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Drohnen statt AutosAm Zollernalb Klinikum jetzt Routine – NRW zieht nach

An einigen Kliniken in BW und NRW wird das Einfliegen von Blutkonserven und Laborproben jetzt Alltag. Welche Drohne in NRW über 50 Kilometer und bis zu zehn Kilo Laborproben schafft. Und warum das Risiko beim Zollernalb Klinikum höher als gewöhnlich ist.

Drohnentransporte am Zollernalb Klinikum
Zollernalb Klinikum
Seit April 2025 ist der Drohnentransport von Laborproben zwischen den Klinikstandorten in Albstadt und Balingen am Zollernalb im Routinebetrieb.

Kein Stau, kein Warten an roten Ampeln: Nach einem mehrmonatigen Testbetrieb werden erstmals in Baden-Württemberg Laborproben mit Drohnen zwischen Klinikstandorten routinemäßig geflogen – von einem Piloten in Berlin ferngesteuert und über bewohntem Gebiet. Der Echt- und Routinebetrieb sei jetzt zwischen dem Zollernalb Klinikum Albstadt und dem Labor in Balingen angelaufen, sagte Klinikleiter Gerhard Hinger. Die beiden Standorte liegen etwa 20 Kilometer voneinander entfernt.

Die Drohnen kommen zum Einsatz, wenn zum Beispiel eine Patientin in Albstadt Blutkonserven braucht, ihre Blutgruppe aber nicht bekannt ist. Dann nimmt das Personal eine Probe und lässt diese in Balingen auswerten.

Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) hatte die Labordrohnen im August 2024 genehmigt. „Da das Unternehmen, welches den Drohnenbetrieb für das Zollernalb Klinikum durchführt, seinen Sitz in Berlin hat, ist das LBA für die Erteilung der Betriebsgenehmigung zuständig“, sagte eine Behördensprecherin.

Risiko um das Zehnfache erhöht

Der Drohnen-Betrieb beim Klinikum Zollernalb fällt laut dem Luftfahrt-Bundesamt wegen der besonderen Umgebungsbedingungen in die Risikoklasse Sail III. „Der Gesetzgeber geht bei einem Sail-III-Betrieb davon aus, dass das Risiko für Unbeteiligte um das Zehnfache höher ist als bei einem Sail-II-Betrieb“, sagte eine Behördensprecherin.

Das Niveau Sail III stellt demnach besonders hohe Anforderungen an den Betreiber und die Technik. Sie ermögliche auch im urbanen und städtischen Gebiet automatische Drohnenflüge außerhalb der Sichtweite. Für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung in der Betriebskategorie „speziell“ sei dagegen die Luftfahrtbehörde des Landes zuständig. Dies ist im Falle von Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Stuttgart.

Früheres Projekt nicht umgesetzt

Eine bereits im April 2023 erteilte Genehmigung sei vom Betreiber bisher aber nicht umgesetzt worden, heißt es im Regierungspräsidium Stuttgart. Es handelt sich demnach um Pläne des Klinikbetreiber Helios, der RKH Regionale Kliniken Holding mit Sitz in Ludwigsburg sowie dem Unternehmen German Copters, das die Flüge ausführen wollte.

Dabei sollte der Flugverkehr zunächst in zwei Regionen des Landes beginnen: zum einen im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald auf der Strecke zwischen den Helios-Kliniken Breisach und Müllheim. Außerdem sollen die RKH-Kliniken Ludwigsburg, Markgröningen und Mühlacker per Drohnen-Netzwerk verbunden werden. Die Strecken sind alle ungefähr 30 Kilometer lang. Nach damaligen Angaben vom seinerzeitigen German-Copters-Geschäftsführer Holger Schulze wollte das Konsortium bis zu 70 Strecken bedienen. Für weitere Projekte dieser Art wurden beim Regierungspräsidium Stuttgart bisher keine Genehmigung beantragt.

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Auch die Asklepios Kliniken in Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) und Selent (Kreis Plön) setzen beim Transport von Laborproben seit Kurzem auf Drohnen. Nach Angaben von Asklepios sind Drohnenflüge zwischen den beiden Standorten nach Testflügen und Genehmigung durch das Luftfahrt-Bundesamt erstmals in Deutschland in den Linienflugbetrieb gegangen. Die Drohnen fliegen zwischen der auf Psychiatrie ausgerichteten Asklepios Privatklinik Blomenburg in Selent und der Klinik in Bad Oldesloe, die über ein modernes Labor verfügt.

Mit Drohnen Kosten senken

Klinikleiter Hinger rechnet vor: Durchschnittlich werden die Drohnen pro Tag siebenmal eingesetzt – an sieben Tagen pro Woche. „Das sind für uns Kosten in Höhe von 75 000 Euro pro Jahr.“ Mit Fahrzeugen habe man vorher jährlich zwischen 180 000 Euro und 220 000 Euro rechnen müssen. Allerdings sei das Genehmigungsverfahren sehr langwierig gewesen.

Drohnen-Lieferservice startet auch in NRW

In Nordrhein-Westfalen ist der Start von Lastdrohnen ab 5. Mai geplant: Einige Kliniken in dem Bundesland sollen dann eilige medizinische Lieferungen wie Blutkonserven oder Laborproben aus der Luft erhalten – von voll automatisiert fliegenden Transportdrohnen.

 Die Drohne fliegt bis zu 50 Kilometer weit und schafft Ladungen von maximal zehn Kilogramm.

„Wir werden fünf Drohnen vom Typ Auriol im Mai im Einsatz haben“, kündigte eine Sprecherin des Logistik-Unternehmens Morpheus Logistik an. Die Drohne fliege bis zu 50 Kilometer weit und schaffe Ladungen von maximal zehn Kilogramm.

Bis zu 110 Flügen und rund 930 Kilometern täglich

Auch der WDR hatte über geplante Flüge zwischen drei Kliniken in Iserlohn, Schwerte, Menden und zwei Standorten des Laboranalytik-Unternehmens Eurofins – Iserlohn und Gelsenkirchen – berichtet. Die Morpheus-Sprecherin sagte dazu auf dpa-Anfrage: „Wir planen bis zu 110 Flüge am Tag mit insgesamt drei Drohnen.“ Konkret bedeute das für alle drei Auriol-Drohnen rund 930 Kilometer täglich – über 18 Stunden hinweg. Das Unternehmen habe auch noch weitere Kunden im Gesundheitswesen „in der Pipeline“.

Vollautomatisierte und überwachte Flüge

Morpheus verfügt laut Sprecherin zudem über das Modell eVTOL, das eine Reichweite von sogar 250 Kilometern habe und bis zu fünf Kilogramm transportieren könne. Die Drohnen fliegen die Routen voll automatisiert. Sie werden den Angaben zufolge nicht per Hand gesteuert und über einen Kontroll-Leitstand in Echtzeit überwacht.

Anfang 2024 hatten mehrere Partner in Lüdenscheid einen vergleichbaren Drohnen-Lieferservice für Industrieunternehmen vorgestellt – als Deutschland-Premiere. Beteiligt war die Firma Koerschulte, die weiterhin im Bereich Drohnen forscht. Unabhängig davon hatten Burkhard und Norman Koerschulte Ende 2023 die Morpheus Logistik gegründet, um weitere Drohnen-Operation auch europaweit aufbauen zu können, wie die Firmensprecherin erläuterte.

Das Unternehmen besitzt den Angaben zufolge die erforderlichen Lizenzen für ihre Flugtätigkeiten und will weiter expandieren. Schon vor einigen Monaten war der Startschuss für ein Pilotprojekt in Südbrandenburg gefallen: Hier hob eine Transportdrohne der Morpheus Logistik ab, die Anzeigenblätter zustellt.

Wertvolle Zeit lässt sich vor allem bei Notfällen gewinnen

Bei der Eurofins-Laboranalytik hieß es, gerade in Notfällen zähle jede Minute. Der Drohnentransport sei ein vielversprechender Ansatz, der Transportzeiten verkürze und unabhängig von der Verkehrslage funktioniere. Die medizinische Versorgung lasse sich damit verbessern. Mit Drohnen seien bestimmte Strecken deutlich schneller abzudecken, man gewinne wertvolle Zeit im Diagnostikprozess, betonte eine Sprecherin von Eurofins Clinical Diagnostics.

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