
Wegen Unregelmäßigkeiten bei zahlreichen Bauaufträgen einer Tochter des landeseigenen Vivantes Konzerns hat der Aufsichtsrat Strafanzeige angekündigt. „Es geht dabei unter anderem um eine auffällige Häufung von Bauaufträgen an bestimmte Unternehmen und Verstöße gegen das Vergaberecht“, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) nach einer Sondersitzung des Vivantes-Aufsichtsrats am 17. Oktober 2023 zu diesem Thema. „Es soll weiterhin persönliche Verflechtungen zwischen einzelnen Planungsbüros und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereichs Facility Management und Bau der Vivantes Serice GmbH gegeben haben.“
Regelungen absichtlich missachtet?
Die Vorwürfe waren bereits im August 2022 durch anonyme Hinweise an die Ombudsstelle des Klinikkonzerns bekannt geworden. Der Aufsichtsrat hatte im Herbst desselben Jahres eine Anwaltskanzlei mit der Untersuchung der Vorgänge beauftragt. Den Abschlussbericht der Kanzlei Luther mit 570 Seiten nahm das Kontrollgremium auf der Sitzung am Dienstag zur Kenntnis. Das Vergaberecht sei regelmäßig und in einer Vielzahl von Bauvorhaben nicht eingehalten worden, teilt Vivantes zum Ergebnis mit. „Vergaberechtliche und unternehmensinterne Regelungen wurden dem Anschein nach zum Teil absichtlich missachtet.“ Zudem stehe der Verdacht einer Vorteilsannahme im Raum.
Die Unregelmäßigkeiten beträfen das Vergaberecht, die Compliance, „und es sind strafrechtliche Verdachtsmomente“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Prof. Eckhard Nagel, nach dem Treffen. Deshalb habe der Aufsichtsrat einstimmig beschlossen, „Strafanzeige wegen aller in Betracht kommenden Delikte bei der Staatsanwaltschaft zu stellen“.
Dr. Ina Czyborra, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege: „Die Aufarbeitung der Vorwürfe muss schnellstmöglich, aber auch gründlich und transparent erfolgen.“ Sie lege großen Wert darauf, dass der Prozess die Arbeit in den Vivantes-Häusern nicht beeinträchtige.
Erste Maßnahmen wurden bereits in die Wege geleitet.
„Ich danke dem/der anonymen Hinweisgeber*in, der/die den Stein ins Rollen brachte“, ergänzte Vivantes-Chef Dr. Johannes Danckert. Der Fall gebe dem Konzern Gelegenheit die Compliance und Corporate Governance Strukturen zu verbessern. Nach Auswertung des Abschlussberichts könnten nötige Konsequenzen folgen. Als erste Maßnahme, die bereits in die Wege geleitet wurde, nannte er die strikte personelle Trennung der Zentralen Vergabestelle vom Ressort Bau, die Zentralrevision der Compliance-Architektur und des Ressorts Bau/FM.
Beim Vergaberecht komme der Bericht der Kanzlei zu dem Schluss, dass nicht nur in Einzelfällen, „sondern bei einer Vielzahl von Bauvorhaben schwerwiegende Vergabeverstöße festgestellt werden“, sagte Nagel. Zur Schadenssumme könnten derzeit noch „keine seriösen Angaben gemacht werden“. Auch Medienberichte, wonach es um ein Geflecht von bis zu zehn Personen der Vivantes-Tochter gehen soll, denen eine zu enge Beziehung zu ausführenden Bauunternehmen nachgewiesen werden könne, kommentierte Nagel zunächst nicht.
Finanzsenator Evers betonte, die Vorwürfe beträfen keine Vorgänge, mit denen die aktuelle Geschäftsführung oder der aktuelle Aufsichtsrat befasst gewesen sei.

Nagel gibt Chefposten ab
Für Nagel war es die letzte große Aufgabe als Aufsichtsratschef von Vivantes. Am 17. Oktober verkündete er, von dem Amt abzutreten. Er wolle sich künftig ganz auf seine Rolle als Projektbeauftragter des Landes für den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus (IUC) konzentrieren. Ende April 2022 übernahm er den Aufsichtsratsposten.
Nagel ist seit 2015 Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth.





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