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Modell in GefahrVorbild ohne Zukunft? – Kinder-Tele-Intensivnetzwerk in Sachsen

Sachsen verfügt über ein erfolgreiches Versorgungsmodell für kritisch kranke Kinder: Im Kinder-Tele-Intensivnetzwerk profitieren 16 Kliniken von der Expertise des UK Dresden. Trotz guter Ergebnisse wissen die Verantwortlichen nicht, wie es weitergeht.

Fahrerkabine im Rettungswagen
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Symbolfoto

Es ist ein Modell mit Strahlkraft für die pädiatrische Intensivmedizin: Doch die Zukunft des Kinder-Tele-Intensivnetzwerks in Sachsen steht trotz großer Erfolge auf dem Spiel. Die Finanzierung des Projekts lief im vergangenen Jahr aus, die weitere Finanzierung ist ungewiss. „Wir wissen nicht, wie es im kommenden Jahr weitergeht und bemühen uns um eine weitere Finanzierung“, sagt Franziska Waurig vom Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden (UK Dresden).

Wie hilft das Netzwerk?

Es geht darum, schnell telemedizinische Hilfe ... in die regionalen Kinderkliniken zu bringen, die überwiegend keine eigene Kinderintensivstation haben.

Das Team der pädiatrischen Intensivstation am UK Dresden initiierte 2022 das Modellprojekt, um die Kindernotfallmedizin in Sachsen zu optimieren. Das Telemedizin-Netzwerk vernetzt 16 sächsische Kliniken, die keine eigene Kinderintensivstation haben. „Es geht darum, schnell telemedizinische Hilfe durch die Expertise des UK Dresden in die regionalen Kinderkliniken zu bringen, die überwiegend keine eigene Kinderintensivstation haben“, erklärt Waurig. Dies reduziert den Stress für Kinder und Angehörige, da die kleinen Patienten heimatnah versorgt werden können. Die Evaluation des eHealthSax-Projekts – eHealthSax ist ein Förderprogramm des Freistaates Sachsen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen – zeigte, dass dies in etwa einem Drittel der Fälle gelang.

Eine Erfolgsgeschichte, die nun in eine unsichere Zukunft blickt. Und das, obwohl sie als exemplarisches Modell für andere Bundesländer dienen könnte. Denn gerade die Transportstruktur sei nicht bundeseinheitlich geregelt, hier gebe es lediglich vereinzelte Insellösungen anderer Kinderintensivstationen.

Transportstruktur für kritisch kranke Kinder

Das Netzwerk schuf eine neue Transportstruktur für kritisch kranke Kinder in Sachsen, die es so bislang nicht gab. „Durch Schließung dieser Versorgungslücke konnten wir – zusammen mit den telemedizinischen Konsilen – auch die psychische Belastung in Notfallsituationen für die Kolleginnen und Kollegen der Partnerkliniken reduzieren, da diese für die Verlegung schwer kranker Kinder weder personelle Ressourcen haben noch entsprechend geschultes Personal vorhalten können“, sagt Waurig, die als eine von zwei Pflegefachkräften dauerhaft am UK Dresden im Projektteam mitarbeitet.

Orangefarbener Kinder- und Baby-Notfallkoffer mit Symbolen
Thieme
Symbolfoto

Um kritisch kranke Kinder 24/7 je nach Dringlichkeit an ein Zentrum verlegen zu können, hat sich das Netzwerk gerüstet: Ein Transportteam aus einem pädiatrischen Intensivmediziner und einer Pflegefachkraft steht rund um die Uhr bereit. Bei einem Transportfall treffen sie sich am UK Dresden, laden das entsprechende, an die Bedürfnisse von Kindern und Jugendliche angepasste Equipment in den Rettungswagen, den Intensivtransportwagen oder den Intensivtransporthubschrauber Christoph 62 und stabilisieren die Patienten dann vor Ort, bevor sie sie in das nächste Zentrum verlegen.

Praxisnahe Simulationstrainings

Ein weiterer, wichtiger Teil des Netzwerkes liege in der Aus- und Weiterbildung. Denn nur adäquat geschulte und trainierte Teams können unter telemedizinischer Anleitung Patienten in Notfallsituationen entsprechend gut versorgen. „Wir haben im Rahmen des Projektes praxisnahe Simulationstrainings durchgeführt und in 12 Kursen 216 Mitarbeitende der Partnerkliniken geschult“, so Waurig. In den zweitägigen EPALS-Kursen (European-Paediatric-Advanced-Life-Support) lernten die Teilnehmenden, wie sie kritisch kranke und reanimationspflichtige Kinder sowie Säuglinge in der ersten Stunde versorgen können.

G-BA fordert telemedizinische Vernetzung

„Für die erfolgreiche Fortführung dieses Versorgungsnetzes muss eine angemessene Finanzierung sichergestellt werden,“ betont Waurig. Diese Verantwortung könne weder vom Zentrum noch von den Partnerkliniken eigenständig getragen werden. Im Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom Oktober 2023, der die Übernahme spezieller Aufgaben durch Zentren für Intensivmedizin regelt, sowie in der geplanten Notfallreform wird die telemedizinische Vernetzung gefordert. Ungeklärt bleibt die Frage, wie die Investitionskosten, die kontinuierlichen Aufwendungen für Hard- und Software sowie die Personalkosten finanziell abgedeckt werden können.

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Finanzierungsproblem

Die Vergütung im Rahmen von Zentrumspauschalen erweist sich nach Erfahrung der praktischen Anwendung als unzureichend. Aufgrund der geringen Einsatzfrequenz erscheint die alleinige fallbasierte Finanzierung als ungeeignet, da sie die Vorhaltungskosten nicht ausreichend berücksichtigt.

„Im Zuge der angestrebten Zentralisierung sollten Telemedizin und spezialisierte Kinderintensivtransporte im Rahmen von Versorgungsnetzen flächendeckend angeboten werden,“ merkt Waurig an und hofft für die Region, dass das Kinder Tele- Intensivnetzwerk Sachsen auch im kommenden Jahr ein umfassendes Versorgungsnetz für kritisch kranke Kinder in Mittel- und Ostsachsen bereitstellen kann.

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