologisches Rückgrat erneuern und ihr Krankenhausinformationssystem austauschen. Der Grund: Mit SAP zieht sich einer der größten Anbieter aus dem Markt zurück. Viele Klinikleitungen und IT-Verantwortliche stehen vor der Herausforderung, zukunftsfähige Lösungen zu implementieren, die nicht nur den aktuellen Bedarf decken, sondern auch für kommende Entwicklungen gerüstet sind. Der Wechsel des KIS ist dabei nicht nur eine technische Notwendigkeit, sondern eine strategische Entscheidung.
Die Umstellung von einem etablierten System zu einer neuen Lösung ist komplex und erfordert eine sorgfältige Planung. Dabei geht es nicht nur um die technische Migration von Daten, sondern auch um die Anpassung von Arbeitsabläufen sowie die Schulung des Personals. Die Wahl des neuen Systems muss zudem die Anforderungen der Krankenhausreform und der digitalen Transformation berücksichtigen. In diesem Zusammenhang gewinnt das Konzept der Interoperabilitätsplattform (IOP) an Bedeutung. Eine solche Plattform kann als Brücke zwischen alten und neuen Systemen fungieren, indem sie einen standardisierten Datenaustausch ermöglicht. Sie erleichtert nicht nur den Übergang zu einem neuen KIS, sondern schafft auch die Voraussetzungen für die Integration zukünftiger digitaler Gesundheitslösungen.
Typische Herausforderungen beim KIS-Wechsel
Ein KIS verarbeitet täglich enorme Datenmengen – von Diagnosen über Terminplanung bis zum Ressourcenmanagement. Ein Systemwechsel stellt Kliniken vor Herausforderungen: Alle Daten müssen vollständig migriert werden, nicht nur Stammdaten. Das bedeutet einen hohen Aufwand, weshalb oftmals Daten aussortiert werden, die später eigentlich noch nützlich sein könnten. Da die KIS verschiedener Hersteller oft auf unterschiedlichen Datenmodellen beruhen, ist die Übertragung von einem System ins nächste komplex. Neben der Datenmenge sind deshalb auch Konsistenz und Semantik der Daten entscheidend, ebenso wie die Schaffung passender Schnittstellen.
Der Umstieg auf ein neues KIS ist zudem organisatorisch anspruchsvoll: Um die Patientenversorgung zuverlässig zu gewährleisten, sollte der Krankenhausbetrieb reibungslos weiterlaufen. Mitarbeitende sollten außerdem frühzeitige Schulungen erhalten, um den Wechsel kompetent zu begleiten und Störungen zu vermeiden.
Mit einer IOP sind Krankenhäuser für die Herausforderung „KIS-Wechsel“ richtig aufgestellt. Die Plattform fungiert als zentraler Datenpool, sozusagen als „Single Source of Truth“, in der alle Informationen aus verschiedenen Quellen kontinuierlich zusammengeführt werden. Die IOP greift dabei auf die Primärsysteme und somit die einzelnen Datenpunkte zu. Durch die Verwendung internationaler Standards wie HL7, FHIR oder DICOM wird sichergestellt, dass die Daten in einem einheitlichen Format vorliegen und so wiederum von unterschiedlichen Systemen verstanden und genutzt werden können. So wird eine umfassende Verfügbarkeit der Daten gewährleistet und zudem die Datenqualität erhöht.
Neben Bestandssystemen wird auch das neue KIS an die IOP angebunden und profitiert von der sauberen Datenbasis. Eine Interoperabilitätsplattform unterstützt somit einen schrittweisen Übergang, reduziert mögliche Fehler, gewährleistet die Vollständigkeit der Daten und macht das Migrationsprojekt weniger komplex. Die Module des neuen KIS können nach und nach eingeführt werden, während das alte System weiterhin in Betrieb bleibt. Durch die IOP enthält das neue System am Ende trotzdem alle aktuellen Echtzeit-Daten. So wird eine lückenlose Patientenversorgung sichergestellt.
Interoperabilitätsplattformen strategisch nutzen
Da eine Interoperabilitätsplattform alle Datenpunkte einzeln erfasst, ist ihr Einsatz nicht nur als Tool zur Datenmigration interessant, sondern auch in strategischer Hinsicht: Langfristig vereinfacht sie die Kommunikation mit externen Systemen wie der elektronischen Patientenakte (ePA) oder anderen Diensten. Zudem schaffen der umfassende Datenpool und eine standardisierte Datenstruktur die Grundlage für den einfachen Anschluss weiterer Anwendungen und Systeme – insbesondere für KI-Anwendungen oder Forschungszwecke.
Die Einführung einer IOP unterstützt Kliniken daher auch in künftigen Digitalisierungsvorhaben: Die Plattformen setzen auf einheitliche Standards, vermeiden so Datensilos und können die Effizienz im Klinikalltag steigern. Sie erleichtern die Bereitstellung von Daten für Forschungszwecke, unterstützen die Einhaltung von Compliance-Vorgaben und gewährleisten höchste Sicherheitsstandards.
Fazit
Der Austausch eines bestehenden Krankenhausinformationssystems gegen ein neues ist nicht nur eine umfangreiche Aufgabe für das gesamte Team – es ist auch eine Chance für eine strategische Neuausrichtung in der Klinik-IT. So werden KIS künftig auch zunehmend Bestandteil eines größeren, offenen Ökosystems anstatt in sich geschlossener Systeme sein. In diesem Kontext ist Interoperabilität der Schlüssel für mehr Effizienz und Innovationsfähigkeit: Ein hohes Maß an Interoperabilität macht Daten einfacher verfügbar und fördert so die Anbindung weiterer Technologien: beispielsweise für KI-Lösungen, eine engere Patienteneinbindung oder Forschungszwecke. Aus dieser Perspektive sind Kliniken gut beraten, ihre Digitalisierungsstrategie ganzheitlich zu verstehen. Dann kann aus einem notwendigen KIS-Wechsel eine neue Technologie-Infrastruktur werden, von der Klinik-Team und Patienten langfristig profitieren.










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