
Die Ernüchterung kam schnell. Ihren Zukunftsplan für das insolvente DRK-Krankenhaus Altenkirchen mussten die Verantwortlichen schon nach kurzer Zeit deutlich abspecken. Mittlerweile, seit Mitte August, ist die Somatik an dem Standort komplett geschlossen. Geblieben sind dem Haus die Kinder- und Jugendpsychiatrie, das MVZ sowie die Schmerzambulanz und -tagestherapieklinik.
Geplant war mehr. Der Standort sollte, wie Anfang Juli berichtet, zum Modellprojekt für eine Level-1i-+-Klinik werden. So stand es ursprünglich im Insolvenzplan der DRK Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, den das Amtsgericht Mainz Ende Juni bestätigt hatte. Doch schon Mitte Juli war klar, dass die Rechnung so nicht aufgehen würde und die wirtschaftliche Situation offenbar dramatischer war als prognostiziert.
Damals kündigten die Verantwortlichen deshalb „weitere Sanierungsmaßnahmen“ an. Die Strukturen in Altenkirchen würden „nicht hinreichend nachgefragt“, weshalb die Kosten für deren Vorhaltung nicht gedeckt würden, hieß es zur Erklärung. Gleichzeitig wurde die Personalbesetzung schwerer. All das bringe nicht nur das Haus in Altenkirchen, sondern auch die Krankenhausgesellschaft erneut in wirtschaftliche Bedrängnis und somit auch ihre Einrichtungen in Alzey, Hachenburg, Kirchen und Neuwied, deren Insolvenzverfahren seit Ende Juli offiziell beendet ist.
Fokus auf Kinder- und Jugendpsychiatrie
Deswegen schlossen in Altenkirchen unterdessen zunächst die Kurzliegerstation und die Notfallanlaufstelle, später wurden auch ambulante Operationen im OP-Zentrum eingestellt. Die stationäre Versorgung wird jetzt an den anderen DRK-Standorten konzentriert, wohin auch die Beschäftigten aus Altenkirchen überwiegend versetzt worden seien, wie es heißt. Diese Anpassungen seien in den vom Gericht bestätigten Insolvenzplan noch aufgenommen worden, heißt es weiter.
Künftig soll die Kinder- und Jugendpsychiatrie für das kleine Haus im Westerwald zentral sein. Zudem sei derzeit geplant, eine Eltern-Kind-Einheit aufzubauen, erklärt ein Sprecher der DRK Trägergesellschaft Süd-West, deren Tochter die Krankenhausgesellschaft ist. Die Kooperation mit angliedernden Bereichen, wie der Jugendhilfe, werde intensiviert.
Darüber hinaus werde es im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) weiterhin wochentäglich eine Sprechstunde für chirurgische Patienten sowie eine Sprechstunde für Arbeitsunfälle geben. Für kleinere Notfälle werde eine chirurgische Akutversorgung vorgehalten. Ebenso würden im MVZ spezielle ambulante Eingriffe in der Weichteilchirurgie und der Hand- und Fußchirurgie angeboten. Zudem bleibe die Schmerzambulanz und -tagestherapieklinik am Standort erhalten.
Neurologie in Kirchen geschlossen
Von den Maßnahmen nicht betroffen seien die Rettungswachen in Altenkirchen, Hachenburg und Bad Marienberg, so der Sprecher weiter. Sie bleiben demnach erreichbar, und auch der Notarztstandort Altenkirchen bleibe erhalten.
Nachjustieren musste das DRK auch in seinem Haus in Kirchen. Dort wurde kurzfristig die erst im Jahr 2020 etablierte Fachabteilung für Neurologie geschlossen. Auch hier, hieß es im Juli, ließen die wirtschaftlichen Bedingungen keine andere Wahl.
Klinikum Westerwald soll drei Häuser bündeln
Von Seiten der regionalen Politik wird das DRK als Krankenhausträger nicht erst seit den jüngsten Entscheidungen in Altenkirchen heftig kritisiert. Parteiübergreifend sehen viele das Vertrauen in den Träger als zerrüttet an – insbesondere vor dem Hintergrund, dass zusammen mit dem DRK das künftige neue Klinikum Westerwald in Müschenbach realisiert werden soll.
Dessen Planung stand auch im Fokus eines Runden Tisches, der am 27. August in Mainz stattfand und bei dem der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch, Landrat Peter Enders und andere Kommunalpolitiker über die künftige Gesundheitsversorgung in der Westerwald-Region berieten. Das neue Klinikum solle nun größer werden als bislang geplant, erklärt Landrat Enders in einer Mitteilung der Kreisverwaltung auf Facebook.
Ursprünglich war vorgesehen in Müschenbach ein Haus mit rund 260 Betten neu zu errichten und dort die beiden Krankenhäuser Altenkirchen und Hachenburg zusammenzulegen. Nun soll in dem neuen Standort zusätzlich auch das Krankenhaus Kirchen aufgehen. Deshalb würde das neue Klinikum Westerwald insgesamt bis zu 400 Betten haben, so Enders. Die Finanzierung sei gesichert, habe es beim Runden Tisch geheißen. Bis zu einer Fertigstellung werde ein Zeitraum von mindestens sieben Jahren angesetzt.
Minister sieht Versorgung gesichert
Hochs Ministerium bestätigt auf Anfrage von kma, dass die Landesregierung „an einer zentralen Standortlösung mit einem mittelgroßen Versorger als Westerwaldklinikum“ festhalte. Das DRK habe bereits entsprechenden Grundstückserwerb in Müschenbach getätigt, erklärt Clemens Hoch: „Aus Sicht der Landeskrankenhausplanung ist der Standort gut geeignet.“
Bis dieses neue Krankenhaus realisiert ist, habe er vorgeschlagen, dass die Standorte Hachenburg und Kirchen aufrechterhalten werden sollten und darüber hinaus in Altenkirchen eine ambulante Klinik mit Möglichkeiten der Behandlung von Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufsunfällen und ambulanten Operationen etabliert werde, so Hoch: „Das Ganze könnte unter dem Label ‚Raiffeisen-Klinik‘ eine Perspektive bekommen, im Rahmen der Krankenhausreform des Bundes weiterhin als Level-1i-Klinik erhalten zu bleiben.“
Ich sehe das DRK weiterhin als sehr verlässlichen Träger.
Die stationäre medizinische Versorgung im Landkreis Altenkirchen sei auf Basis der GKV-Daten auch nach den jüngsten Entscheidungen gesichert, erklärt Hoch weiter. Trotzdem verunsichere das Vorgehen des Trägers die Bevölkerung, und er bedauere die aktuelle Entwicklung sehr: „Ich kann hier verstehen, dass es zu Verstimmungen in der kommunalen Familie gekommen ist.“ Er sehe das DRK aber „weiterhin als sehr verlässlichen Träger“.
Sollte ein anderer Träger gewünscht sein, wäre zunächst der Landkreis am Zug, wieder selbst in die Trägerschaft einzusteigen, betont Hoch. Dem Landkreis obliege subsidiär nach Landeskrankenhausgesetz die Sicherstellung der stationären Versorgung: „Eine solche weitreichende Entscheidung können aber nur die Kreisgremien selbst treffen.“






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