
Hamburg und Berlin führen die Liste der am stärksten belasteten Notaufnahmen an. Das zeigen aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts. Demnach kamen im vergangenen Jahr in der Hauptstadt auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner durchschnittlich 208 Behandlungen in Notfallambulanzen. Deutschlandweit lag der Schnitt bei rund 156 Fällen.
Damit liegt Berlin im Ländervergleich auf Platz zwei. Nach der Statistik sind nur die Notfallaufnahmen im Stadtstaat Hamburg noch mehr belastet (213 Fälle). Bei der Quote gibt es große Unterschiede. Besonders niedrig fällt sie in Schleswig-Holstein (119) und Hessen (123 Fälle) aus.
Insgesamt sind im Jahr 2024 in deutschen Krankenhäusern rund 13 Millionen ambulante Notfälle behandelt worden. Das war nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ein Anstieg um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und der höchste Wert seit Beginn der Erfassung im Jahr 2018.
Die meisten ambulant behandelten Notfälle gab es im vergangenen Jahr in den bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen (3,4 Millionen Fälle), Bayern (1,9 Millionen) und Baden-Württemberg (1,6 Millionen).
Für die ambulante Notfallversorgung ist zunächst der niedergelassene Bereich zuständig.
„Die Notaufnahmen der Krankenhäuser bleiben die ersten Anlaufstellen für diejenigen, die schnelle medizinische Hilfe suchen“, sagte dazu der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten, dass die Krankenhäuser mehr und mehr die Aufgaben des niedergelassenen Bereiches übernähmen, der gerade in vielen ländlichen Regionen wegbreche.
„Für die ambulante Notfallversorgung ist zunächst der niedergelassene Bereich zuständig“, so der DKG-Chef. Die Sicherstellungspflicht liege bei den Kassenärztlichen Vereinigungen. Krankenhäuser sollten laut Gaß nur dann ins Spiel kommen, wenn für die Versorgung tatsächlich die medizinische und personelle Infrastruktur einer Klinik notwendig sei.
Notruf wird zu häufig gewählt
Die Kliniken in der Hauptstadt bereiten sich unterdessen auf die Feiertage vor. „Erfahrungsgemäß ist der Zustrom von Patienten während der Weihnachtsfeiertage eher geringer als im Jahresdurchschnitt“, sagte der Sprecher des landeseigenen Klinikbetreibers Vivantes der „Berliner Morgenpost“. Allerdings folgen auf das Fest ein Wochenende und in der Silvesternacht gibt es erfahrungsgemäß viele Patienten.
Vivantes betreibt insgesamt sieben Rettungsstellen und zwei Kinderrettungsstellen. Die Wartezeiten können nach den Angaben live eingesehen werden. Wer unsicher ist, ob die Notaufnahme wirklich der richtige Anlaufpunkt ist, kann mit Hilfe eines sogenannten Symptom-Lotsen prüfen, ob er wirklich die Rettungsstelle aufsuchen muss.
Die Berliner Feuerwehr beklagt regelmäßig, dass der Rettungsdienst stark belastet sei, weil Menschen den Notruf wählten, obwohl kein wirklicher medizinischer Notfall vorliege. Der Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigung sei bei akuten Beschwerden und geschlossenen Hausarztpraxen (116 117) die richtige Adresse, wird immer wieder betont.
Menschen suchen Notaufnahmen auch mit sogenannten Bagatellfällen in der Regel nicht aus Bequemlichkeit auf.
„Menschen suchen Notaufnahmen auch mit sogenannten Bagatellfällen in der Regel nicht aus Bequemlichkeit auf, sondern weil sie sich nicht anders zu helfen wissen“, sagte Gerald Gaß. „Arztpraxen, die auch im Akutfall neue Patientinnen und Patienten nicht behandeln, die Termine erst mit monatelanger Verzögerung vergeben, geschlossen oder gar nicht mehr vorhanden sind, gehören zum Alltag“. Auch die Anrufe bei der 116117 endeten vielfach mit dem Hinweis, dass ein kurzfristiger Praxistermin nicht vergeben werden könne. Dass die Menschen dann auch mit weniger dringenden Anliegen die rund um die Uhr geöffneten Notaufnahmen aufsuchten, sei ihnen nicht vorzuwerfen.
Reform der Notfallversorgung überfällig
Die Zahlen des Statistischen Bundesamts verdeutlichten ein weiteres Mal, wie wichtig die anstehende Reform der Notfallversorgung sei, so Gaß. Patientenströme müssten besser geleitet werden, Hilfesuchende sollten unkompliziert und schnell in der für sie richtigen Behandlungsschiene versorgt, und Termine zur Akutversorgung im niedergelassenen Bereich müssten verlässlich vermittelt werden. Zudem müsse die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erhöht werden.
„Und nicht zuletzt benötigen die Kliniken mit ihren im Vergleich zum niedergelassenen Sektor höheren Vorhaltekosten endlich eine angemessene Finanzierung“, betonte Gaß. Bislang arbeiteten die Notaufnahmen aufgrund der derzeit bestehenden Finanzierungsregularien defizitär.







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